Review

"Man of Steel" ist sicher die bombastischste Superman-Verfilmung bisher. Und es ist die Verfilmung, die am ehesten versucht, dem - zumindest im Kino - eher eindimensional wirkenden Superhelden eine tiefere Geschichte anzudichten. Ich habe früher zwar auch Superman gelesen, allerdings wohl nicht mit dem Verständnis und der Intensität, um die Comics mit dem Film vergleichen zu können. Deshalb konzentriere ich mich auf Zack Snyders Verfilmung.

Inszenierung/Drehbuch:
Im Grunde macht der Film durchaus Spaß, wenn man sich über Logiklöcher nicht ärgert. Eine tiefe Psychologie darf man hier zwar nicht erwarten, dennoch haben sich die Macher Mühe gegeben, dem Helden einen Charakter zu verpassen. Das gelingt vor allem in den Rückblenden in die Kindheit, in der Clark ein Außenseiter ist, der seine Superkräfte verschlossen halten muss. Auch die "bärtigen Szenen" wirken alles andere wie ein alter Bart, der Superheld hat sich weitestgehend von der Menschheit zurückgezogen, überlebt hier und dort unter verschiedenen Namen als Nobody und beginnt damit, seine Kräfte für die Menschheit einzusetzen. Immer wieder wird sein Konflikt angedeutet, seine Kräfte auch aus Motiven der Rache einzusetzen, was aber seiner moralischen Überzeugung widerspricht. Hier wirkt das Drehbuch  noch am stärksten, obwohl sich auch hier bereits seine Blockbustereigenschaft andeutet, denn für ein tiefgehendes Konfliktdrama reicht es nicht. Für einen Actioner braucht es das auch nicht - dennoch: Diesem Film hätte es sicher gut getan.

Irgendwann outet sich Superman als solcher und der Film nimmt Fahrt auf. Das Actionfeuerwerk ist super inszeniert, vor allem die Kämpfe wirken wie die eines Superhelden, der ganze Häuser durchbricht oder tiefe Einschläge auf dem Asphalt hinterlässt. Spätestens dann treten das eher schwache Drehbuch und die Logiklöcher in den Hintergrund, denn die Bilderflut dominiert die Leinwand, obwohl ich mir vom 3d mehr erhofft hätte. Dennoch: Optisch überzeugt der Film bereits zu Beginn, die Kryptonwelt sieht erstaunlich vielschichtig aus, Superman wirkt in seinem Outfit nie lächerlich. Nur die Kamera ist doch sehr traditionell eingesetzt, genauso wie der Soundtrack.
Die stärkste Szene Supermans, die auch seinen Konflikt verdeutlicht, ist am Ende zu finden, wenn er sich für die Rettung der Menschen und zugleich für den totbringenden Genickbruch seines Feindes entscheiden muss.

Schauspieler:
Der Hauptdarsteller, der Bösewicht und vor allem Russel Crowe wissen darstellerisch zu überzeugen. Wie uns Lois Lane als Reporterin verkauft wird, ist aber eine Frechheit. Sie wirkt mehr wie ein Nikon-Model als eine investigative Journalistin mit Pulitzer-Preis. Auch das Spiel zwischen Clark und Lois geht in diesem Film genauso verloren wie der Humor. Überhaupt wirken die meisten Figuren nur wie Sidekicks, die Supermans Offenbarung vorbereiten. Da hätte man sich mehr Mühe geben dürfen, nur Russel Crowe und in Ansätzen Kevin Costner besetzen Nebenrollen und nicht nur Staffagerollen.

Religion und Patriotismus:
Die Zerstörung Metropolis' erinnert sehr stark an 9/11, vor allem, wenn Gebäude langsam einstürzen. Auch die Bilder fliehender Menschen erinnern an das, was sich 2001 in New York abgespielt hat. Somit verabschiedet sich Supermann endgültig aus der guten alten Zeit und ist ins neue Jahrtausend geflogen. Einher geht damit natürlich auch eine deftige Prise Patriotismus, Superman ist sowieso ein American-Boy, allerdings bekommt er in Man of Steel erst sein okay vom Militär, nachdem er beteuert hat, die Interessen Amerikas nie zu unterwandern. Naja, mit sowas muss man nicht, kann man aber in einem amerikanischen Blockbuster leben. Doch was mir diesen Film madig macht, ist die "jesuale" Überhöhung Supermans. Zwar sind schon im Comic und auch in früheren Filmen die Bezüge zu Jesus deutlich zu erkennen, aber was uns hier geboten wird, könnte schon fast ein Lehrfilm Scientlogys sein. Zord sagt Superman, er habe 33 Jahre nach ihm gesucht. Demnach ist Superman seit 33 Jahren auf der Erde, bevor er sich den Menschen als solcher offenbart. Er wird in Fesseln zu einem Verhör geführt, ist der einzige Sohn seines wahrhaften Vaters und wurde auf die Erde geschickt, um den Menschen ein Vorbild zu sein. Sein irdischer Vater stirbt recht früh und am Ende bleibt nur seine Mutter übrig. Bis dahin, geht das alles noch in Ordnung, denn das liegt nun mal im Comiccharakter (nur bei den 33 Jahren bin ich mir da nicht sicher). Aber wo es wirklich eklig religiös wird, ist zum einen in der Szene, in der eine Mutter erklärt, es sei  ein Wunder gewesen, dass Clark als Kind einen Schulbus und dessen Insassen gerettet hat. Sie wiederholt diese Einschätzung bis zum Erbrechen. Und auch wenn sich Clarks Mom dagegen wehrt, gut schmecken tut das Ganze nicht. Wo es mir endgültig zu viel wurde, war, als Clark in eine Kirche geht, um sich vom Pfarrer Rat zu holen. Clark sitzt in einer Bank und hinter ihm strahlt auf dem Kirchenfenster Jesus. Bang, jetzt war der Film für mich kaputt. Ich meine, die Figur bringt an sich schon genügend Bezüge zu Jesus mit, was soll also dieser Vorschlaghammer religiöser Überhöhung? Man gewinnt schon den Eindruck, dass man hiermit auch den religiösen Fundamentalisten in Amerika klar machen wollte: Ja, ihr dürft Eure Kinder in diesen Film schicken. Es gibt Gewalt, aber alles im Namen unseres Gottes. Ein ironischer Unterton etwa gerade durch die Übersteigerung des Jesusbildes von Seiten der Macher war für mich erkennbar. Das wirkte alles bierernst.

Fazit:
Die Action ist klasse, die Bilderflut durchaus beeindruckend, wenn auch  nicht umwerfend, der ernste Ton und zeitgenössische Bezüge holen Supermann aus den Strumpofhosen und aus dem vergangenen Jahrtausend. Das Drehbuch reicht für einen Actioner, aber auch nicht mehr. Der Humor kommt etwas zu kurz, das Ernsthafte wird nicht konsequent genug durchgezogen. Die meisten Figuren bleiben doch recht blass, allen voran Lois Lane. Der Patriotismus wird nicht nur angedeutet, gehört aber zur Figur und dieser Art von Film. Bis hier hin würde ich dem Streifen 7 von 10 Punkten geben. Dann kommt aber zu viel Jesus ins Spiel, der Heilsbringer wird völlig amerikanisiert und das so ernsthaft, dass ich keinen ironischen Unterton erkennen konnte. So bleiben am Ende noch 4/10 Punkte übrig.

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