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Nach den Romantischen Komödien bzw. Liebesdramen Don't Go Breaking My Heart (2011) und Romancing in Thin Air (2012) die nunmehr dritte Zusammenarbeit von Johnnie To mit der Volksrepublik China; einer seit mehreren Jahren boomenden Filmindustrie, in dessen Genuss von Finanzen und Zuschaueranspruch sich der Filmemacher mittlerweile und angesichts der Ergebnisse wohl auch zu recht wohlzufühlen scheint. [Blind Detective (2013) folgte unlängst.] Anders als üblich und für den Regisseur als zweites Standbein schon gewohnt wird hier nicht die Leichte Kost für die gesamte Familie oder zumindest die Pärchen im Saal, sondern die Rückkehr zu dem Genre der Kriminal- und Polizeithriller, dem des Katz-und-Mausspieles zwischen den Gesetzeshütern und den Verbrecher an der schmalen Trennlinie entlang und so der Austausch zwischen Weiß und Schwarz auf dem (überaus) blutigen Spielfeld geboten. To nimmt dabei die Optionen des neuen Arbeitgebers und selbst die SARFT-Regeln in Anspruch, ohne seine Handschrift oder auch die Aussagen zu verbiegen:

Nach einer erfolgreichen Drogenrazzia an der Zollstation werden Captain Zhang Lei [ Sun Honglei ] und seine Kollegin Yang Xiaobei [ Crystal Huang ] von der Jinhai Anti-Drug Squad auf einen weiteren Tatort ganz in der Nähe auffällig, wobei sie den Großdealer Timmy Choi Tin-ming [ Louis Koo ] ausfindig machen und stellen können. Um einer Todesstrafe zu entgehen, verspricht dieser ihnen seine Hintermänner, angefangen mit dem Käufer HaHa [ Hao Ping ], dem Lieferanten Uncle Bill [ Li Zhenqi ] und dessen Adjütanten Li Shuchang [ Tan Kai ]. In Tarnung lässt sich der Polizist von Choi in Begleitung in die Aktion einschleusen, ungewiss der Gefahren vor ihm und der Unsicherheit des Überläufers als einzigen Kontakt.

Ohne Vorrede, sondern bereits im Geschehen mittendrin startet der Film, hat sich die Handlung bereits ebenso wie seine Mitspieler weit voraus in Fahrt gesetzt, die Geschehnisse ihre unheilvolle Richtung aufgenommen und kurz vor dem Ziel. Ein Fliegender Start, der nichts mehr an Konstruktionen und Charakteren aufbauen muss, und auch den Fluss der Ereignisse ohne Anlauf weiter behält. Figuren sind da und haben entweder keine Wahl der Beeinflussung oder kämpfen bereits um ihr Leben; ein ähnliches Funktionieren, die die Erzählung selber die gesamte Zeit auch ohne großartige Auffälligkeiten in der Inszenierung, die angenehm passiv und besorgt und sorgsam zugleich ist, am Ein- und Ausatmen hält.

Tos kühles Agieren hinter der Kamera überträgt sich dabei geistesverwandt auf Szenerie und ihre Typen, werden die Ereignisse im Nordosten Chinas in einer abgestumpften wirkenden Einöde von breiten Strassen, tristen Himmel, mehr grau als blau, und einer gleichgültigen scheinenden Umgebung erzählt. Gefangen zwischen Provinz, dessen Landschaft nicht genutzt oder nicht mehr zum Blühen und Gedeihen vorhanden ist, und einer Industrie, die bereits brach liegt, aber deren kalte Rauchschwaden immer noch die Luft zum Verschmutzen bringt, ist auch der weitere Fortgang der polizeilichen (und soziopolitischen) Aktion unweigerlich mit Schaden an Leib und Seele gefühlt. Kommentiert wird dies scheinbar nicht oder nur vermeintlich desinteressiert, ist die gesamte Montage bis auf vereinzelte späte Exzesse – vor allem die beiden Blutbäder, darunter ein Schlachtfeld vor einer Schule, daß schon derart over-the-top überzeichnet ist, dass es wie das Finale von Expect the Unexpected (1998) beinah als violent komische Parodie durchgeht – vielmehr wie ein äußerst präzises Uhrwerk, mit stetig passgenau ineinander greifenden Zahnrädern auf unbeteiligte, desillusionierte Effizienz getrimmt. Analog zum Polizeieinsatz, der im Überwachungs- und Kontrollstab keine Fehler und keine Regungen erlaubt und keine Sympathien oder Vertrauen gönnt, ist auch die Regie gleichzeitig leichtfüßig und generalstabsmäßig geplant, trocken und minutiös und im höchsten Maße staatstragend professionell. [Benny Chans kommender und thematisch ähnlicher White Storm a.k.a. The Cartel War scheint die Angelegenheit als farblich satte Overheard - Fantasie mit einigem Actionbombast anzulegen.]

Seit Ende 2011 als Projekt fest in Planung, mit einem Budget von 16 Mio USD, ein Rollenspiel im Vorort des Milliardenlandes, mit mancher später vehicular destruction angeheitert und einiger (Semi)Prominenz aus Hong Kong wie Lam Suet, Lo Hoi-pang, Eddie Cheung, Gordon Lam, Patrick Keung, William Chan und Berg Ng als Erweiterung der chinesischen Gefilde besetzt, und darüber hinaus in reservierter Anonymität formuliert. Ausbrüche von Gefühl und Leidenschaft, sind, wenn überhaupt stattfindend nur aus der reinen Not wie dem Kampf um das eigene nackte Überleben oder dem falschen Schein heraus geboren, alles weitere Verhalten zumeist auf das Geschäft und sein Gewinn abgestumpften Verhandlungsgeschick und so im grausamen Genuss. Ein Wettlauf gegen die Zeit und gegen die Gefahr, in der beide Hauptpersonen, der Polizist als Undercover und der Drogenhändler als Spitzel wie roboterhaft Fremdkörper in einer sowieso Parallelwelt von Kompromisslosigkeit, Paranoia und Überwachung, insgesamt einer beständigen Inhumanität sind.

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