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Manche Filme haben die ganz besondere Qualität, den Zeitgeist, die Wünsche und die Ängste einer ganzen Generation einzufangen und „Planet der Affen“ gehört zweifellos zu ihnen. Entstanden 1968, als die Amerikaner bereits in Vietnam einmarschiert waren, die Studenten rebellierten und nach der Kuba-Krise deutlich wurde, wie schnell der „Kalte Krieg“ heiß werden kann, reflektiert Franklin J. Schaffners Klassiker die allgegenwärtige Furcht vor der atomaren Apokalypse und bietet darüber hinaus Zivilisations- und Religionskritik, die man erst einmal so unterhaltsam verpacken muss.

Auf den ersten Blick ist das natürlich nur als astreines Science-Fiction-Kino zu erkennen, wenn drei Astronauten einen Zeitsprung von knapp 2000 Jahren hinlegen und auf einem kargen Planeten irgendwo in den Weiten des Alls notlanden. Es ist für die drei eine Reise ohne Wiederkehr, soviel steht fest, doch zumindest einer von ihnen hat sich freiwillig so entschieden: Taylor (Charlton Heston) hält den Menschen für primitiv und feindselig, sodass es für ihn kein schwerwiegender Entschluss war, die Erde zu verlassen. Seine distanzierte Haltung zur Gattung Mensch kommt zunächst nur in solchen Aussagen und im Lächerlichmachen typisch amerikanischer Gepflogenheiten, wie etwa des Aufstellens einer Stars-and-Stripes-Fahne zur Geltung, wird letztendlich aber voll und ganz bestätigt.

Bemerkenswerterweise kommt die erste halbe Stunde nahezu ohne Worte aus, ist aber dennoch sehr faszinierend. Ein Kunststück, das im gleichen Jahr Stanley Kubrick mit „2001: Odyssee im Weltraum“ gelang, vollbringt Schaffner auch bei „Planet der Affen“. Extreme Totalen in die Ferne und das ziellose Umherstolpern der drei Astronauten, wenn die Kamera mal wieder näher heranzoomt, vermitteln ein bedrückendes Gefühl der Isoliertheit und der Unsicherheit. Einen perfekteren Schauplatz als den Grand Canyon, der einen mit seiner schier unendlichen Weite eine Gänsehaut nach der anderen schickt, hätten die Macher dafür nicht finden können.

Ausgerechnet, als die Astronauten ihre Rettung in Form einer Quelle gefunden zu haben scheinen, naht ihr Untergang, denn der Planet ist ausschließlich von einer primitiven Menschenform und einer sie unterjochenden, hoch entwickelten Affenart bevölkert, die alsbald einen Astronauten töten, dem anderen das Hirn entfernen und Taylor gefangen nehmen. Obwohl die mächtigsten Affen unter ihnen vorgaukeln, Taylor nur als weiteres wertloses Exemplar der Gattung Mensch zu halten, bedeutet er in Wahrheit eine große Gefahr für sie, denn er ist der Beweis dafür, dass es intelligente Menschen mit Fähigkeit zur Kommunikation gibt. Vor allem für den Wissenschaftler und Priester Dr. Zaius ist er ein Dorn im Auge, denn er sieht so die Richtigkeit der „Heiligen Schrift“ der Affen gefährdet. Die darin enthaltene evolutionsbiologische Erklärung zur Herkunft der Affen wäre somit als falsch entlarvt.

Dr. Zaius’ Person symbolisiert die Unmöglichkeit einer Übereinstimmung von biblischen Lehren und biologischen Tatsachen, wie sie zur Entstehungszeit des Films bereits feststanden. Ebenso personifizieren die anderen Orang-Utans, die nach der Gefangennahme Taylors über dessen weiteres Schicksal entscheiden, Politiker bzw. höhere Staatsbeamte, die zur Sicherung eigener Machtinteressen Lügen in Kauf nehmen. Handfeste Forschungsergebnisse der Biologen Zira und Cornelius stempeln sie als Ketzerei ab und drohen ihnen sogar mit Verbannung.

Dabei funktioniert der Film auf mehreren Ebenen: Wer tiefsinnige Gesellschaftskritik sehen möchte, wird ebenso bedient wie Fans astreiner Science-Fiction-Kost, denn man muss nicht einmal die Oberfläche durchbrechen, um „Planet der Affen“ zu genießen. Einziges Manko ist dabei der etwas gestreckte Mittelteil, beispielsweise hätte man Taylors verzweifelte Fluchtversuche zugunsten weiter Hintergründe über die Religion und das Staatswesen der Affen straffen können. Nichtsdestotrotz ein Klassiker fast ohne Schwächen, der alleine durch seine legendäre Schlusseinstellung, die mittlerweile zahllose Parodien über sich ergehen lassen musste, ein Muss für jeden Cineasten ist.

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