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Es ist doch immer wieder erstaunlich, mit welchem Selbstverständnis man dem Horrorfilmpublikum schon vor 30 Jahren hirnrissige Erklärungen für die im Grunde immer wieder gleichen Szenarien verkaufen konnte. Im Grunde genügte es, aus ein paar gängigen Reizworten (bevorzugt Fremdwörter aus dem medizinischen oder naturwissenschaftlichen Bereich, etwa: Virus - Radioaktivität - Mutation) irgendeine abstruse These oder Idee zu formulieren, schon hatte man eine prima Basis für die Rahmenhandlung, die sich dann in jede beliebige Richtigung weiter entwickeln konnte. Viel genauer wollte man es als Zuschauer scheins ohnehin nicht wissen.

In Cronenbergs "Rabid" ist das so ähnlich, auch hier geht es um ein Virus, welches aus lieben, netten, langweiligen Normalbürgern sabbernde, durchgeknallte und blutrünstige Quasi-Zombies macht. Verantwortlich für das Virus ist diesmal nicht das Militär, welches wieder mal irgendwelche Fässer mit grünem Chemo-Schleim verliert oder radioaktive Wolken übers Land verteilt, sondern schlicht und einfach ein überambitionierter Dermatologe, dessen Hauttransplantationen beim Patienten für gewisse unerwünschte Nebenwirkungen sorgen.

Auf die Hintergrundgeschichte braucht man ergo gar nicht weiter einzugehen. Was deren Realisierung betrifft, so ist diese im Ergebnis als überwiegend unbefriedigend zu bezeichnen, denn passend zur anspruchslosen Erklärung für die Ursache der Epidemie, ist die Darstellung der Ereignisse stilistisch ziemlich trashig geraten. Im Verlauf des Films wirkt sich dies vor allem kontraproduktiv auf die Spannung aus, da vieles was eigentlich unheimlich, bedrohlich, verstörend oder abstoßend wirken soll, viel eher albern und billig erscheint.

Die Akteure verfügen über keinerlei Eigenschaften, welche sie untereinander unterscheidbar oder aber ihre Handlungen nachvollziehbar machen können. Insbesondere die weibliche Hauptrolle bietet (trotz ihrer Doppelfunktion: als Hauptopfer und zugleich in der Täterrolle - als Ursache für die weitere Verbreitung des Virus) dem Zuschauer keinerlei emotionalen oder rationalen Zugang zu ihrem tragischen Schicksal. Gegen Ende des Films fragt man sich, ob denn überhaupt einer der Protagonisten etwas denkt oder fühlt, oder aber ob jegliches Handeln allein in der Funktionalität der jeweiligen Rolle innerhalb der Handlung begründet liegt. In einem Horrorfilm, der Schauwerte in den Vordergrund stellt, mag eine derartige Eindimensionalität so verzeihlich wie nebenrangig sein. Da Cronenberg jedoch immer wieder auch den Anschein erweckt, das menschliche (Einzel-)Schicksal in den Fokus zu rücken und die Wechselwirkungen mit dem gesellschaftlichen Umfeld, ist eine derartige Oberflächlichkeit nicht entschuldbar.

Sicherlich könnte man einige Motive des Regisseurs in der Handlung entdecken, welche Cronenberg in späteren Werken dann wesentlich sorgfältiger herausgearbeitet und innerhalb von geeigneteren Zusammenhängen dargestellt hat (z.B. Sexualität, Geschlechterrollen, Gewalt, das Verhältnis zwischen Individuum, Gesellschaft und Staatsgewalt). Wohlmöglich könnte man den Film indes auch unter gewissen gesellschaftskritischen Aspekten betrachten. Allerdings sollte man die Defizite des Films nicht dadurch relativieren, dass man die Relevanz jener Motive und Topoi für Cronenbergs spätere Filme überbewertet. "Rabid" ist schlicht und einfach ein denkbar unterdurchschnittlicher Genrebeitrag, der zusätzlich auch noch recht schlecht gealtert ist.

Vielseher des Genres können sich den Film halbwegs unangestrengt anschauen, insbesondere wenn ein Hang zur Nostalgie und der Ästhetik der 70er Jahre vorhanden ist. Schließlich bietet der Film diesbezüglich in einigen Szenen durchaus ansprechende, sehr triste und düstere Natur- und Landschaftsaufnahmen, sowie deren urbane Entsprechung in Form von grauen Großstadtbildern in kaltem Neonlicht.

(3,5 / 10)

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