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Superman ist und bleibt der Urvater der klassischen Comichelden und hatte seine ersten legendären Auftritte in Comics schon in den 30er Jahren. Seine letzte filmische Rolle liegt nun auch schon 7 Jahre zurück. Mit Zack Snyder (u.a. WATCHMEN, 300, DAWN Remake) hat man einen Action- und Special-Effects erprobten und auch auf eine Filmgeschichte wert legenden Regisseur gewonnen. Herausgekommen ist ein würdiger Reboot in Form einer epischen und bombastischen Superheldenschlacht die ihresgleichen Gleichen sucht, aber in Puncto Charaktertiefe, Anspruch oder Komplexität anderen Helden sowohl im Marvel- als auch DC Comics-Universum erwartungsgemäß nicht das Wasser reichen kann.

Dies entspricht aber auch von Anfang an der Positionierung dieses DC Comics Helden und sollte auch für niemanden eine Überraschung oder Enttäuschung sein. Wenn man das verinnerlicht hat, und wenn jemand sehen will, wie alles was jemals in Filmen zerstört wurde in EINEM Film vernichtet wird, kommt an MAN OF STEEL nicht vorbei. In gewollter gnadenloser Übertreibung erleben wir im zweiten Teil einen actionseitigen Overkill der seinesgleichen sucht. Diese Überzeichnung und stetige Steigerung der Effekte ist Programm. Wir haben es hier eben nicht mit einen anspruchsvollen Drama, sondern mit der 2013er Comicverfilmung eines Zack Snyder über einen der ältesten, bekanntesten und vor allem mächtigsten Superhelden aller Zeiten zu tun.

Selbst wenn man AVENGERS und TRANSFORMERS 3 übereinanderlegt kommt nicht so viel Brachiales heraus. Natürlich leider immer unter der üblichen FSK 12 Gewaltbeschränkung und mit erstaunlich viel Wackelkamera Einsatz und gar nicht so prägnanten und notwendigen 3D-Effekten. Interessanterweise gibt es sogar den ein oder anderen trashigen Aspekt, wenn während den Kämpfen sehr einfach strukturierte Dialoge auf die übertriebene Action treffen. Superman war nie ein sehr vielschichtiger oder mehrdimensionaler Held. Erwartungsgemäß fehlt in MAN OF STEEL wie in der Originalstory die durchgängige Leichtigkeit und Ironie anderer Superhelden, dennoch gibt es einige erheiternde Szenen zu vermelden.

Hätte man - wie einige klagen - Kal-El/Clark Kent/Superman jetzt zwiespältige Charaktereigenschaften verpasst, wäre das ein Widerspruch zu der bekannten Geschichte und würde noch mehr argumentativen Gegenwind der puristischen Fanboys provozieren. Kal-El ist ein aufrechter Junge mit klaren Idealen der von der moralischen Seite her auch ein normaler amerikanischer Collegeboy sein könnte der sich natürlich noch selbst finden muss im Laufe des Films. Ich habe 2012 die AVENGERS Verfilmung als die Referenz der Marvel Comicverfilmungen bezeichnet. MAN OF STEEL ist es nun in Bezug Effekte im DC Comics-Universum, kann aber mit DC Kollegen wie THE DARK KNIGHT in Bezug auf die Storytiefe nicht mithalten.

Batman ist eben in Superheldenkategorien doch ein Mensch und Superman eine Art unzerstörbarer Gott bzw. Alien mit Superkräften auf der Erde. Deswegen ist es auch gut, dass man diese überirdischen Kräfte auch mit aller Macht der filmischen Technik umsetzt und prall präsentiert. Und auch Krypton wurde nie ausführlicher und detaillierter in einem Superman-Film gewürdigt. Auch heute stapeln sich noch regalweise Superman Comics bei mir die seit der Kindheit gesammelt wurden und für jeden Comic- und Superheldenfilm-Fan sollte MAN OF STEEL ein Pflichtprogramm sein auch wenn nicht jeder mit dem Resultat vollends zufrieden sein kann.

Sehr gute Ansätze für eine etwas komplexere Darstellung des Charakters des jungen Superman sind die Szenen in der Kindheit von Kal-El die leider nicht sehr zahlreich sind. Aber die Genese als Superheld ist einfühlsam gestaltet und die Beziehung zu den Eltern angemessen dargestellt auch wenn hier ein wenig Kitsch und Klischees sich die Hand geben. MAN OF STEEL verbringt eine normale Spielfilmlänge mit der Origin-Story, also "wie alles begann", um dann in der letzten Stunde das schon angesprochene unnachgiebige Actionfeuerwerk zu zünden. Auch hier streiten wieder die Geister ob der Vorspann so lang sein muss oder nicht.

Ich finde dieses Reboot hat in dieser Beziehung alles richtig gemacht, er ist der erste Teil einer neuen Generation und muss die Geschichte detailliert erzählen. Sonst würden nur noch mehr Kritiker von "simplem Bombast-Action-Popcornkino" sprechen. Natürlich wird ein wenig Potential in Bezug auf eine etwas differenziertere Geschichte von Superman und General - Schreihals - Zod (Michael Shannon) als ebenbürtiger Widersacher, mit den genau konträren Vorstellungen was mit der Erde passieren soll, verschenkt. Shannon versteht es durchaus eine bedrohlich-besessene Atmosphäre zu generieren, allerdings macht er das auch in recht eindimensionaler prolliger Art und verfügt nur über wenige subtile oder zynische Momente, die das Böse letztlich doch noch bedrohlicher machen als die vordergründige Schreierei.

Insbesondere die Deutsche Antje Trauer als Sub-Commander Faora gefällt mir sehr gut. Sie musste ihre emotionslose Aura fast nur über eiskalte Blicke aufbauen. Superman als Held wirkte bis zuletzt antiquiert und hat in MAN OF STEEL eine kleine, aber nicht übertriebene Frischzellenkur verpasst bekommen. Wo BATMAN und diverse Marvel-Helden als recht komplexe Reboots in der Gegenwart angekommen sind, mit viel Selbstzweifeln und realen terroristischen Bedrohungen, wirkt die im Gegensatz dazu recht einfach strukturierte Geschichte von Superman leicht verstaubt und nicht so aktuell. Er ist in den Augen vieler einfach zu übermächtig, eben nicht von dieser Welt wie ja auch seine originäre Geschichte zu berichten weiß.

Apropos DARK KNIGHT, auch Regisseur Christopher Nolan hat an dem Drehbuch für MAN OF STEEL mitgearbeitet. Er hat es aber nicht geschafft, eine ähnliche Vielschichtigkeit und Aktualität zu erschaffen, wie wir sie in THE DARK KNIGHT so schätzen. Wenn ich noch persönliche Wünsche offen hätte, dann würde ich mir wie bei vielen Superheldenfilmen bei MAN OF STEEL eine FSK 16 Umsetzung (in USA also höher als eine PG-13 Einstufung) wünschen, weil alles noch expliziter hätte ablaufen können, aber das war selbstverständlich von der breiteren Vermarktung her nicht vorgesehen. Ganz Metropolis liegt in Schutt und Asche und irgendwie ist doch kein Bürger wirklich ernsthaft verletzt worden. Dazu kommen noch einige unlogische Zusammenhänge und Storyteile die konstruiert wirken. Dies spielt aber keine so wesentliche Rolle für die Gesamtbeurteilung in einem Superheldenfilm.

Auch die prominent besetzten Nebencharaktere haben ihren Anteil am Film und Lois Lane ist gut integriert und hat eine Menge Screentime. Russell Crowe wirkt wie meist sehr souverän und sogar Kevin Kostner hat mich trotz nur weniger Szenen überzeugt. Der relativ unbekannte Hauptdarsteller Henry Cavill (u.a. THE TUDORS, KRIEG DER GÖTTER) macht seine Sache recht gut. Dies gilt auch für die diversen Jungdarsteller von Clark Kent. Cavill selbst besitzt die nötige physische Präsenz und auch ein veritables Charisma, wenn auch er manchmal etwas unterkühlt und distanziert wirkte. Historisch gesehen kann es natürlich auch nur einen Christopher Reeve geben !!!

MAN OF STEEL beginnt mit einer Geburt und endet ebenso mit einen neuen Superman Generation. Cavill kann durchaus die mit Superman verknüpften Eigenschaften wie die innere Zerrissenheit mit seinem speziellen Schicksal, seiner Herkunft und Bestimmung, sowie die Ehrlichkeit, Bescheidenheit und letztlich die Solidarität mit der Menschheit über die Leinwand transportieren. Aber er hat für mich ein wenig Credibility bzw. Glaubhaftigkeit verspielt, als er in einem Interview zugab, früher keine Comics gelesen zu haben und auch Superman oder andere Superheldenfilme nicht zu kennen. Er musste sich alles erst anlesen und -schauen. Alles kein wirkliches Problem wenn man das Ergebnis sieht. Ich bin aber sicher, Du und ich hätten die Rolle trotzdem viel besser verkörpern können ;-)

7,5/10 Punkten

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