Lange Zeit hat es gedauert, gestern Abend war es endlich so weit: Fritz Lang's Mutter aller Science-Fiction Filme Metropolis erstrahlte endlich vor meinen Augen - natürlich auf großer Leinwand mit ordentlicher Anlage :)
Lange gedauert hat es nicht nur, weil der Film erst einmal nach längerer Suche über Umwege besorgt werden musste und ein passender Abend gefunden werden musste, sondern auch weil er auf den ersten Blick in der heutigen Zeit alles andere als ansprechend erscheint: Ein zweistündiger Stummfilm aus dem Jahre 1927 von dem auch noch etwa ein Viertel fehlt, welches - soweit nachkonstruierbar - als Textpassagen eingeblendet wird: In den heutigen, von Computereffekten und gigantischen Budgets geprägten Zeiten sind dies nicht unbedingt die ansprechensten Kriterien.
Und trotz meiner Neugierde stellte ich mich deshalb auf ein zwar interessantes aber vielleicht auch anstrengendes Filmerlebnis ein - und kam zwei Stunden später strahlend wieder in unsere echte Welt zurück.
Metropolis ist sicher ein Film auf den man sich einlassen muss, wenn man das aber tut ist er weder anstrengend noch zäh, sondern lebhaft, spannend, und selbst nach beinahe 8 Jahrzehnten noch visuell atemberaubend. Die Geschichte könnte klassischer kaum sein:
In der gigantischen Stadt Metropolis teilt sich die Gesellschaft in zwei Schichten: Während die Arbeiter unter unmenschlichen Bedingungen unter der Erdoberfläche schuften und vor sich hin vegetieren, leben die Reichen in gigantischen Wolkenkratzern prunkvoll über ihnen. Einer von ihnen ist der junge Fredersen, der Sohn des Stadterbauers. Als dieser sich in die einfache Arbeiterfrau Maria verliebt bringt er sich selbst in eine gefährliche Lage. Denn unter den riesigen futuristischen Gebäuden brodelt schon die Revolution der Arbeiterklasse und ihr Ausbruch scheint immer näher zu kommen...
Fritz Lang's bildgewaltige Vision ist nicht nur ein reiner Science-Fiction Film, sondern vereint etliche Genres miteinander: Drama, Romanze, Katastrophenfilm sind davon neben dem Science-Fiction Genre die wesentlichsten.
Die Figuren sind lebhaft und keinesfalls oberflächlich - niemand ist hier der Böse, jeder hat irgendwo etwas Gutes in sich, dennoch macht auch jeder Fehler. Der eine natürlich mehr als der andere, wobei die scheinbar gewissenslose reiche Klasse im Zentrum der Gesellschaftskritik steht.
Jede Szene weiß auf's neue zu begeistern, was vor allem an den fantastischen Kulissen und Einfällen der Tricktechniker liegt: Die riesigen Straßenschluchten, die beängstigenden Maschinenhallen an denen sich die Arbeiter totschuften - all dies lässt einen, vor allem in Anbetracht des Alters, immer wieder auf's neue erstaunen. Dabei wird die wirklich spannend inszenierte Geschichte von einer fantastischen Musikuntermalung unterstützt, die zu jeder Szene die passenden Klänge findet.
Keine Szene wirkt hier überflüssig oder langweilig, bis zum Ende hin steigert der Film konstant seine Spannungskurve und endet in einem wunderbar symbolischen Finale.
Metropolis ist ein Film, der den Titel des Meisterwerks tatsächlich verdient, vermag er doch selbst nach so langer Zeit noch zu fesseln und zu beeindrucken. Zudem war er Wegbereiter für Unmengen von Science-Fiction Filmen. Von Blade Runner bis Das 5. Element - in Fritz Langs visionärem Meisterwerk findet man überall aus späteren Filmen bekannte Motive wieder. Absolutes Pflichtprogramm also.
Wenn das nicht 10/10 verdient, was dann?
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Sehr zu empfehlen ist übrigens die neu restaurierte Fassung, welche die weltweit längste darstellt. Es ist zwar schade, dass man insgesamt etwa noch ein Viertel als verschollen betrachten muss, dank der akribischen, enorm aufwändigen Restaurierung wird davon aber zumindest das meiste per Textpassagen passend wiedergegeben. Der fantastische Score wurde neu aufgenommen und stimmt nun mit der Originalmusik der (einzig vollständigen) Uraufführung von 1927 überein, sodass diese Fassung jener Urfassung schon sehr nahe kommt.
Wirklich beeindrucken kann übrigens noch das wunderbar klare Bild - was da aus dem mitunter extrem beschädigten Material in mühevoller Kleinarbeit noch rausgeholt wurde ist wirklich unglaublich.