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Während Spielbergs „Saving Private Ryan“ 1998 an den Kinokassen einschlug, ging der hochgelobtere „Der Schmale Grat“ ein wenig unter, obwohl es Malicks erster Film nach knapp zwei Jahrzehnten war, das Werk mit Hollywoods männlicher All-Star-Elite bespickt war und sich die Feuilletonisten vor Freude überschlugen. Wahrscheinlich waren es die zahlreichen, aussichtslosen Vergleiche mit dem Spielberg-Film, die „Der schmale Grat“ im Kino floppen ließen, denn ein Gemetzel von ungeahnten Ausmaßen erwartet den Zuschauer hier nicht.

Völlig ungewöhnlich für einen Kriegsfilm beginnt Malick mit Aufnahmen einer Insel irgendwo im Pazifik, zeigt die ganze Schönheit der Natur und den Einklang der Eingeborenen mit derselbigen. Ein Wahnsinn, wie die Bilder und Hans Zimmers Musik zusammenspielen, man ist bereits in den ersten zwanzig Minuten den Tränen nahe, so schön ist das. Umso krasser wirkt im Anschluss das Eintreffen der amerikanischen Flotte sowie der folgende unübersichtliche Kampf im hohen Gras, eine der prägnantesten Passagen der letzten Jahre, weil sie fast eine ganze Stunde lang dauert und Herzschlagspannung garantiert.

Verzweifelt versucht man bis dahin, Gesichter und Stimmen zuzuordnen, aber aufgrund Malicks verzwackter Inszenierungsweise gelingt das nicht. Er will die Soldaten als gesichtslose, dreckige Masse zeigen, nicht umsonst sehen sich die GI’s zum Verwechseln ähnlich, sodass es für den Zuschauer nahezu unmöglich ist, hier ein Muster zu erkennen.

Das ist mit Sicherheit anstrengend zu konsumieren, kann aber bis zu einem gewissen Zeitpunkt noch fesseln, nämlich genau bis dahin, wo es mit dem philosophischen Gehabe Überhand nimmt, ohne dass dies auf die Geschichte Einfluss nehmen würde. Im Kampfgetümmel war die vergeistigte Haltung noch einigermaßen interessant, wenn auch da schon auffiel, dass die Monologe nicht halb so intelligent sind, wie sie vorzugeben scheinen und häufig nicht ins Bild passen. Das nervt zur Schlussphase hin immer mehr, sodass man an manchen Stellen echt in Versuchung gerät, den Ton auszustellen.

Über einen finalen Pflichtkampf entlässt einen Malick in den Abspann, wo Hans Zimmer noch einmal für Gänsehaut sorgt, aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass die letzten Szenen äußerst ungelenk aneinandermontiert scheinen und den Eindruck erwecken, als hätte man mittendrin aufgehört. Wenn man bedenkt, dass bereits der Anfang in medias res begann, erscheint „Der schmale Grat“ fast wie eine Momentaufnahme des Zweiten Weltkriegs, ganz ohne historische Fakten zu beleuchten. Vielleicht ist dies der Grund, dass es hier für einen Kriegsfilm aus Amerika bemerkenswert objektiv zur Sache geht, ohne irgendjemandem die Schuld an diesem sinnlosen Gemetzel in die Schuhe zu schieben.

Ziemlich verlogen ist das Bewerben der Stars, die höchstens Kurzauftritte haben. Besonders Travolta und Clooney verpasst man, wenn man auch nur eine klitzekleine Pinkelpause einlegt.
Erfreulicherweise können die mehr oder weniger unbekannt besetzten Hauptrollen voll überzeugen, von denen Adrien Brody durch „Der Pianist“ mittlerweile zum Star reifte.

Ohne Zweifel ist Terrence Malick mit „Der schmale Grat“ einer der außergewöhnlichsten Kriegsfilme aller Zeiten gelungen, der mir jedoch etwas zu beliebig vergeistigt daherkommt, ohne echte Tiefe zu erreichen. Die grandiose erste Stunde kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es zum Ende hin immer zäher wird, weshalb zahlreiche Längen den Begriff ‚Meisterwerk’ unangebracht erscheinen lassen. Herausragend sind die eingefangenen Bilder in Kombination mit Hans Zimmers Kompositionen (Gänsehaut!), die ganz großen Kriegsfilme kann Malick aber bei weitem nicht erreichen.

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