Zwei Dinge sind eigentlich Grundvoraussetzungen für die Sichtung von "Gravity": Interesse an Weltraumabenteuern und ein Kino. Mit sieben Oscars räumte das Space-Kammerspiel des mexikanischen Regisseurs Alfonso Cuarón bei der diesjährigen Verleihung der Academy Awards ordentlich ab, allerdings hauptsächlich in den audio-visuellen Bereichen, während allein die Nominierung von Sandra Bullock beinahe an Hohn grenzt.
Die Astronauten Stone (Bullock) und Kowalski (George Clooney) befinden sich mit der Raumfähre "Explorer" auf einer Routine-Mission, um Reparaturen am Hubble-Weltraumteleskop durchzuführen. Bis Houston Trümmer eines russischen Satelliten in der Umlaufbahn meldet. Kurz darauf sind die beiden auf sich allein gestellt und müssen innerhalb der Schwerelosigkeit die Rettungskapsel erreichen...
Schon allein der 3D-Effekte wegen kann die Leinwand eigentlich nicht groß genug sein, glasklares Dolby-Surround gehört ebenfalls dazu, denn ansonsten sind beim Bilderrausch, einschließlich grandiosen Sound-Designs in den endlosen Weiten des Alls klare Abstriche zu machen.
Die beiden relevanten Figuren (alle anderen sind lediglich zu hören oder als tote Körper zu sehen) erhalten nicht allzu glaubwürdige Charakterzüge, da unbeirrbare Coolness in schwereloser Lebensgefahr genauso wenig Wirkung zeigt, wie das angedeutete Trauma einer tödlich verunglückten Tochter. Zudem scheinen sechs Monate Vorbereitung für eine derartige Mission etwas zu wenig zu sein, wenn man dadurch bereits imstande sein soll, eine russische als auch eine chinesische Raumkapsel zu steuern, obgleich man nervlich dem Frack der getroffenen "Explorer" gleicht.
Auf visueller Ebene überzeugt indes der Taumel der Schwerelosigkeit, welcher durch die überaus variable Kamera, oftmals auch in der Egosichtweise perfekt zum Tragen kommt.
Da prasseln Trümmerteile auf einen nieder, es brennt der Innenraum einer Kapsel, ein rettendes Seil wird knapp verpasst und ansonsten dreht man sich unkontrolliert um die eigene Achse, denn die Eigenschaft der Schwerelosigkeit wirkte selten so zermürbend. Wahrlich atemberaubend fallen demgegenüber einige Blickwinkel auf die Erde aus, welche aus einer Entfernung von rund 600 Kilometern majestätische Momente zum Vorschein bringt.
Etwas weniger grazil wirkt da die Performance von Sandra Bullock, deren Gesicht erst nach rund 40 Minuten richtig zu sehen ist. In Sachen Ausdruck schlägt ein wenig Botox negativ zu Buche, während die Dame mit fast 50 Jahren einen sportlichen Körper präsentiert (wobei auch ein Booty per CGI gestrafft werden könnte). Clooney schneit indes eigentlich nur kurz zum Aufmuntern rein und hat nicht mehr zu tun, als angeberisch herumzuschweben.
Am Ende stellt sich die Frage, worauf der Zuschauer seine eigenen Schwerpunkte verlagert: Lässt man sich von der Optik und dem dazugehörigen, fast schwerelos verträumten Score und dem "Lost-in-Space"- Zustand treiben, kann das durchaus ein außergewöhnlicher Trip werden, bezieht man den Inhalt und die entsprechende Dramaturgie mit ein, dürfte man allerspätestens bei der Versinnbildlichung der Evolution abwinken und hoffen, dass die Figur der Bullock möglichst tief bis auf den Meeresboden versinken möge...
Knapp
7 von 10