Das Geheimnis des essgestörten Magiers
„Tulpa - Dämonen der Begierde" ist nicht etwa ein 1997 auf RTL2 erstausgestrahlter Erotikfilm mit einem blankziehenden David Duchovny, wie ich mit einem Blick auf den Titel wohl intuitiv vermutet hätte, sondern ein Neo-Giallo von 2012 auf der To-Watch-Liste, die man in mühevollster Kleinstarbeit per Internetrecherche angefertigt hat.
Nun habe ich ihn gesehen und mein letzter Gedanke war, dass der Film sich die ersten drei Viertel im Aufbau zu befinden scheint und leider dann das letzte Viertel falsch abbiegt und zudem auf ein Achtel heruntergekürzt wurde.
Das, was in der ersten drei Vierteln der Laufzeit passiert, ist dann soweit ganz interessant für einen Giallo und wir begleiten die recht taffe Investmentbankerin Lisa auf ihren beruflichen Wegen, gespickt von missgünstigen Kollegen und, während ihrer Freizeitaktivitäten, gefickt von diversen Personen, männlich und weiblich, in einem ominösen Exklusivclub hinter einer Tür in einer Tiefgarage. „Tulpa" führt uns also ganz genrekonform in Welten weit entfernt von einer Reihenhaussiedlung in Bad Hersfeld.
Als in Lisas Umfeld grausige Morde passieren, bemerkt sie irgendwann, dass dies augenscheinlich mit ihren Clubaufenthalten zu tun hat und zudem der hochaktive Killer ihre widerwärtige Kollegin und ihren noch widerwärtigeren Kollegen beseitigt.
Warum dies geschieht, wurde mir gerade nicht so wirklich klar und der letzte Akt vergisst leider, den bisherigen Film zu einem schlüssigen Ende zu bringen. Ich will nicht spoilern, aber einmal mehr verrät sich der Mörder durch Bewegung und Körperbau, da war eh kein Überraschungmoment mehr zu holen und umso interessanter wäre hier die Erklärung für die Bluttaten gewesen, aber der Film verzichtet einfach mal darauf und spult das Finale in 5-6 Minuten nach einem Orts- und Stimmungswechsel ab. Ein Showdown sieht anders aus. Auch wenn man den unterernährten Esoteriker zum Mindfuck vorbeischickt.
Das ist insgesamt schade, denn Frederico Zampagliones Film hat bis dahin einigermaßen stimmungsvolle Szenen und äußerst unangenehme Mordszenen geliefert, die dann gefühlt zwar nicht ins Nichts laufen mögen, aber der Film fühlt sich doch unvollendet an und findet noch einen makabren Schlusskommentar, der aber auch nicht vertuschen kann, dass mit einem ausführlicheren und spannenderem Schlussteil der Film in seiner Gesamtwirkung eine glatte Liga höher hätte spielen können. Wie ich schon sagte: Schade. Aber Lisa kann nach ihrer Beförderung auf den Chefsessel ihre Sexualität weiterhin frei ausleben und das wollte uns der Film dann einfach mal mitgeteilt haben. Oder wie?
Fazit
„Tulpa - Dämonen der Begierde" ist ein Power-Frauen-Neo-Giallo, der ziemlich fiese Morde bereithält, technisch und inszenatorisch durchaus solide daherkommt, aber seine Stränge nicht in einem passenden Schlussakt zusammenlaufen lässt. Die hinzugeklatschte Ebene der Übernatürlichkeit passt am Ende überhaupt nicht und der Film wirkt einfach so, als hätten Drehbuch und Regie den Schluss einfach gebraucht, um den Film auch mal enden zu lassen. Ich sagte es schon: Schade!