New Mexico 1886: das junge Paar Sarah (January Jones) und Miguel (Eduardo Noriega) lässt sich auf einem kleinen Stück Land wieder. Doch dieses möchte der zwielichtige Prediger Josiah (Jason Isaacs) in Besitz nehmen und tötet Miguel. Sarah sucht verzweifelt ihren Mann als ein neuer Sheriff (Ed Harris) in der Gegend auftaucht…
Zwei junge, verliebte Menschen tollen glücklich über ihr eigenes Land, doch kaum ist eine Hütte errichtet und das erste Feld bestellt, schon liegt der Mann tot im Sand. Ein selbst ernannter Prediger lässt sich von seiner kleinen, ihm hörigen Gemeinde Prophet nennen und weitet seinen Einflussbereich skrupellos in Stadt und Land aus. Ein neuer Sheriff betritt sein Büro, wirft den korrupten bisherigen Ordnungshüter hinaus und stellt sich dem Propheten furchtlos entgegen. Ein klassisches, perfekt ausgestattetes Westernszenario als Centerpiece des FFF 2013? Selbstverständlich! Denn der alte Mann betritt im Walzerschritt die Stadt, verprügelt seinen Vorgänger und setzt ihn in Unterwäsche auf Pferd, während die junge Witwe vom falschen Prediger vergewaltigt wird und danach einen blutigen Rachefeldzug gegen seine Gemeinde führt, bei dem sie auch die Frauen, selbst Opfer von Josiah, mit großem Kaliber blutig an die Holzwand genagelt werden. Vorm Finale hängt dann der alte Sheriff umgekehrt am Kreuz und schreit Josiahs Kurzpredigt „you ashamed me once, you ashamed me twice, now I ashame you“ ein beherztes „Fuck you!“ entgegen; dem folgt nicht das klassische Duell, sondern ein Showdown im Schafsgatter.
Mit „Sweetwater“ (in GB nicht unpassend veröffentlicht als „Sweet Vengeance“) ist der Western endgültig im neuen Jahrtausend angekommen. Während die Gebrüder Coen in „True Grit“ (2010) die klassischen Wege des Western nicht verlassen, bereichern die Zwillingsbrüder Logan und Noah Miller („Touching Home – So spielt das Leben“ 2008) das Genre um eine weibliche Rachefigur und eine realistische Gewaltdarstellung, die an Blei, Blut und auch makaberen Szenen nicht spart, wie einem Spanner, den die Dorfbewohner erschossen und mit herunter gezogenen Hosen auffinden. January Jones („Rock Radio Revolution“ 2009, „X-Men – Erste Entscheidung“ 2011) macht mir bierernstem Gesicht eine gute Figur, noch besser Jason Isaacs (der Lucius Malfoy aus den „Harry Potter“-Filmen) als sadistischer und geiler Rattenfänger. Star des Films ist allerdings Ed Harris („Abyss“ 1989, „Apollo 13“ 1995), der in blauem Jackett und Weste mit sichtlicher Begeisterung die Rolle des skurrilen, doch gnadenlosen Revolverhelden mit Sheriffstern spielt. Vorm Finale ziehen die Millers ihren Hut vor Altmeister Sergio Leone und lassen January Jones mit Hut und Schirm vorm weiten Horizont reiten – wie einst Claudia Cardinale in „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968). Auch ein starker Charakter, der die Schießeisen allerdings noch den Männern überlassen hat. (8,5/10)