Metropolis ist die Stadt der Zukunft, in der die Arbeiterschicht tief unter der Erde bei grausamen Arbeitsbedingungen diverse Maschinen bedienen muss, während die Oberschicht über der Erde ein unbeschwertes Leben führt. Der Schöpfer dieses Ungetüms, gespielt von Alfred Abel, thront dabei über allen, während sich sein Sohn, gespielt von Gustav Fröhlich, in eine junge Frau aus der Unterschicht, gespielt von Brigitte Helm, verliebt und sie unter der Erde aufsucht. Dort ist er über die herrschenden Verhältnisse zunächst schockiert, merkt dann jedoch nach und nach, dass das Proletariat scheinbar plant, sich gegen seinen Vater zu erheben.
"Metropolis" ist mittlerweile so etwas wie die heilige Kuh des deutschen Kinos, ein Werk aus einer Zeit, in der der deutsche mit dem amerikanischen Film locker Schritt halten und auch selbst Trends setzen konnte. Der damals teuerste deutsche Film, für 5 Millionen Reichsmark in nicht weniger als 310 Drehtagen produziert, wobei Material von 350 Stunden Spielzeit entstand, wurde von der UNESCO zum Weltdokumentenerbe erklärt und aufwendig restauriert, als in Buenos Aires verloren geglaubte Szenen der Erstfassung auftauchten. Dies zeigt den Stellenwert, den Fritz Langs Film heute hat.
Was heute den unerschütterlichen Ruf eines zeitlosen Meisterwerks genießt, dessen Status kaum noch jemand anzweifelt, hatte auch bei seiner Erscheinung sehr eindeutige Kritiken. Man fand den Film durch die Bank schlecht. Finanziell war "Metropolis" zwischen Flop und Desaster angesiedelt, die Kritiker zerrissen ihn, kein geringerer als H.G. Wells schrieb in der Times, dies sei der albernste Film, den er jemals gesehen habe. Dies ging so weit, dass Lang später selbst sagte, er hätte den Film nach seiner Fertigstellung nicht so richtig leiden können.
Meines Erachtens liegt "Metropolis" irgendwo zwischen dem lachhaften Schundfilm, der seinerzeit verrissen wurde und dem zeitlosen Meisterwerk, als das er heute überschwänglich gefeiert wird. Denn er hat gut Ansätze, visionäre Ideen, die umso erstaunlicher sind, wenn man bedenkt, aus welcher Zeit sie stammen: 1927 liegt mittlerweile über 80 Jahre zurück, als "Metropolis" gedreht wurde, lebte beispielsweise Paul von Hindenburg noch, während Fritz Lang nun schon seit 34 Jahren tot ist. In diesem Hinblick hat "Metropolis" auch einen hohen historischen Wert und ist einer der Stummfilme, die auch der "Stirb langsam"- oder "Harry Potter"-Fan definitiv mal gesehen haben sollte. Aber er hat auch offensichtliche Mängel, die weit mehr stören als die Verschleißerscheinungen, die das immense Alter ebenfalls mit sich bringt.
"Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein". Was wie eine Serviertenweisheit klingt, wird hier am Ende auch so präsentiert. (Achtung, jetzt ein paar Spoiler) Die Kinder sind gerettet. Arbeiter und Oberschicht sind versöhnt. Alle Kinder und vermutlich auch sämtliche Arbeiter haben die Überflutung der Stadt überlebt und natürlich finden die beiden Verliebten mit reichlich schwülstiger Musik im Hintergrund zusammen. Am Ende eines guten Films, der durchaus nachdenklich macht, steht blanker Kitsch, der einen faden Beigeschmack hinterlässt und deshalb recht ärgerlich ist. Hier fügt sich dann eben auch Fritz Lang mal den gängigen Stereotypen.
Ansonsten ist "Metropolis" aber weitestgehend gut konstruiert. Die Idee rund um die Zweiklassengesellschaft in einer futuristischen Großstadt kann sich auf jeden Fall sehen lassen und basiert auf dem gleichnamigen Roman von Thea von Harbou, die auch das Drehbuch verfasste. Lang zeichnet das Bild der Arbeiter, die ihr Leben lang im Grunde für nichts schuften müssen und mit ihrem Einsatz Maschinen am Leben halten, die ihnen selbst nichts nutzen, wobei die Maschinen unterhalb der Stadt, genauso, wie das gesamte Gebilde fast schon wie ein riesiger Organismus betrachtet werden können, der die, die ihn am Leben erhalten, verschlingt. Der Aufstand ist vorprogrammiert und ebenfalls nicht schlecht angelegt.
Der Subplot rund um den Erfinder der Stadt, der bezeichnenderweise im einzigen Haus lebt, an dem die Zeit spurlos vorübergegangen ist und einen Roboter gebaut hat, der seine tote Geliebte ersetzen soll, passt recht stimmig ins Bild. Während der eigentliche Plot noch klar marxistisch angelegt ist, zeigt sich der Film hier vor allem dem technischen Fortschritt gegenüber kritisch und macht durchaus nachdenklich. Stellenweise wird es dabei einfach zu bizarr, etwa, wenn die Roboterfrau den Arbeitern mit einem Tanz den Kopf verdreht und auch das Finale hat vielleicht die eine oder andere Wendung zu viel, aber unterm Strich ist die Story nach wie vor durchaus sehenswert. Wäre da nur nicht dieser überflüssige Kitsch am Ende...
Die Umsetzung, die damals sicherlich visionär war, ist auch heute noch sehenswert, zumal sie als Zeitdokument ausgesprochen interessant ist. Die Kulissen und das Design haben immer noch eine gewisse Gewalt, gerade hier liegt eine Stärke des Films und auch die Musik, die bei einem Stummfilm sowieso immer eine zentrale Rolle einnimmt, unterlegt das Geschehen gelungen. Hinzu kommt eine hervorragende Brigitte Helm, die sowohl als berechnender Roboter als auch als friedliche Predigerin unter den Arbeitern mit einer sehr sympathischen Art voll überzeugt. Daneben sind ein ebenfalls guter Alfred Abel zu sehen und ein, selbst für einen Stummfilm grenzwertig am Overacting agierender Gustav Fröhlich. Irgendwann verliert der Klassiker dann aber aus heutigem Blickwinkel auch seine Magie, wenn man sich schließlich an den Bildern satt gesehen hat.
Fazit:
Was damals nur auf schlechte Kritiken stieß, wird heute etwas überschwänglich als perfektes Meisterwerk gefeiert. Doch zur Perfektion fehlt letztlich einiges, denn "Metropolis" hat auch Schwächen in der Story und ein allzu kitschiges Ende, während die Inszenierung sehenswert, aber natürlich auch überaltert ist. Es ist ein Film mit guten Ansätzen, mit Ideen, die nach wie vor Aktualität besitzen, marxistischen Zügen, die immer noch zu denken geben und deshalb ist er auch heute noch sehenswert, das einmalige Ansehen im Grunde Pflicht. Aber gänzlich aus der Welt reden kann man die Schwächen eben auch nicht.
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