Review

Hier sei dem Prototyp des leidlich unterhaltsamen, mit überschaubaren Mitteln realisierten Italo-Western mit Berliner Kneipensynchro ein ehrenvoller Tribut gezollt.

Gianni Garko spielt hier zum dritten Mal den, zumindest in der Originalfassung, schweigsamen Westernhelden mit verschmitzten Tricks im Ärmel, die dem geneigten Zuseher schnell klar machen, dass den Machern eher der Schalk als düstere Rächermystik und moralbefreitem Vigilantentum im Nacken saß. Über farbige Einsprengsel wie den asiatischen Spielhöllenbesitzer, Sartanas Spielkarten mit integriertem Entwaffnungsmechanismus oder auch das obligatorische Feuerwerk im letzten Filmdrittel hinaus will allerdings wenig Spannung oder gar Emphase aufkommen. Dafür ist die ganze Angelegenheit dann doch etwas zu beliebig und belanglos.

Was dem Werk allerdings ihm deutschsprachigen Raum über den grenzdebilen Titel ("Sartana - noch warm und schon Sand drauf" - und nein, Sartana ist nicht der Name eines Katzenklos) eine gewisse Notorität einbrachte, war die gnadenlose Zotensynchro im Spencer/Hill-Stil aus Onkel Rainers und Karlheinz' großer Kalauerwerkstatt. Der Film muss zwischen 1970 und 1971 die deutschen Lichtspielhäuser ereilt haben und man mag nur erahnen, was das vermutlich vorrangig jugendliche Publikum von Oer-Erkenschwick bis Neu-Bunsenburg wohl von all der verbalen Akrobatik gehalten haben mag, die dem Protagonisten hier über die gepflegte Schwatzlippe quoll. Es war zu der Zeit durchaus gang und gäbe, den Synchronstudios  bei der Vertonung diverser im Paket angekaufter europäischer Kleinproduktionen mehr oder weniger freie Hand zu lassen. Die Werke waren ja nach kurzer Zeit ohnehin wieder aus den Kinos verschwunden, ohne dass sie groß bemerkt wurden.
So richtig ausgenutzt haben diesen Freiraum für Anarchie und fröhliche Späßchen aber eben vor allem der Berliner Karlheinz Brunnemann und sein Adlatus Rainer Brandt...der durfte in diversen Italowstern zumeist den rauhbeinigen Helden sprechen, bevor er später zum Stammsprecher von Jean-Paul Belmondo und Tony Curtis ("Die Zwei") wurde. Heute mutet vieles, was man in Berliner Synchronstudios offenbar für cool und zeitgemäß hielt eher kurios an und so mancher Kalauer überschreitet sowohl in der Frequenz als auch im Niveau deutlich die Schmerzgrenze, jedoch..."Versuch macht kluch", wie Brandt wohl seinen Helden beim Befestigen eines Sprengsatzes am Schienenstück des ruchlosen Eisenbahnunternehmers sagen lassen würde und deshalb überwiegt bei diesem Rezensenten (siehe auch meinem Namen!:) die Sympathie für eine Zeit, in der noch nicht steril Originaltexte übersetzt und ausdruckslos ins Mikro gehaucht wurden, sondern der eigene Stil und Mutterwitz, mit all seinen Fehlbarkeiten, ohne Reue auf das Original gebaut wurde.

Die am häufigsten zu findende Kritik des puristischen Filmfreundes gerade aus deutschen Landen ist natürlich, dass hier selbstherrlich und ohne Not das filmische Gesamtkunstwerk vergewaltigt wurde, dass dadurch häufig für spätere, werkgetreuere Übersetzungen verloren war. Dem mag man insofern zustimmen, als dass diese spätestens seit dem ZDF-Gassenhauer "Die Zwei" (ebenfalls Brandt/Brunnemann) übliche Synchronisations-Praxis tatsächlich  so manchen feinsinnigen Film ruinierte und wohl spätestens Mitte der 80er Jahre auch das Kinopublikum gründlich die Schnauze voll hatte und sich anderen Genres zuwandte - die Spaßsynchro war zum Selbstzweck geworden und hatte eben jenen anarchischen Stachel verloren, der unbedeutenden Filmen wie "Sartana" heute überhaupt noch Repertoirewert beschert.

Auf der anderen Seite zeigt die im deutschsprachigen Raum ungebrochene Popularität der diversen Dé Funes, Spencer-Hill- und Celentano-Possen (die ja hier oftmals mehr Wertschätzung genießen, als im Land ihrer Entstehung), dass die Berliner Synchrongemeinde hier tatsächlich etwas richtig gemacht hat; vieles ist in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen, seien es Wortspiele aus der "Euer Merkwürden"-Liga oder auch semantische Scharmützel wie "Brülliant, brülliant",  "der liebe Salz" und die "Dahingeschlichenen", man vermag die diversen Referenzen nicht zu zählen, die so oder so ähnlich in unsere Alltagssprache Platz gefunden haben. So überlebt diese spezielle Art deutscher Synchroninnovation am besten in Filmen, deren filmgeschichtlicher Wert eher zweifelhaft ist und die eher im Bereich sorglos gedrehter Massenunterhaltung anzusiedeln sind.

Wo also steht hier der inzwischen fast aus dem Diskurs verschwundene "Sartana"? Wie bereits erwähnt variiert das Humorlevel doch sehr stark; so ist Sartana immer am stärksten, wenn er scheinbar grundlos Schurken oder auch nur einfache Zivilisten mit blöden Sprüchen anmachen darf. Der skurrile Verlauf der finalen Konfrontation von Sartana mit dem bösen Banker Hoberman mag stellvertretend für viele Dialoge stehen, in denen Brandt genauso gut eine lange ausgestorbene Atztekensprache vewenden könnte - es bleibt einem ein Rätsel, wie die reagierenden Darsteller aus dem ihnen an den Kopf Geworfenen schlau werden. So bemerkt Banker Hoberman, Sartana möge doch mal einen Blick hinter den Paravent werfen (hinter dem eine Leiche versteckt liegt), warauf Sartana entgegnet, er könne da ganz andere Sachen dahinter werfen....ehmmm, welche zum Beispiel?? Auf jeden Versuch Hobermans, ihn zum Komplizen zu machen kommt granatenstark die nächste Replik von Brandts Gnaden;
"Wir können teilen, Sartana"
"Ich wüßte nicht, was wir teilen könnten...'ne Schüssel dicke Milch? Da brennt mir doch wieder der Sod...";
anschließend
"So sprach schon die Wirtin Wundermild"...was die Wirtin Wundermild allerdings sprach, erfahren wir leider nicht genau.

Ebenso trifft es den betrügerischen Chinesen wie den "sizilianischen Bierpanscher" ("das schmeckt, wie du aussiehst!", "Wenn sie wohl mal das Geschlitzte drauf werfen") oder den vom jungen Arne Elsholtz gegebenen Colorado-Joe ("Ich heiße Colorado-Joe" "Von mir aus Fürchtegott Krause"). Damit sollte das allgemeine Humorlevel des Films halbwegs treffend umrissen sein. Man muss sicher nicht alles komisch finden, aber man muss schon sehr sauertöpfisch sein, um nicht wenigstens hin und wieder die Mundwinkel zu verziehen.

In diesem Sinne, wohl bekomm's!

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