THE GRANDMASTER ist ein Film für Ästheten. Kenner wissen was sie erwartet und der Film ist keine Angelegenheit für Neulinge oder für mal zwischendurch. Er erzwingt die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers. Keine Einstellung, Farbgebung, Kamerafahrt, Bewegung oder theatralische Musikeinlage ist nur zu 1% zufällig. Streng durchkalkuliert sind die Bilder und werden stets der Form und Stimmung untergeordnet und weniger auf den nachhaltigen Transport von Emotionen. Nach diesem Schema gibt es dann meist bedeutungsschwangere Sätze die oft als Vorlagen für philosophisch geprägte Anmerkungen eines der diversen Meister gebraucht werden.
Das ist nicht negativ gemeint, es ist nur eine genretypische Eigenschaft. Zudem scheint der halbe Film aus Zeitlupenaufnahmen zu bestehen und damit sind nicht nur in üblicher Weise die Kampfszenen gemeint. Hiermit wird der Schwerpunkt auf Stil versus Narration klar festgelegt und gepflegt. Oft sind die Bilder in gleißendes goldgelb getaucht was nicht nur an dem im Film vorkommenden Edel-Bordell "Golden Pavillon" liegt. Die verfilmte Geschichte um das Leben des Kung-Fu Lehrers und Bruce Lee Mentors Ip Man (Tony Leung) und der Kampf um die Nachfolge des Meisters Gong und auch um IP Man's Leben wird von Regisseur Wong Kar-Wai versucht fast rein mittels ästhetischer Bilder zu erzählen.
Hier und da verwirren zwar die diversen Zeitsprünge ein wenig aber sie halten den Zuschauer ein wenig erzählerisch bei der Stange. Die sehr extensiv eingesetzte Zeitplupe und die oft ähnlichen Zooms, Kamerabewegungen und Einstellungen sorgen für das Geühl von Längen. Kernpunkt von THE GRANDMASTER ist ein aufweniges Kung-Fu Ballet in dem jeder Schlag und Tritt perfekt sitzt. Mit Regen wird gern als optisches Schmankerl gespielt und auch jeder Regentropfen scheint separat choreographiert. Für Hardcore Kampf-Film Fans, denen zum Beispiel die trockene, rein auf die maximale Zerstörung ausgerichtete minimalistische Kampftechnik von THE RAID gefallen hat könnten sich etwas an dem Fakt stören, dass in THE GRANDMASTER in den allermeisten Fällen die Härte der vordergründigen Optik, der Ästhetik der Kampfumgebung untergeordnet wird.
Nicht nur der Umgebung, sondern insbesondere der Sinnlichkeit und Stimmung wird ausführlich gehuldigt. Die Gesetze der Physik sind dabei genauso Nebensache wie eine Variation der Kameraführung oder meist ähnlich ablaufenden Zooms zwischen des schier endlos ausgedehnten Zeitlupen. THE GRANDMASTER ist alles andere als ein reiner Kampffilm und diese Szenen werden recht zurückhaltend eingesetzt. Es handelt sich mehr ein hochwertig ausstaffiertes melancholisches Drama mit hohem Anspruch auf stilistische Extravaganz. Freunde und Fanboys von Regisseur Wong Kar-Wai wussten natürlich auf was sie sich einzustellen haben und werden den Film auf Händen tragen.
6,5/10 Punkten