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„Ein Mann mit Prinzipien"

Parker ist ein Dieb. Aber ein Dieb mit Prinzipien. Er bestiehlt nur diejenigen, die es sich leisten können, weil sie entweder versichert sind, oder den Verlust problemlos verschmerzen. Unbeteiligte sollen dabei nicht zu Schaden kommen. Ein moderner Robin Hood ist er aber keineswegs. Mit Brutalität, auch bis zur Todesfolge, hat er kein Problem. Was Parker ankündigt, führt er auch aus. Kompromisslos, humorlos und gnadenlos effizient.

Der US-amerikanische Kriminal-Autor Donald E. Westlake hat unter dem Pseudonym Richard Stark diesem ungewöhnlichen Verbrecher von 1962-2008 in 24 Romanen ein literarisches Denkmal gesetzt. Immer wieder wurde er mit dem Großmeister der hard-boiled-fiction verglichen und tatsächlich erinnert vieles in seiner lakonischen Prosa, seinen durchweg ambivalenten Figuren und seinen zwischen Nihilismus, Gewalt und Melancholie oszillierenden Plots an Raymond Chandlers Marlowe-Romane. Wenig überraschend, dass auch die Filmindustrie sehr schnell auf den Kriminellen mit ureigenem Moralkodex aufmerksam wurde.

Vor allem John Boormans Adaption seines ersten Romans „The Hunter" wurde unter dem Titel „Point Blank" (1967) zum Genreklassiker und Kultfilm. Lee Marvins Interpretation des eiskalten Rächers mit Autofokus steht trotz namhafter Parker-Nachfolger wie Robert Duvall („The Outfit", 1973) und Mel Gibson („Payback", 1999) bis heute konkurrenzlos da. Dass ausgerechnet Actionstar Jason Statham in dieser Rolle ein neues Ausrufezeichen setzen soll, mag auf den ersten Blick eher unwahrscheinlich anmuten, allerdings stapfte seinerzeit auch Marvin mit stoischer Mine und wenig Dialog durch Boormans Neo-Noir-Finsternis.

Regisseur Taylor Hackford („An Officer and a  Gentleman", „The Devil´s Advocate"), war jedenfalls überzeugt, den perfekten Parker gefunden zu haben. Und tatsächlich macht Jason Statham eine gute Figur als kaltschnäuziger Einzelgänger mit Moral-Kompass. Der kantige Brite ist ohnehin ein weitaus besserer Mime als gemeinhin angenommen, ein Vorurteil das sicherlich in erster Linie seiner Präferenz für sich ähnelnde Actionrollen geschuldet ist. Sein eher unspektakuläres Äußeres, gepaart mit viriler Körperlichkeit und einem in sich ruhenden, unaufdringlich souveränen Auftreten kommt Westlakes Parker-Anlage jedenfalls sehr nahe.
Aber Statham beherrscht auch die kleinen Gesten und peppt seine Interpretation mit spöttischem Witz und nonchalanter Vertstellungskunst auf. So tritt er nicht nur in diversen Verkleidungen und Rollen auf (gekonnter texanischer Akzent inklusive), sondern harmoniert auch prächtig mit Costar Jennifer Lopez, vor allem in den komischen Szenen. Ähnlich wie Statham wird ja auch La Lopez mimisch gern belächelt und auch hier ist das Verdikt ungerecht. All ihrer vermeintlichen Diva- und Popstar-Allüren zum Trotz, schafft sie es immer wieder mühelos, sehr natürlich wirkende Alltagsfiguren zu erschaffen und dabei entwaffnend sympathisch zu wirken.

In „Parker" spielt sie die erfolglose Immobilienmaklerin Leslie Rogers, die nach einer kostspieligen Scheidung wieder bei ihrer spleenigen Mutter eingezogen ist. Trotz ihrer depressiven Verfassung ist Leslie äußerst gewieft und merkt schnell, dass ihr texanischer Kunde Daniel Parmitt nicht der ist, der er vorgibt zu sein. Tatsächlich handelt es sich um Parker, der in dieser Rolle ins mondäne Palm Beach gekommen ist, um seine ehemaligen Partner aufzuspüren, die ihm beim geglückten Raubzug auf der „Ohio State Fair" nicht nur um seinen Anteil geprellt, sondern zudem vermeintlich erschossen im Straßengraben entsorgt hatten. In Palm Bach planen sie nun den Supercoup, bei dem eine unscheinbare Immobilie als Unterschlupf und Beuteversteck dienen soll.
Nach anfänglichen Zweifeln bilden Leslie und Parker eine für beide Seiten dienliche Zweckgemeinschaft - sie verfügt über Ortskenntnis und Insiderwissen und er bietet die Chance auf finanzielle Gesundung. Doch die Bande um den brutalen Milander (Michael Chicklis) hat auch mit Mord kein Problem ...

Taylor Hackford erzählt diese Gangsterparabel so effizient und schnörkellos wie das literarische Vorbild „Flashfire". Trotz der Lauflänge von knapp zwei Stunden verzettelt er sich nie auf Nebenschauplätzen oder in Belanglosigkeiten, sondern jede Szene, jeder Erzählstrang ist einzig durch Handeln und Intentionen der Figuren motiviert. Ein fokussierter Cast ist dabei essentiell und Hackford kann glücklicherweise darauf bauen. Neben Statham und Lopez ist dies insbesondere Chicklis, der schon in der gefeierten Cop-Serie „The Shield" als ständig unter Strom stehender, latent gewaltbereiter und notfalls über Leichen gehender Egomane brillierte.

Unaufgeregt und auf den Punkt ist auch die Arbeit von Kameramann J. Michael Muroe. Die vornehmlich hellen, warmen Bilder bilden einen klaren Kontrast zur finsteren Geschichte und lassen diese damit umso deutlicher hervor treten. Zudem ist Muro ein Steadicam-Spezialist (u.a. „Terminator" 1 und 2, „True Lies", „Titanic", „Dances with Wolves") was dank der freien Beweglichkeit eine leichtfüßige Atmosphäre schafft und auch ein Mittendrin-Gefühl erzeugt, ohne das störende Gewackel der Handkamera. Beides passt gut zu Hackfords Parker-Interpretation, die von Schnelligkeit und Effizienz geprägt ist, niemals aber von Hektik und Unruhe.

Das gilt auch für die dosiert  eingestreute Action. „Parker" ist ein gewalttätiger Krimi, kein Baller- bzw. Fight-Spektakel. Wenn Parker allerdings zur Waffe greift, oder zum Faustkampf gezwungen wird, dann macht er mit dem jeweiligen Gegner ebenso blutigen wie kurzen Prozess. Ein typischer Statham-Actionreißer ist „Parker" dennoch nicht geworden. Losgelöst von einer entsprechenden Erwartungshaltung eröffnen sich so interessante Fan-Perspektiven, zeigt Statham doch (wieder einmal), dass er auch ohne den klaren Fokus auf Körperlichkeit eine Rolle nachhaltig ausfüllen sowie im Zusammenspiel mit anderen Akzente setzen kann.

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