Review

Es war schon ein Risiko, einen Paranoia-SF-Invasionsfilm aus den 50ern in den 70ern neu zu verfilmen, aber manchmal gelingen tatsächlich die skurilsten Experimente.
Dabei ist es natürlich hilfreich, wenn die Vorlage zwar ein Buchklassiker, der Filmvorläufer aber trotz seines beängstigenden Rufs voller logischer Fehler und Schwächen war.

Philip Kaufmans "Invasion of the Body Snatchers" ist tatsächlich ein besserer Film und einer der wenigen Filme der 70er, der mit seiner Prämisse und seiner Machart den schieren Terror beschworen hat.
Während 1956 Invasionsängste der stärkste Antrieb der Handlung und das Ansprechenste für das Publikum waren, so läßt sich die fast völlig kopierte Storyline auf 1978 übertragen. Es ist inzwischen halt die innere Kälte zwischen den Menschen, die Entmenschlichung der Stadtbevölkerung, in der keiner mehr mit keinem spricht. So sind die Menschen halt in unserer Industriegesellschaft, gefühlkalt, emotionslos, wir haben uns selbst dazu gemacht.

Und so kommen die Schoten aus dem Weltall, vom Sonnenwind von ihrem sterbenden Planeten zur Erde getrieben (in einer atmosphärischen Titelsequenz) eben zu uns, gehen eine Symbiose mit Pflanzen ein und bringen mittels lustiger bunter Pflanzen Tod und Verderben der Menschheit. Zwar läßt der Vorspann schon wenig Zweifel am Hintergrund und dem Wahrheitsgehalt des schrecklichen Geheimnisses, das im Film als erst vage Vermutung behandelt wird, doch was wirklich geschieht, wird zum zentralen Punkt des Films.

Ansonsten ist wenig geändert worden. Menschen sind von einer Nacht auf die andere plötzlich verändert, emotionslos, bemerkbar nur, weil die Unveränderten sie nicht mehr wiedererkennen. Seltsam menschenähnliche Körper tauchen auf, die die Gestalt lebender Menschen annehmen. Tatsächlich bilden die Schoten die Menschen nach, während die echten Menschen verschwinden, vertrocknen, sich auflösen.

Brooke Adams und Donald Sutherland bilden das Paar, das diesem Phänomen zunehmend hilflos gegenübersteht, ein befreundetes Pärchen, Jeff Goldblum und Veronica Cartwright, mischen ebenfalls mit. Logisch, daß man da den seltsamen Geschehnissen erst zweifelnd gegenübersteht. Doch langsam aber sicher enthüllt sich den Beteiligten eine unglaubliche Wahrheit, die der Zuschauer zwar schon kennt, aber so in einem wirklich schrecklichen Kontext wiederentdeckt. Man selbst will ja schließlich nicht verändert werden. Passend dazu Leonard Nimoy als Autor schräger Bücher, dessen generelle Gefühlsruhe (oder -kälte) Parallelen zu Spock erkennen lassen.

In Szene gesetzt ist das jedoch alles meisterlich. Ungewöhnliche Kamerawinkel, schräge Fahrten, hektisch aufgenommene Bilder, wie aus menschlicher Sicht visuell nachgestellt, geben den realistischen Touch. Ohne das etwas wirklich Verdächtiges zu sehen ist, ahnen wir, daß hinter dem Alltäglichen etwas Schreckliches stecken könnte. San Francisco wirkt lichtüberflutet, Leute gehen still die Straße entlang - sind es mehr, sind es weniger als vorher? Verhalten sie sich auffällig, benehmen sie sich anders?
Je länger der Film dauert, desto kreiselnder benimmt sich die Kamera, vorher bereits macht eine Autofahrt Laune, bei der der Blick immer wieder zur Front hinaus geht, als würde sich dort etwas Entscheidendes abspielen, bis schließlich Kevin McCarthy (Hauptdarsteller des 56'er Films) in einer getreulichen Nachstellung der Schlußszene des Originals, um Hilfe schreiend auf die Motorhaube plumpst.

Das letzte Viertel gerät dann zur nächtlichen Hatz, wobei tatsächlich die Frage aufgeworfen wird, wie bei dieser aussichtslosen Situation noch ein Happy End geschaffen werden soll. Doch die schrumpfende Personaldecke bringt es an die Nacht: vielleicht gibt's ja hier gar keins.
Je näher Adams und Sutherland (in einer seiner besten Rollen) aber der Wahrheit kommen, um so stärker wird der Terror der Bildern. Vermutlich eine der infernalischsten Szenen der 70er zeigt Sutherland schlafend im nächtlichen Garten, während vor ihm eine Pflanze einen Fötus gebärt, der sich zu seinem Duplikat entwickelt, das alles unter vibrierender Musik und wimmernden Stöhnen. Wenn er später mit einem Spaten die hohlen Körper eindrischt und Blut hervorquillt, ist die Panik perfekt. Die dann folgenden Verfolgungsszenen mit den grauenhaften Schreien der Schotenwesen können schon mal die komplette Körperbehaarung aufrichten. Von der zwar vorhersehbaren, aber dennoch alles wegblasenden Schlußszene mal ganz zu schweigen.
Ja, die Plotline ist einfach, aber unheimlich effektiv.

"Die Körperfresser kommen" kann tatsächlich Angst machen, ein wohliges Gruseln, wie es vermutlich sonst nur in den 50ern möglich war, angereichert mit reichlich Paranoia und dem nötigen Quentchen Nihilismus. Wenn auch Goldblum überhektisch wirkt und Nimoy unterhkühlt, so ist doch die Szene, in der die echte Brooke Adams in Sutherlands Armen zerfällt, das Schlimmste, seit Soylent Green Menschenfleisch war. (8,5/10)

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