Robert Towne ist einer der Männer Hollywoods, dessen Name die meisten Zuschauer nicht kennen, obwohl sie z.B. sein Werk durchaus zu schätzen wissen, speziell Drehbücher wie das zu „Chinatown“, welches sicher zu seinen größten Leistungen gehört.
Ausgestattet mit einem Riesen-Ego und gegen Ende der 70er zu einer munteren Koksnase verkommen, ist sein Buch- und Regie-Werk der 80er, „Tequila Sunrise“ noch einmal eine Rückkehr zu alten Qualitäten, aber auch Schwächen, und wieder einmal führt er relativ große Stars durch seine Welt.
Geprägt waren seine Drehbücher stets durch hervorragendes Figurenzusammenspiel, schnittige Dialoge, aber auch durch Schwächen mit dem letzten Akt des Dramas, um die Meisterschaft auch bis zur letzten Szene durchzuhalten. „Tequila Sunrise“ hat ebenfalls genau damit zu kämpfen.
Anno 1989 war Mel Gibson ein solider Star, seiner Mad-Max-Rolle langsam aber sicher entronnen, noch nicht ganz der kassenträchtige Überflieger von heute, aber längst mit der Tendenz zu mehr Substanz, während Kurt Russell sicherlich zu den unspektakulärsten Stars gehörte, die immer solide Qualität boten. Und Michelle Pfeiffer hatte sich nach ihrem „Grease 2“-Fiasko inzwischen längst freigeschwommen.
Vordergründig dreht sich der Film ja um ein Duell zwischen Dealer und Polizist, beide eng befreundet seit der Jugend, aber beide an einem gegensätzlichen Ziel arbeitend: der eine will einen mexikanischen Drogenbaron schützen, der andere ihn endlich kriegen.
Was der Film dann jedoch liefert, ist eine klassische Dreiecksgeschichte, in der beide männlichen Hauptfiguren dem Reiz einer Restaurantbesitzerin verfallen, zunächst der Polizist, der aber letztendlich seine weiterführenden Motive nicht ganz verhehlen kann und scheitern muß, dann der Dealer, der sich inzwischen ganz als normaler Vater und Mensch fühlen möchte, aber noch einmal zwischen die Mühlsteine seiner Vorgeschichte gerät.
Der Verhältnis der Personen und ihr Umgang bestimmen dann den fast zweistündigen Film, wenig Erotik, aber ein reizvolles Gefühlsspiel rund um Lebensziele und Absichten, um Gefühle und Pflichten. Emotionen statt Gesetzen, alles ist möglich, nichts ist, wie es sein sollte. Eingebettet wird das in phänomenal komponierte Bilder zwischen Licht und Schatten, dem weichen, schummrigen Licht des Restaurants und der weiten Helle des Strands. Die Sequenz, in der sich die Widersacher/Freunde zur Zeit des Sonnenuntergangs vor eine Kulisse des intensivsten Orange auf einer Kinderschaukel unterhalten, während im Hintergrund die Sonne langsam hinter Felsen versinkt, dürfte zu den magischsten und trefflichsten Augenblicken der 80er gehören. Die Optik ist typisch, beinahe „Top Gun“, nur nicht so gestylt und poliert, aber mit einem Auge für den harmonischen Ausdruck.
Doch die besten Dialoge können nicht verhehlen, daß der Plot wirklich kaum Überraschungen bietet und die Wendung der Hälfte, den Drogenfall genauer unter die Lupe zu nehmen, hilft dem Film nicht wirklich weiter.
Zwar bietet Raul Julia als Drogenboß Escalante eine Paradevorstellung und haucht seinen Szenen mehr Leben ein als allen anderen zusammen, aber die Auflösung zwischen Schuld und Moral, zwischen Sühne und Liebe wirkt leider mehr als konstruiert und drängt die emotionale Balance der drei Hauptfiguren ins Hintertreffen.
Während Pfeiffer dabei ihre gefühlvolle Restaurantchefin kultiviert, muß sich Russell mit einer gegelten Coolnessfigur zufriedengeben, die zunächst behutsam mit Tiefe ausgestattet wird, um dann für den Showdown zugunsten der reinen Physis aufgegeben zu werden.
Gibson dagegen spielt so zurückgezogen, als wollte er zunächst nicht und kommt über den Status eines liebevollen Papis selten hinaus, zumindest will man ihm den Ex-Dealer, selbst geläutert nicht so recht abnehmen.
Hier funktionieren die Figuren dann nur noch im Konstrukt des Autors und entlarven den Film als eine Phantasie irgendwo zwischen dem „Film Noir“ und dem Autorenkino der 70er.
Das Fehlen von Action (bis auf den finalen Showdown) stört da wenig, vielmehr ergibt sich Spannung nur aus dem Verhältnis der Hauptfiguren, alles weitere ergibt sich der Unausweichlichkeit und Gibsons Dealer ist zu wenig gebrochen oder gespalten, hat fast überhaupt keine Schattenseiten, um wirklich am Happy-End zweifeln zu lassen. Damit ist er eine Blaupause für seine späteren Actionfiguren, die Physis und Witz präsentierten, um durch einen dunklen Hintergrund Tiefe vorzutäuschen.
„Tequila Sunrise“ ist streckenweise gutes Dialogkino, bisweilen sogar hervorragend, wirkt aber inzwischen stark abgenützt, weil das Bemühen um Wirkung allseits spürbar bleibt. Zurückblickend nur ein mittelmäßiger Film, mit einigen Längen. (5/10