The Devil's Pass
"The Devil's Pass" beruht grundlegend auf den Ereignissen des sogenannten "Dyatlov Pass" in Russland, an welchem Ende der 50er Jahre eine Gruppe Bergsteiger auf immernoch ungeklärte Art und Weise ums Leben kam. Die Wochen später gefundenen Leichen waren teilweise radioaktiv verstrahlt, waren gelblich verfärbt und wiesen innere Verletzungen auf, während auf der Haut keine sichtbare Verwundungen auszumachen waren. Von innen aufgeschlitzte Zelte, sowie die Tatsache, dass keines der Opfer der Situation angemessen bekleidet war (einige waren sogar barfuß unterwegs), geben Grund zur Annahme, dass die Opfer ihre Schlafplätze völlig in Panik verlassen haben um vor der Bedrohung, die im Ural Gebirge auf sie gewartet hat, zu fliehen. Die Erklärungen reichen über Hypothermie oder einer Lawine, bishin zu Außeridischen, geheimen Militärexperimenten, Gruppenhysterie oder Schneemenschen und bis heute konnte niemand das Rätsel um die seltsamen Todesfälle klären. Augenzeugenberichte umüber orangene Lichter am Himmel waren auch keine wirkliche Hilfe.
Während ich mich schon jahrelang gefragt habe, wann sich wohl der erste Regisseur an eine Verfilmung dieser auf Tatsachen beruhenden, und zweifelsfrei verstörenden Geschichte ranmachen würde, schickte sich "Cliffhanger" Regisseur Renny Harlin nun selbst ins Rennen und liefert seine Interpretation der Ereignisse ab ... und zwar in Form eines Found Footage Filmes.
Was es mir gerade richtig schwer macht eine Review über den Streifen zu verfassen, ist die Tatsache, dass ich selber nicht so wirklich weiß, was ich von dem Film halten soll. Denn meine Meinung über ihn wechselte vorallem in den letzten 20 Minuten gehörig hin und her, sodass mir diese Review hoffentlich als kleine Gedankensortierung helfen wird. Was ich als erstes loswerden möchte ist folgendes: Jedem, der mit Found Footage wenig anfangen kann, bzw. gewisse Logiklöcher, die bei solchen Filmen immer auftreten, gerne hinterfrägt, dem sei gesagt, dass "The Devil's Pass" keinen Millimeter von der Found Footage Marschrichtung abweicht. Wer "Blaich Witch Project" und "Chernobyl Diaries" gesehen hat, bekommt mit diesen beiden Filmen die perfekte Umschreibung für "The Devil's Pass" geliefert. Und wer mit der Inszenierung besagter Filme klarkam und sich nicht über jede einzelne Einstellung Gedanken macht, der wird beim hier besprochenen Film auch keine allzuschlimmen Probleme haben.
Als ich damals gehört habe, dass die Geschichte des Dyatlow Pass Zwischenfalls endlich verfilmt wird, habe ich wirklich gehofft, dass sich ein fähiger Drehbuchschreiber finden lässt, der den Schrecken, den alleine das Durchlesen des Wikipedia Artikels offenbart, irgendwie umzusetzen weiß. Besagter Schrecken liegt vorallem in der Angst vor dem Unbekannten, denn der "Unfall" ist - wie gesagt - bis heute nicht aufgeklärt und jeder kann sich somit seine ganz eigene Erklärung auf die Sache machen. Ich, als jemand dem "Akte X" heute noch eine scheiß Angst einjagt, hätte bei meinen verhassten Aliens bleiben können, der Realist hätte an der Hypothermie festhalten können und Reinhold Messner hätte sich den Yeti vorstellen können. Ein Film wie der wahnsinnig tolle "The Mothman Prophecies" hat gezeigt wie sowas geht. Denn da hat man es irgendwie geschafft, eine auf Tatsachen beruhende Geschichte so offen zu verfilmen, dass keinem eine Erklärung aufgezwungen wird, die für denjenigen den Grusel versauen könnte. Und selbst der in der Hinsicht kontrovers aufgenommene "The Blair Witch Project" hat sich an eine solche Inszenierung gehalten.
Natürlich sieht es bei der Dyatlov Pass Sache etwas anders aus, denn hier wäre es äußerst schwierig, einen offen gestalteten Film abzuliefern. Aber gut, "The Devil's Pass" wurde schon gedreht, bekam seine Auflösung und möglicherweise trifft diese bei einigen Zuschauern ja voll ins Schwarze...
Eine rastlose Schockorgie darf man jedoch nicht erwarten, denn Renny Harlins Film nimmt sich Zeit. Viel Zeit. Mir persönlich gefiel die etwas längere Hinführung, denn die trotz Found Footage knackscharf (ja, richtig gehört) gefilmte Berglandschaft, sowie die durchaus sympathischen Charaktere, unterhalten wirklich. Seltsame Geräusche, sowie Kompassausfälle sind zwar nicht sonderlich kreativ, bauen aber effektiv eine tolle Gruselatmosphäre auf. Umso überraschender kommt dann der Bruch, von wo an der Film schließlich die - ich nenne es mal - 08/15 Richtung einschlägt. 08/15 deswegen, weil es eigentlich egal ist, ob man gerade durch den Schnee rennt, Prypjat abklappert oder oder durch den Untergrund von Sydney poltert: "The Devil's Pass" fühlt sich nämlich zum Ende hin an, wie so viele andere Found Footage Filme vor ihm auch. Das kann man positiv sehen, oder man kann es negativ auffassen. Ich persönlich habe mir von einem Film, der auf einer so starken, realen Grundlage basiert, wesentlich mehr erhofft, als "nur" ein Weiterer unter Vielen zu sein.
Die Erklärung, wer, was oder wie die Leute ums Leben kamen, ist zusätzlich noch eine ziemlich zwiespältige Sache. Grundsätzlich wusste mir die Aufklärung zu gefallen, denn die Entdeckung, die die Truppe im Film schließlich macht, ist aufgrund diverser Anspielungen auf einen anderen, realen "Zwischenfall", auf alle Fälle durchdacht und nichteinmal im Ansatz so billig, wie man es erwarten könnte. Aber dann macht Renny Harlin leider den Fehler, die ganze Sache unnötig weit auszubauen. Und zwar soweit, dass der Schrecken vor dem Unbekannten, wie er nahezu den ganzen Film über aufrecht erhalten wird, einer physischen Präsenz weicht, die gar nicht mehr zu überzeugen weiß. Ab da kann man dann guten Gewissens das Licht wieder anmachen und nebenbei sein Facebook checken, denn die Spannung ist mit einem Schlag verloren. Der Plottwist an Ende kann daran zwar auch nichts mehr rütteln, aber irgendwie kann man diesen zumindest noch unter "guter Einfall" abhaken.
"The Devil's Pass" wäre ein wirklich spannender Film, hätte man (bedingt durch die wahren Ereignisse die ihm zugrunde liegen) nicht so hohe Erwartungen an den Storyverlauf. Das Mysterium um den Dyatlov Pass Zwischenfall sorgt nämlich dafür, dass jeder, der von dieser Sache schonmal gehört hat, sich seine eigenen Gedanken über die Sache gemacht hat und jetzt so gar nicht bereit dafür ist, sich einer ebenso erfundenen, auf Film gebannten Erklärung einer fremden Person hinzugeben. Der Film minus die letzten 10 / 15 Minuten wäre trotzdem mehr als gut, doch die zu sehr ausgereizte Auf- bzw. Erklärung macht leider die Spannung zum Ende hin völlig kaputt. Doch da der Film bis zu diesem Zeitpunkt auf alle Fälle zu begeistern weiß, vergebe ich durchaus empfehlenswerte 7 Punkte.
7/10