"Krieg vergiftet die Seele."
Mit seinem Antikriegsfilm wandert Terrence Malick auf ungewöhnlichen Pfaden. Selten erhielten Poesie und Philosophie in einem Film dieses Genres soviel Einzug wie hier.
"Der Schmale Grat" beginnt auf einer Südsee-Insel naturverbunden mit einem Blick auf die Eingeborenen: Ruhe, immergrüne Wälder, feiner Sand, blauer Himmel, klares Wasser. Den Panoramaszenen folgt die Vorstellung der Charaktere; sprich der Soldaten. Nach einiger Zeit auf der idyllischen Insel angekommen wird das Traumhafte bald zum Trauma. Die vernichtende Schlacht beginnt, das Gleichgewicht der Insel wird gestört, die Tierwelt ist in Aufruhr versetzt. Es gibt nicht viele Personen, an denen wir uns in den kommenden zwei Stunden festhalten können, nur wenige kristallisieren sich heraus, jeder ist eigentlich ein unscheinbarer Teil des Ganzen.
Der erste Kontakt mit dem Feind zeichnet sich in einem Gräsermeer ab. Über eine halbe Stunde robben die Soldaten durch die Vegetation, liefern sich Gefechte mit dem im Feld lauernden, unsichtbaren Feind. Währenddessen lässt Terrence Malick das Blut nicht literweise spritzen, sondern setzt mehr auf dokumentarische, sich durch die Gräser schlängelnde Kamerafahrten oder auf vor den Füßen des Bildes einschlagende, kleinere Bomben, deren Wirkung jedoch niemals explizit blutig dargestellt wird. Terrence Malick intensiviert die Kriegsszenerie ganz einfach auf seine Weise. So ziehen die dunklen Schatten der Bomben unheilvoll über das Gräsermeer; Tiere, die durch das Treiben in ihrer Ruhe gestört werden, werden ein ums andere Mal gezeigt, später noch vielmehr. In einer Szene huscht sogar ein wunderschöner türkisblau-strahlender Schmetterling durchs Bild. Des Weiteren kommen moralisch hinterfragende, aber auch sehr viele poetische Gedanken per Off-Monologe zur Geltung, während sich die optische Wahrnehmung oftmals verlangsamt.
Doch es geht auch auf psychischer Ebene durchaus hart zur Sache. Das Sterben von einigen Protagonisten ist sehr nervenaufreibend gestaltet. Viele, darunter auch einige von der gegnerischen Seite, werden von Angstzuständen geplagt, einige wenige verlieren sogar den Verstand. Zudem erklingt jederzeit eine bedrückende, unterschwellige Musikuntermalung, die beim Stürmen des Camps der Japaner einmal sogar die Initiative ergreift und sich mehr in den Vordergrund spielt. Diese atemberaubende Sequenz lässt das ganze Sterben, die Gewalt, den Schrecken so sinnlos erscheinen und ist gleichzeitig auch einer der Höhepunkte des Filmes. Wirklich sehr gut das Ganze abrunden vermag schließlich noch der Darstellerstab. Als herumschreiender, skrupelloser, ehrgeiziger, aber auch von seinem bisherigen militärischen Werdegang enttäuschter Colonel Tall bleibt Nick Nolte einem beispielsweise als Nebenakteur noch im Nachhinein sehr im Gedächtnis.
Wie der Krieg die Seele von Lebewesen vergiften kann, stellt "Der Schmale Grat" unumgänglich und unpatriotisch dar. Vielleicht besitzt dieser Genrebeitrag einige Längen und ist etwas zu verträumt für das harte Terrain, auf dem er sich befindet, aber ein gegenüber dem Üblichen abwechslungsreicher, ruhigerer und sehr einfühlsamer Antikriegsfilm aus einem ungewöhnlichen Blickwinkel bleibt er trotzdem allemal. (8+/10 Punkten)