Wenn einmal die Augen eines totalitären Staats überall sind, übernimmt dieses System früher oder später das Denken und Handeln einer gesamten Gesellschaft.
In nicht allzu ferner Zukunft ist die Regierung mithilfe eines komplexen, maschinengesteuerten Systems dazu in der Lage, die Gewaltbereitschaft ihrer Bürger in digitaler Form abzurufen. Dadurch ist es möglich frühzeitig potentielle Verbrecher zu erkennen und aus dem Verkehr zu ziehen. Betroffene Personen werden zunächst therapiert und in besonderen Fällen gleich liquidiert. Doch auch wenn alle Entscheidungen über einen hochkomplexen Supercomputer laufen, muss die Regierung nach wie vor auf eine reguläre Polizeieinheit, die so genannten Enforcer, als exekutive Gewalt zurückgreifen. Die frisch gebackene Polizistin Akane Tsunemori gehört nun auch zu eben jener Einheit. Dank ihrer Bestnoten sehen ihre Vorgesetzten großes Potential in ihr. Doch die Arbeit stellt für sie schließlich eine größere Belastung dar als anfangs angenommen. Nicht nur ihr neuer und äußerst impulsiver Untergebener Shinya Kôgami bereitet ihr dabei ständige Sorgen, auch ihre moralische Einstellung gegenüber dem System selbst gerät allmählich ins Wanken.
Psycho-Pass beschreibt eine fiktive Gesellschaftsform die sich im Zustand ständiger Überwachung befindet. Und auch wenn so manche Ideen zunächst nach reiner Sience-Fiction klingen oder gar abgedreht wirken, gibt es trotzdem in vielerlei Hinsicht erschreckende Parallelen mit unserer Zeit und Wirklichkeit. Allein die jüngsten Skandale durch die Nachrichtendienste zeigen wie perfekt Überwachungsmechanismen funktionieren können und das sich Bürger trotz aller Aufgeklärtheit hiergegen nicht wehren können. Psycho-Pass konstruiert also aus den uns bekannten erschreckenden Entwicklungen der Gegenwart, einen vollfunktionsfähigen Überwachungsapparat in der Zukunft. Dabei sind Ähnlichkeiten zu Literaturklassikern wie1984 natürlich beabsichtigt, stellenweise werden sie gar zitiert.
Doch neben der hochinteressanten Grundidee kommen natürlich auch die zahlreichen Charaktere nicht zu kurz. Die Charakterentwicklungen der einzelnen Figuren sind sehr realistisch gestaltet, trotz diversen Twists. Akane Tsunemori ist die Idealbesetzung für eine Hautfigur, da sie als Neuling in der Einheit auch einen guten Einstiegspunkt für den Zuschauer bietet. Sie geht bei ihrer Arbeit stets diszipliniert an die Sache und stellt die Funktionsweise des Systems anfangs nicht in Frage. Ihr Untergebener Shinya Kôgami bietet dem Zuschauer einen interessanten Gegenpol an. Als Vollstrecker ist er zwar ein Teil dieses Systems, doch im Handlungsverlauf beginnt er das vermeintlich perfekte Instrument immer mehr zu hinterfragen. Selbst für den strengen Vorgesetzten Inspektor Nobuchika Ginoza entwickeln sich die Geschehnisse zu einer immer größer werdenden Belastung die seine psychische Stabilität schwer in Mitleidenschaft ziehen. Doch bei dieser ohnehin schon sehr komplexen Figurenkonstellation ist ausgerechnet der Antagonist Shôgo Makishima als besonders einprägsam zu bezeichnen. Sein Wunschtraum ist es, aus diesem totalitären Konstrukt auszubrechen. Dabei kann man erschreckenderweise seine Motive und Ansichten durchaus nachvollziehen. Lediglich die grausamen Handlungen wirken verstörend und extrem und stellen den Zuschauer des Öfteren vor ein grundlegendes Dilemma. Es fühlt sich in vielen Momenten einfach unangenehm an, wenn man sich einerseits mit einer Figur und deren Idealen identifizieren kann, diese aber gleichzeitig für ihre Taten verachtet.
Grundsätzlich präsentiert Psycho-Pass die Beziehung zwischen Opfern und Tätern als eine komplexe Ursache und Wirkung Studie. Menschen die gesellschaftlich, finanziell oder intellektuell benachteiligt sind und daraufhin aus ihrer Not heraus handeln, werden von dem System gnadenlos als potentielle Verbrecher deklariert. Dabei sind die Ursachen für die Probleme eines Individuums völlig egal, lediglich der maschinell messbare Wert urteilt letztlich über das Schicksal eines jeden einzelnen.
Die Animationen und Zeichnungen sind natürlich für eine so hochwertige Produktion auf der Höhe unserer Zeit. Ob es komplexe Maschinenanlagen, Hochhäuserschluchten oder üppige Feuergefechte sind, Psycho-Pass sieht zu jeder Sekunde beeindruckend aus. Der Zeichenstil ist weitestgehend eher nüchtern realistisch gehalten, was angesichts der düsteren Grundthematik sehr passend erscheint. Lediglich die frischen Charakterdesigns verfügen über eine ganz eigene Stilnote und runden damit das hervorragende Gesamtbild perfekt ab.
Die Opening und Ending Themes sind sehr einprägsam und melodisch, nicht zuletzt da sie auch unüberhörbar von der bekannten Band Egoist stammen. Meiner Meinung nach fängt diese wirklich tolle Gruppe immer wieder die passende Stimmung der jeweiligen Serien ein. Aber auch die restliche Musikbegleitung begleitet sowohl die actionreichen, wie auch die emotional aufwühlenden Szenen perfekt. Hier ist Gänsehautstimmung vorprogrammiert.
Wenn einmal die Augen eines totalitären Staats überall sind, übernimmt dieses System früher oder später das Denken und Handeln einer gesamten Gesellschaft.
Mein Schlusswort:
Durch den perfekt durchdachten und mit vielen Wendungen gespickten Plot gehört Psycho-Pass mühelos zu den besten Serien der letzten Jahre. Die Figuren wirken durch die Bank glaubhaft und es fällt nicht schwer sich mit ihnen zu identifizieren. Der große Gegenspieler erzeugt beim Zuschauer sowohl Abscheu als auch Faszination. Ein solcher Charakter besitzt echten Seltenheitswert und wertet die Serie zusätzlich auf. Wer also auf der Suche nach einer bedrückenden Zukunftsvision mit jeder Menge philosophischen Ansätzen ist, sollte sich dieses Meisterwerk auf keinen Fall entgehen lassen.