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Seit fünfzig Jahren flimmern nun schon in gewisser Regelmäßigkeit die Abenteuer des bekannten britischen Agenten über die Kinoleinwand - in wechselnder Qualität und mit wechselnden Hauptdarstellern. Dabei hat man sich immer dem jeweiligen Zeitgeist hingegeben. Connery und Moore haben die Rolle, ihre Spielart und die Mechanismen der Serie einer stetig wachsenden Fangemeinde präsentiert, so wie die nachfolgenden Darsteller auch eigene Akzente setzten. Seit Craig nun den Spion verkörpert, geht es ernster und dreckiger zu und der Held darf leiden. Manchmal muss er es aber auch.

Skyfall ist ebenso ein Kind seiner Zeit wie es die Vorgänger waren. Die Geschichte, die 2006 mit Casino Royale ihren Anfang nahm, blendet die früheren Abenteuer gänzlich aus und verzichtet auch im vorliegenden Teil auf die Weltherrschaftsphantasien aus den früheren Dekaden. Es geht um Rache, verletzte Gefühle und um die persönlichen Beziehungen der Figuren, für die in einem Bondfilm selten (wenn überhaupt) so viel Platz war, wie in der von Sam Mendes inszenierten Nr. 23.
Bond ist kein Strahlemann, kein jeder Situation gewachsener Übermensch. Eigentlich ist er sogar am Ende. Und so fragt man sich: Darf man das machen? Auf jeden Fall, finde ich. Denn Mendes schafft ein Kunststück, indem er es fertig bringt, dem Film emotionale Tiefe zu geben, die Psyche des Helden in angemessenem Maße zu sezieren, ihn auch mal merklich zu entschleunigen und trotzdem eine mitreißende und spannende Mischung aus Action, Thriller und Drama zu schaffen. Angefangen bei der furiosen Anfangssequenz, die den Zuschauer mit einem ungläubigen Blick in eine großartig designte Titelsequenz entlässt, welche von dem wunderbar altmodischen "Skyfall" (gesungen von Adele) gekrönt wird.

Was die Action angeht, kann der Film das Anfangsniveau nicht halten. Doch will er das auch gar nicht, der Kern der Geschichte ist persönlicher Natur. Und so folgen wir Bond in alter Tradition um die halbe Welt in die Türkei, nach China, London und in seine Heimat bis zu seinem Elternhaus.
Javier Bardem (beeindruckend in "No country for old men") gibt einen ungewöhnlichen, doch erinnerungswürdigen Gegenspieler ab. Der Support ist mit Naomi Harris, Ralph Fiennes, Albert Finney und zum letzten Mal Judi Dench als M bestens, Bérénice Marlohe als Sévérine fällt mit ihrer am Overacting vorbeischrammenden Spielart negativ auf. An Ben Wishaw als nerdigen Neu-Q muss ich mich erst noch gewöhnen. Doch bleibt abzuwarten, wie sich die Rolle weiterentwickelt.
Die Kamera verabschiedet sich von der hektischen Rumfuchtelei und setzt den Streifen in edle Bilder. Dazu wirft der recht humorlos inszenierte "Skyfall" dem Zuschauer noch kleine Happen hin, wie Ms Vornamen oder einer (mit stilechter Musik unterlegten) Fahrt im alten Aston Martin DB5. Fettes Grinsen im Kinosessel.
Überhaupt bedient sich "Skyfall" aus der franchise-eigenen Geschichte, fügt der Reihe aber auch viel Neues hinzu. Craig hat es geschafft, der Serie ein neues Gesicht und einen neuen Charakter zu geben, präsentiert seinen Bond gleichsam kalt wie verletzlich und spielt für mich in einer Liga mit Connery.

Abgesehen vom Titelsong bleibt der Soundtrack von Thomas Newman allerdings blass, kann keine Identität entwickeln und fällt nur auf, wenn er bekannte Melodien zitiert. Einige Sequenzen ärgern das Auge mit schlechten CGI-Effekten und Bardem hätte gerne noch eine Spur eindringlicher spielen dürfen. Ist aber alles Meckern auf hohem Niveau.

Mendes kann man zu dem mutigen Schritt, den er in der Bondreihe mit dem untypischen "Skyfall" gegangen ist, nur gratulieren. Dass der nächste Teil anders aussehen dürfte, kündigen die letzten Minuten an. Und sie versprechen Großes.

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