Found-Footage goes Episodenhorror, die Zweite!
Gefühlt ein Jahr nach dem polarisierenden Überraschungshit V/H/S steht schon Teil 2 in den Startlöchern. Hat man erst die schwer verdauliche Kurzfilm-Compilation ABC’S OF DEATH und das Low-Fi-Werk THEATRE BIZARRE intus, fragt man sich, ob man tatsächlich schon wieder Lust auf billigen Episodenhorror ohne Sinn und roten Faden hat. Dank der zündenden Werbemaschinerie via Facebook und Co. ist man aber doch irgendwie heiß auf den Film, also nix wie ran an die Buletten.
Das besondere an V/H/S war, dass er nicht wie BLAIR WITCH PROJECT, [REC], TROLL HUNTER, DER LETZTE EXORZISMUS und CLOVERFIELD rein auf Horrorschocks setzte, sondern das Found-Footage-Prinzip mit Elementen des Splatterfilms verband. Das gab’s zwar schon früher (siehe AUGUST UNDERGROUND, MORDUM). V/H/S gelang jedoch eine ausgewogene Symbiose aus Horror, Gewalt und Fake-Authentizität.
“V/H/S 2 Has Everything – Zombies, Aliens, Demons, Asians Acting Weird…“ (Werbezeile)
Im Boot sitzen so ziemlich die gleichen Strippenzieher wie im Vorgänger. Auch das Konzept ist ähnlich: Zwei Leute (hier: Paparazzi) brechen nachts in ein leer stehendes Haus ein, finden eine verstaubte Sammlung von VHS-Bändern vor und ziehen sich mehrere, auf Live-Mitschnitt gemachte Horror-Kurzfilmchen rein. Von Anfang an ist klar, die beiden Schnüffler sind nicht allein im Haus. „Tape 49" – so der Titel der Rahmenhandlung aus der Feder von Simon Barrett, Schreiber und Produzent von A HORRIBLE WAY TO DIE und YOU’RE NEXT. Sie erfüllt ihren Zweck und hält am Ende noch ein Leckerli parat.
Tape 1 – "Phase I Clinical Trials" von Adam Wingard (A HORRIBLE WAY TO DIE, YOU'RE NEXT):
Ein Kerl bekommt nach einem Autounfall zur Wiederherstellung seiner Sehkraft einen unerprobten Chip ins Auge transplantiert. In der ersten Nacht der Testphase bemerkt er, dass ihn der Chip befähigt Geister zu sehen. Er bekommt Besuch von einer jungen Dame, die durch einen Chip im Ohr Geister hören kann.
Klingt bescheuert und erinnert stark an “The Eye” aus dem Episodenhorror-Klassiker BODY BAGS. Ist aber echt gruselig, echt spannend und ein gelungener Einstieg – 6-7/10.
Tape 2 namens "A Ride in the Park" wird beigesteuert von Eduardo Sánchez, dem Regisseur von BLAIR WITCH PROJECT. Ein Downhill-Biker mit Helmkamera stößt mitten im Wald auf eine Horde Zombies. Nachdem er gebissen wird, mutiert er selbst zum Untoten, was dem Zuschauer anschauliches Eingeweide-Frühstück aus der Egoperspektive beschert.
Leicht bescheuert, nicht gruselig, nicht ernst zu nehmen, aber hey: Zombieaction aus der Zombie-Egoperspektive – geil ey! 7/10
Von den Regisseuren Gareth Evans (THE RAID) und Timo Tjahjanto (MACABRE) stammt Tape 3 namens "Safe Haven":
Ein Kamerateam bekommt die seltene Gelegenheit im Gemeindehaus einer weltabgewandten Sekte zu filmen, die sich auf die Geburt ihres Retters vorbereitet.
Inzucht, Selbstmord, ein wahnsinniger Sektenführer, schwarzhaarige Asiatinnen und Geburt Satans. Nicht unbedingt kompromisslos spannend, hat ein paar Hänger, kann aber durch Atmosphäre überzeugen – 6-7/10
"Slumber Party Alien Abduction" von Jason Eisner (HOBO WITH A SHOTGUN) ist das vierte und letzte Filmchen im Bunde und stellt so ziemlich das Prunkstück der Sammlung dar.
Die Eltern im Urlaub, die Kids allein zuhause. Pyjama- Party, Wasserpistolenschlachten, Sexfilme glotzen, ein Hund mit Kopfkamera und dann landen Aliens im Garten.
Der absolute Wahnsinnig – 8/10
Im Vergleich zu Teil 1 wirkt V/H/S 2 um einiges gekonnter und versierter. Das Found-Footage-typische Kamerawackeln fällt nicht mehr ganz so schlimm Kopfweh erzeugend aus. Störelemente wie Pixel, Ruckeln und Hängen sind exakt platziert. Die billige Machart ist nicht zu übersehen, passt aber in das gegebene Setting wie das Ei in die Pfanne. Die Storys sind knackiger erzählt und mit einer Stückzahl von vier auch überaus überschaubar. Man könnte fast sagen, die Jungs haben es geschafft ihr Prinzip zu perfektionieren.
Gore gibt’s auch, jedoch nicht auf A-Klasse-Niveau. Wer also auf gute Sichtverhältnisse und HD verzichten kann, bekommt mit diesem Projekt astreine, kuriose wie geniale Horrorunterhaltung geboten. Definitiv nicht für alle Sehgewohnheiten geeignet, aber mit dem Charme einer alten BRAINDEAD-Zigfachkopie gesegnet.
Bandsalat: (-)(-)(-)(-)(-)
“Be Kind, Rewind”: (+)(+)(+)(+)(-)
Fazit:
Low-Definition-Wundertüte – kürzer, knackiger und versierter als Teil 1. Fuck HD!