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Im Zeitalter des Handys drohen die längst verstaubten Telefonzellen auszusterben. Nur vereinzelt existieren noch einige Exemplare. Joel Schumacher, dem die Filmliebhaber seine "Batman"-Verstümmelungen wohl nie verzeihen werden, nahm sich der bedrohten Art an und versuchte nun mit "Nicht auflegen!", einen ganzen Film beinahe ausschließlich auf solch eine Telefonzelle zu fokussieren.

Der sich gerade in so einem Relikt befindende und telefonierende Stu Shepard (Colin Farrell) weiß noch nicht, dass ein Scharfschütze ihn im Visier hat und anrufen wird, sobald Stu sein Gespräch beendet. Und wie es nach den Gesetzen eines Filmes so läuft, da nimmt Stu, als die Telefonzelle klingelt, einfach mal ab - die psychisch äußerst belastende Extremsituation für ihn beginnt. Interessant ist sie nun allemal. Die Vorstellung, am anderen Ende der Strippe einen Psychopathen zu haben, der mit einem Scharfschützengewehr hinter jedem der schier unendlich vielen Fenster der sich gewaltig rund um einen auftürmenden Wolkenkratzer sitzen könnte, auf einen zielt und droht bei Nichtbefolgen seiner Anweisungen auch konsequent abzudrücken, ist zweifellos erschreckend - man würde nicht gerade gerne mit Stu tauschen wollen. Unglückliche Umstände, die bei den zivilen Zeugen den Eindruck erwecken lassen, er sei ein gerade durchdrehender Psychopath, verschärfen seine Lage außerordentlich, denn nun sitzt ihm die Polizei ebenfalls im Nacken.

Tatsächlich schafft Schumacher es, das Geschehen kontinuierlich auf einem ansprechenden Spannungsniveau zu halten, ohne dabei jedoch wirkliche Höhepunkte herauszukristallisieren. Etwas übel aufstoßen muss allerdings das Motiv des Snipers mit verbundener, im Vergleich zu den angewandten Mitteln poröser Moral. Die Pointe ist dann zudem nicht nur vorauszusehen, da sie in dieser Form einfach schon konventionell geworden ist, sondern auch reichlich überflüssig. Handwerklich verrichtet Schumacher hingegen wieder gute Arbeit. Er macht die Hilflosigkeit des von riesigen Gebäuden umzingelten und im Fadenkreuz eines offenbar Verrückten stehenden Stus nur allzu deutlich und arbeitet besonders zu Anfang bei Telefongesprächen viel mit eingeschobenen, kleinen Fenstern (nicht den typischen Split Screens), in denen der andere Gesprächspartner allerdings mit gedämpftem Ton zu sehen ist. Diese durchgestylte Natur des Filmes passt zwar zum oberflächlich-schmierigen Stu, hinterlässt letztendlich auf den Zuschauer jedoch einen etwas aufgezwungenen Eindruck, sich hier unbedingt MTV-like präsentieren zu müssen.

Colin Farrell in der Hauptrolle schlägt sich durchaus wacker, wenn man einmal bedenkt, dass er sich ständig mit einem Telefonhörer unterhalten muss. Der Support-Cast fällt da weniger auf, was aber auch nicht wundert, wenn die Kameras fast permanent auf Farrell gerichtet sind. Herausstechend bleibt aber doch noch Kiefer Sutherland beziehungsweise in der deutschen Fassung seine markante Synchronstimme, die stets die gewünscht intensivere und überlegene Kraft während des gesamten Psychospiels bleibt.

"Nicht auflegen!" liefert mit seiner Story ein frisches Konzept im Einheitsbrei Hollywoods, lässt einen aber auch das Gefühl nicht los werden, dass das Potenzial hier trotz eines durchgängig annehmbaren Spannungsniveaus nicht gänzlich ausgeschöpft wurde.

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