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Die Romane des Michael Crichtons – in Hollywood schon eine Geschichte für sich. An Adaptionen seiner Werke haben sich inzwischen schon, nicht zuletzt weil der von sich selbst sehr überzeugte Erfolgsautor immer wieder in die Produktion einmischen musste, so einige Regisseure die Zähne ausgebissen. Barry Levinson („Rain Man“, „Good Morning, Vietnam“), der erst mit „Disclosure“ einen Erfolg verbuchten konnte, scheiterte mit „Sphere“, Frank Marshall(„Arachnophobia“) setzte „Congo“ in den Sand, John McTiernans („Die Hard“, „Predator“), in meinen Augen trotzdem sehr gelungener, aber im finalen Schnitt einige Federn lassender „The 13th Warrior“ erwies sich als Flop und zu guter letzt erlebte dann auch noch „Lethal Weapon“ – Regisseur Richard Donner mit „Timeline“ den finanziellen GAU. Zumindest den konnte Philip Kaufman („Invasion of the Body Snatchers“, „Twisted“) vermeiden und lieferte mit “Rising Sun” die ordentliche Umsetzung eines schon im Vorfeld für Furore sorgenden Romans ab. Crichton wurde Rassismus gegenüber Japanern vorgeworfen, worauf sein Buch, auf Druck der Geldgeber, nochmal überarbeitet und abgemildert werden musste. Eine Ohrfeige für den von sich eingenommenem Autor.

Anfang der Neunziger muss das Szenario dann auch wirklich auf interessierte Konsumenten gestoßen sein. Der Kalte Krieg war nach der Wiedervereinigung endgültig vorbei, ein neues Land musste also Feindbild her. Da kam Japan mit seiner starken, Amerika Konkurrenz machenden, Wirtschaft genau richtig. Das aufstrebende, vor allem technisch sehr weit entwickelte Land grub weltweit mit seinen Produkten einigen westlichen Konzernen das Wasser ab und begann schließlich mit der Übernahme ihrer Mitwettbewerber. Die Angst um Arbeitsplätze und sinkenden globalen Einfluss wuchs.

„Rising Sun“ handelt von genau so einem Aufkauf. Ein vor dem Ruin stehender amerikanischer Rüstungskonzern droht von einer japanischen Firma vereinnahmt zu werden. Trotz Befürchtungen, dass Japan nun Amerika seine eigenen Technologien vorenthalten könnte, schließt man die Verhandlungen ab. Die schon zu Beginn eingehend gezeigte Überwachung und Aushorchung der amerikanischen Verhandlungspartner seitens der Japaner durch modernste Technik, signalisiert dann auch tatsächlich, dass das Drehbuch nicht ganz unvoreingenommen ist.

Als während der darauf folgenden Feier eine Edelhure stranguliert im Konferenzraum aufgefunden wird, ruft man, um Diskretion bemüht, den zuständig Cop Web Smith (Wesley Snipes, „Demolition Man“, „Blade“) und lässt ihn, mit dem mit der japanischen Kultur vertrauten, John Connor („The Name of the Rose“, „The Rock“) zusammenarbeiten. Schnell stoßen die beiden auf ein Dickicht von Lügen, Vertuschungen und gefälschten Beweisen, denn irgendwer hat etwas zu verbergen.

Philip Kaufman macht fast alles richtig. Er präsentiert „Rising Sun“ optisch japantypisch sehr kühl, hochtechnisiert und latent futuristisch. Als Dreingabe dürfen so bekannte Namen wie Cary-Hiroyuki Tagawa („Showdown in Little Tokyo“, „Mortal Kombat“), Tia Carrere („Wayne’s World“, „Kull the Conqueror“) und Mako („The Killer Elite“, „Pearl Harbor“) mitwirken. Unterstützt werden die kraftvollen, edlen Bilder vom japanischen Komponisten Tôru Takemitsu. Dem gegenüber stehen dann natürlich auch ein paar typisch amerikanische Großstadtbilder. Schwerpunkt ist und bleibt hier jedoch das asiatische Thema.

Obwohl Sean Connery (wie immer eine Bank) und Wesley Snipes (offenbart überraschend schauspielerische Qualitäten) umgehend zu ermitteln beginnen und aus dem Überwachungsraum, um ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, die Laserdisc mitnehmen, offenbart der Plot einige Schwächen. Nicht nur dass mit dem Publikum ein nicht leicht zu durchschauendes Verwirrspiel getrieben wird, ihm mangelt es schlicht an Spannung. Connor bleibt bis zum Schluss ein undurchschaubares Rätsel, dessen Loyalität man nie zuordnen kann (Arbeitet er nun pro oder contra?)




Vorsicht Spoiler! Eine Theorie:







Immerhin schießt Connor Smith nach Eddies Tod in den Rücken, um die Flucht der Killer zu gewährleisten und schickt, berechnend (!!), dem, zu Beginn den Wirtschaftsdeal kritisierenden, Senator Morton die expliziten Bilder des Überwachungsvideos, worauf der sich die goldene Kugel gibt. Seine geschenkte Golfclubmitgliedschaft, die Eddie Aussage, dass sein Vater ihm eingebläut hat bei Problemen immer Connor zu fragen und Jingos orakelnden Aussagen zum Schluss scheinen diese Theorie zu stützen. Warum tötet Connor die beiden Cops? Warum ist Connors Verhältnis zu Yoshia-san so gut?








Spoiler Ende





Dafür präsentiert Kaufman ein Höchstmaß japanischer Kultur und macht den aufbrausenden, impulsiven Smith mit ihr dank Connor vertraut. Der hat so seine Probleme mit deren Mentalität, muss sich seinem erfahrenen Kollegen jedoch immer wieder geschlagen geben. Die beiden stolpern zwar in die ein oder andere undurchschaubare Situation, doch so richtig thrillen will es trotzdem nicht. Das liegt vor allem am manipulierten Video, denn dank ihm ist für den Zuschauer ein Miträtseln unmöglich, liegt aber auch zum anderen an der fehlenden ständigen Bedrohung des Konzerns. Smith wird von seinem sich sehr rassistisch äußernden Kollegen Graham (Harvey Keitel, „Reservoir Dogs“, „From Dusk Till Dawn“) nur verbal attackiert und mehr als die Wiederbelebung eines zurück liegenden Bestechungsskandals bekommt die Presse auch nicht auf die Reihe und das schüchtert Smith nicht mal ein.

Natürlich ist „Rising Sun“ sein exotischer Style nicht abzuleugnen, doch letztlich wird das Skript den Schauspielern und seinem Thema nicht gerecht. Zu wenig ausgearbeitet sind die Nebenfiguren und zu undurchschaubar bisweilen der Plot. Der Schluss, wohl als kleines Zugeständnis an Snipes Kampfkunst, ist ebenfalls eine einzige Enttäuschung. Anstatt zielstrebig auf eine Lösung hinzuarbeiten, hält der Film sich an Elementen, wie die das Video als Fälschung entlarvende Einrichtung, auf, die viel schneller abgehandelt werden hätten können.


Fazit:
Durchschnittlicher, exotischer Thriller, dem es an Zielstrebigkeit und Spannung mangelt. Obwohl einwandfrei inszeniert, kann „Rising Sun“ nur als bedingt gelungen bezeichnet werden. Von den offensichtliche Schwächen hinsichtlich des Plots können der edle Look und die guten schauspielerischen Leistungen nur bedingt ablenken.

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