Angesichts einer zum großen Teil hochklassigen Besetzung, die zum Teil auch schon bei der Theaterproduktion des zugrundeliegenden Stücks von Peter Shaffer mitgewirkt hatte, muss man die Probleme der Verfilmung von Sidney Lumet wohl eher der Inszenierung zuschreiben. Lumet lässt seine Darsteller hier leider zu theatralisch und aufdringlich agieren. Wenn Richard Burton mehrmals im Film minutenlang einen Monolog in Richtung Kamera hält und dabei den Zuschauer mit seinem Blick quasi zu durchbohren versucht, wird das mit der Zeit doch etwas nervtötend. Generell hat der Film häufig einen sehr theatralischen Charakter. Der gesprochene Text, als eine von vielen Komponenten des Mediums Film, drängt sich viel zu sehr in den Vordergrund. Beengte, wiederkehrende Schauplätze wie das Behandlungszimmer des Psychiaters Martin Dysart oder das Elternhaus des Pferdeverstümmlers Alan Strang verweisen ebenfalls in diese Richtung, wobei sie natürlich ebenfalls die Beengung der Figuren in ihren Lebenswelten zum Ausdruck bringen. Gar nicht überzeugend sind beispielsweise die Dialoge zwischen Dysart und seiner Kollegin Hester Saloman, bei der die hochtrabenden, metapherngeschwängerten Ausführungen Dysarts von Hester oft mit billigen Sätzen wie "Jetzt wirst du grausam, Martin" oder "Mein Gott, Martin, der Junge leidet furchtbar" unterbrochen werden.
Es gibt aber auch Gegenbeispiele, wie zum Beispiel die Strandszene, die von allen Abschnitten der Lumetschen Inszenierung den "filmischsten" Charakter hat, oder die schönen Einstellungen des Stallgebäudes oder nächtlicher Felder, die von einsamen Personen überquert werden. Alles in allem ergeben diese gegensätzlichen Erscheinungsbilder des Films jedoch keine ganz überzeugende Einheit. Es funktioniert erstaunlich gut, wenn in den Szenen aus Alans Kindheit ebenfalls Peter Firth als Alan zu sehen ist, durch ungewöhnliche Haltung und Kameraperspektive kleiner aussehend. Dazu muss man aber auch sagen, dass Alan durchgehend sehr kindische Züge hat, die von Peter Firth in einer etwas monotonen, wehleidigen Mimik wiedergegeben werden.
Was das Erbe von Shaffers Theaterstück angeht, kann man positiv die Bezüge zur griechischen Mythologie und Kultur hervorheben, die Martin Dysarts Blick auf Alan Strang sowie auch seine eigenen heimlichen Obsessionen prägen. Zum Ende hin gerät die Ursachenforschung jedoch zunehmend auf die sexuelle Schiene, was deutlich weniger originell rüberkommt. So wirkt es etwas aufgesetzt, wenn Alans junge Kollegin Jill (Jenny Agutter) mit ihm unbedingt in einen Pornofilm gehen will, in dem "dicke Schweden sich befummeln" (so zumindest die deutsche Tonfassung), was vor allem dazu dient, dass das junge "Paar" dort auf Alans verklemmten Vater trifft und wie auch schon im Gespräch zwischen Dysart und Alans Eltern betont wird, dass Alan "nicht richtig aufgeklärt wurde". Letztlich funktioniert keine Beziehung im Stück bzw. Film, sowohl die von Dysart als auch von Alans Eltern wie auch von Alan und Jill. Am ehesten noch die zwischen Alan und den Pferden, die allerdings vermutlich durch eine gewisse Einseitigkeit gekennzeichnet ist. Das sexuelle Unheil gipfelt in einer Szene, in der Alan banal gesagt "keinen hochkriegt" und völlig ausrastet, womit die in diesem Fahrwasser schlichteste denkbare Wendung genommen wird. Das hält ihn andererseits nicht davon ab, seinerseits Martin vorzuwerfen, er und seine Frau würden nicht "ficken", was offenbar auch wieder notwendigerweise jede Menge Probleme erklärt. Letztlich tendiert das Stück auf diese Weise dazu, sich in einer Fixierung auf sexuelle Themen festzufahren.
Was in diesem Stück bzw. Film passiert, wirkt wie eine fiktive Illustration für die verbreitete konservative Polemik, der zufolge in vielen westlichen Gesellschaften nach einem Verbrechen der Täter mit Verständnis und Aufmerksamkeit überhäuft wird, während die Geschädigten allein mit ihrer Situation zurechtkommen müssen. Das zeigt sich beispielsweise darin, dass Jill, die kurz vor Alans Greueltat mit ihm zusammen war, offenbar ein psychisches Trauma erlitten hat, was aber kaum mehr eine Rolle spielt. Diese Betrachtungsweise wird zwar vom Besitzer des Anwesens, auf dem Alan gearbeitet hat, sogar kurz im Film formuliert, jedoch findet sie keine weitere Berücksichtigung und wirkt wie das bloße Granteln eines verbitterten alten Mannes. Wie Stück und Film nun wirklich zu dieser ethischen Frage stehen oder ob sie überhaupt dazu Stellung ergreifen wollen, erschließt sich nicht.
Darüber hinaus erscheint es schon seltsam, dass ein Psychiater mit langjähriger Erfahrung so leicht vom Wahn eines pferdebesessenen Jünglings ergriffen wird und sein eigenes Leben als minderwertig gegenüber dessen unglücklicher Beziehung zu Pferden empfindet, auf die er seine unausgegorenen religiösen Phantasien projiziert. Außer man geht davon aus, dass psychiatrische Arbeit die Distanz zwischen den Vorstellungen des Behandelnden und seiner Patienten eher verringert als stabilisiert; darauf deutet zumindest Dysarts Infragestellung der "Normalität" als des ewigen Ziels seiner Arbeit hin. Aber Pferden die Augen auszustechen (eine grauenhafte Szene, bei der hoffentlich nicht wirklich Pferde verletzt wurden, das ganze sieht nämlich erschreckend echt aus ...), kann ja wohl auch keine Alternative zu dieser scheinbar so beklagenswerten Normalität sein.
Letztlich bleibt von dem Film ein sehr zwiespältiger Eindruck. Ich glaube, Lumet hätte einen viel überzeugenderen Film aus dem Theaterstück machen können, wenn er die Textlastigkeit reduziert (vor allem die Monologszenen mit dem in die Kamera starrenden Burton am besten weggelassen) und sich mehr auf genuin filmische Ausdrucksmittel verlassen hätte.