Ungewöhnlich - aber gut...
Dieses Fazit stelle ich gleich einmal voran, bringt es doch das unmittelbare Gefühl nach dem Kinobesuch recht gut auf den Punkt. Was uns zum Jubiläum der vielleicht größten Kino-Ikone der Filmgeschichte beschert wird, ist zeitgemäßes Kino im positivsten Sinne. Die Gefahr, nach 50 Jahren schlicht und einfach antiquiert zu wirken, wurde vom gesamten Produktionsteam elegant umschifft, ohne sich einer filmischen Mode zu unterwerfen.
Die Story
Passend zu unser uns stetig entgleitenden übertechnisierten Welt kommt die Gefahr aus der Ecke des Cyberterrorismus. Damit prallen zwei Welten aufeinander, die ungleicher kaum sein könnten: Agenten im "Außendienst", die immer da sind wo jemand fassbar Regeln verletzt und auf der anderen Seite so etwas wie ein zunächst anonymes Genie ohne Namen und Gesicht, das weit davon entfernt ist, persönlich auf den Busch zu klopfen. Irgendwo auf der Welt drückt jemand auf die Maus und am anderen Ende der Welt geht dann halt was kaputt.
Da es sich dabei aber um das wahnsinnig ungeheime Hauptquartier des Geheimdienstes MI6 handelt, wird schon bald klar, dass wir es nicht mit einem durchgeknallten "Anonymous" zu tun haben, sondern dass jemand einen sehr persönlichen Feldzug gegen einen rückständigen Gegner führt. "M" rückt in das Zentrum des Interesses und nachdem man einmal um den Globus ist, kommt es dann in der schottischen Wildnis zu einen Showdown, in dem Computer gottseidank keine Rolle mehr spielen. Hier gibt es beinahe mehr Parallelen zu "Straw Dogs" als zu irgendeinem Bond-Abenteuer.
Der Rest
Nachdem "Ein Quantum Trost" durch seine schwache und uninteressante Story und die vollkommen deplazierte Machart beim Publikum schlichtweg durchfiel, gelingt dem dritten Craig-Bond der Spagat zwischen Unterhaltung der modernen Art und den Eigenarten, die James Bond seit nunmehr 50 Jahren am Leben erhalten.
Ungewöhnlich ruhig geht der Film mitsamt seiner Action von statten, was eindeutig der Nachvollziehbarkeit und somit der Spannung zuträglich ist. Dies bedeutet aber nicht, dass wir es mit Altherren-Action zu tun haben. Bereits der Opener ist sehr souverän und straight umgesetzt und wartet mit einer durchweg beeindruckenden Verfolgungsjagd auf, bei der man beinahe das verbrannte Gummi riechen kann.
Wenn dann Adele den Titelsong anstimmt und die Bilder mitsamt Musik einen schon fast klassischen Einstieg bieten, ist man bereits so zufrieden, dass der Vorgänger fast vergessen scheint.
Auch im Weiteren bestätigt sich das Händchen von Mendes für den Stoff. Die Locations sind allesamt gut ausgewählt und in Szene gesetzt. Damit nutzt man eine Vorlage des Franchise bereits genau richtig aus, denn die Locations sind sozusagen ein Rückenwirbel aller Bond-Filme. Diese Orte sind hier mächtig wichtig, denn ansonsten würde man beim Film dann und wann vergessen, dass man es mit James Bond zu tun hat, denn insgesamt erweist sich "Skyfall" als sehr eigenständig bis eigenwillig, wenn es darum geht, die aufgetane Story aus den Vorgängern weiterzuspinnen. Jetzt wissen wir eben auch, wo James Bond seine Kindheit verbrachte. Nie wurden die Charaktere so in den Mittelpunkt gerückt, wie in diesem Dehbuch. Aber dennoch bleibt der Film stets unterhaltsam und ist damit eine absolute Ausnahme im Bond-Universum. Selbst im von mir geschätzten "Casino Royale" wirkten die Charakteranalysen doch eher plump und deplaziert, die Dialoge gezwungen und etwas dämlich. Hier haben die Herren Autoren ein wesentlich organischeres Script zusammengeschrieben, so dass die laange Laufzeit wie im Fluge vergeht.
Auch die Auswahl der Schauspieler ist mittlerweile wirklich beachtlich: Ralph Fiennes, Judy Dench, Albert Finney, Javier Bardem ... hier wurde eine sehr erlesene Auswahl von Schauspielern zusammengerottet, die für ihre höhere Schauspielkunst berühmt sind. Schon daran lässt sich erkennen, wie ernst man es nimmt, der Serie weiterhin Leben einzuhauchen. Auch der Bösewicht ist keine nervende Comicfigur oder etwa ein blasser Strohmann einer Organisation, die irgendwo im Hintergrund die Lostrommel rührt. Bardem als Silva reißt eine gute Show ab und beeindruckt mit seiner bekannten zurückhaltenden Bedrohlichkeit. Mal wieder ein richtig guter Bösewicht!!!
Am Ende sitzt man dann und freut sich tatsächlich auf die weiteren Filme, für die nun ein etwas zu langer Bogen gespannt worden ist. "Skyfall" versteht sich letztlich als Versprechen, in Zukunft weniger Charakterstudie zu sein, obwohl der Film gerade daraus viel Potential schöpft. Damit soll es nun genug sein, damit wir ab jetzt einen Bond erleben dürfen, der uns immer schön die Welt rettet, Frauen vernascht, blöde Sprüche reißt und uns eine Parallelwelt zeigt, in der immer und alles auf 110% läuft. Und ab jetzt sogar mit "Q"! Die Zukunft ist gesichert.
Ich habe mich bestens unterhalten gefühlt. Auf die nächsten 50 Jahre!