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Winter 1960/61: Nach dem Tod seines musikalischen Partners zieht Folkmusiker Llewyn Davis (Oscar Isaac) durch die Kneipen im Greenwish Village und hat gelegentliche Auftritte. Ohne regelmäßiges Einkommen muss er bei wechselnden Freunden übernachten, eine Ex-Freundin (Carey Mulligan) ist wohlmöglich schwanger von ihm und sein Manager gibt ihm statt Tantiemen einen Wintermantel…

„Hang me, oh hang me, and I’ll be dead and gone”. Zu Beginn und am Schluss des Dramas singt Llewyn Davis das Traditional, welches einst von Dave Van Ronk interpretiert wurde, auf dessen posthum erschienenen Memoiren der Film von Ethan und Joel Coen („Barton Fink“ 1991, „No Country for Old Men“ 2007, „True Grit“ 2010) locker basiert. Wieder ist das geniale Brüderpaar für Drehbuch, Schnitt (!), Produktion und Regie zuständig, wenn sie neben der traurigen Geschichte vom ziellosen Einzelkämpfer auch noch ein detailverliebtes Sittenbild der frühen Sechziger des vergangenen Jahrhunderts zeichnen. Wie der echte Van Ronk, dem lebenslang der Erfolg seiner Weggefährten Bob Dylan und Joni Mitchell verwehrt blieb, ist Llewyn Davis eine tragische Figur, die den Tod des Freundes nicht verkraftet hat, soziale Kontakte mit Füßen tritt und deren Wunsch nach Individualität alle Möglichkeiten einer Band-Karriere links liegen lässt. Eigentlich macht der begabte Musiker alles falsch, seine Ex formuliert es treffend „Alles, was Du anfasst verwandelt sich in Scheiße. Wie ein dämlicher Bruder von König Midas“.
Die Coen-Brüder sind vielleicht die besten Geschichtenerzähler ihrer Generation. Es gelingt ihnen eine kaum spektakuläre Woche aus dem tristen Leben eines Losers mit viel Humor und Augenzwinkern zu beschreiben, stellvertretend genannt sei der running gag mit der Katze („Wo ist das Skrotum?“), die der verhinderte Star mit dem walisischen Vornamen unfreiwillig mit sich rumschleppt. Mit Oscar Isaac (Nebenrolle in „Drive“ 2011) überzeugt ein eher unbekanntes Gesicht in der Hauptrolle. Ganz stark auch Carey Mulligan („Brothers“ 2009) und John Goodman, den Joel und Ethan Coen mit „The Big Lebowski“ (1998) zum Kultstar machten, einen Ruf, den er mit seiner kleinen Rolle als heroinabhängiger, an Krücken gehender Jazzmusiker zementiert.
Sehenswert. (9/10)

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