Review

Als großer Trändrüsendrücker angekündigt, entpuppt sich "Stadt der Engel" bei genauer Betrachtung bald als mehr als brauchbarer Herzschmerzfilm, der seine fantasyhaft angehauchte Geschichte ohne Einsatz des Sirupkommandos über die Runden bringt.

Wenn Amerikaner europäische Filme "remaken", dann kommt da meistens nur uninspirierter Mischmasch heraus, doch bei Wenders' "Der Himmel über Berlin" konnte man eigentlich nicht viel falsch machen, war dieser doch dermaßen still und künstlerisch verwoben, daß ein straighterer Umgang mit dem Stoff geradezu Voraussetzung war. Und so wurde ein richtig schöner Fantasy-Stoff mit gradliniger Love-Story aus dem überlangen Vorgänger herausdestiliiert, bei dem nahe am Wasser gebaute Gemüter so richtig schön mitschluchzen können.

Trotzdem ist "City of Angels" auch generell für Filmfreunde brauchbar, erfreut er doch durch einen weitestgehend klischeelosen Umgang mit dem gefühlvollen Thema. Regisseur Brad Silberling wählt immer wieder interessante Perspektiven und Kamerapositionen und gibt dem Stoff eine generell positive Grundeinstellung mit auf den Weg. In schönen Farben und immer wieder überraschenden Bildkompositionen entsteht ein abwechslungsreiches Bild unserer Welt (wobei die düsteren Seiten natürlich ein wenig kürzer kommen als die hellen, freundlichen) anhand des Beispiels Los Angeles.

Unterstützt wird das Vorhaben durch einen diesmal genial besetzten Nicholas Cage, der mit ungemein viel kindlicher Neugier und Entdeckungswillen zwischen den Menschen wandelt (gemeinsam mit einer erstaunlichen Menge anderer "Boten"), um dann auf wunderbare Art Gefühle zu lernen, um den letzten Schritt zum Menschsein zu erfahren. Cage wirkt die ganze Zeit wie ein stilles Kind, daß man unter den voll geschmückten Weihnachtsbaum gesetzt hat und nimmt den Zuschauer schon so gefangen und mit auf Entdeckungsreise.
Mehr Probleme hat da schon Meg Ryan, die immer noch der Süßes-Neurotisches-Mädel-Fluch mit dem neckischem Grinsen verfolgt. Weder als Chirurgin, noch sonst kann sie voll und ganz von ihrem alten Image Abschied nehmen, auch wenn ihre schauspielerische Leistung hier trotzdem sehr beachtlich ist. Sie darf natürlich reichlich Tränen vergießen, doch ziehen diese Szenen die Handlung nie in die Länge, sondern sind in den visuellen Kontext hervorragend eingearbeitet.

Bei den Nebendarstellern darf NYPD-Veteran Dennis Franz endlich mal den Sympathen raushängen lassen und gibt eine wunderbare Vorstellung als Ex-Engel, der zu einer Art Mentor für Cage wird.

Funktionieren tut der Film jedoch über seine simple und strikt erzählte Story, die nie lange verweilt, sondern gleichmäßig über die volle Laufzeit verteilt ist. Ohne je biblisch zu werden (die "himmlischen" Boten sind offenbar nicht einmal Engel, obwohl der Titel so etwas suggeriert) nimmt der Film seinen Betrachter mit auf eine Entdeckungsreise in eine Welt voller Wunder und führt Menschsein als Füllhorn unendlicher Möglichkeiten, positiver und negativer, an und packt das in strahlende Bilder. Das ist ein gebrauchsfreundlicher Gegensatz zu dem visuellen Nihilismus eines "Fight Club" und wird sicherlich als Abwechslung auch gern genommen.

Zum Schluß (immerhin, so strikt ist man am Original geblieben) wird dem Zuschauer dann emotional der Boden unter den Füßen weggezogen, doch bleibt der Film bei seiner generellen Aussage und vermeidet es auch (Danke!), bei aller Tragik den Film in einem Kitschhagel mit Bombastscore untergehen zu lassen.

Obwohl ich kein Freund dieser 12-Taschentücher-Filme bin, hat mir dieser gut gefallen, denn er ist eben anders als der Rest, bietet immer wieder etwas Neues und hat eine solide Spannungskurve, die selbst einen relativ unwilligen Zuseher dafür interessieren kann, was als Nächstes geschieht. Würde das jede Romanze schaffen, wäre die Kinowelt nicht mehr voller stöhnender Männer, die von ihren Frauen zu so einem Film "gezwungen" wurden, vor allem, da gerade das Filmplakat reichlich Klebrigkeiten zu versprechen scheint.
Geschluchzt habe ich übrigens nicht, aber schön war's schon. (8/10)

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