Jetzt geht’s erst richtig los, schien Levi Fiehler mit seinem letzten Blick anzudeuten, kurz bevor bei „Puppet Master: Axis of Evil“ die End Credits eingerollt wurden. Dass es nach dem 2010er Neustart gleich mit einer direkten Fortsetzung weitergehen sollte, stand bereits während der Dreharbeiten fest. Ein wenig irritierend wirkt daher der Umstand, dass die Fortsetzung keineswegs back-to-back mitgedreht wurde, um Produktionskosten zu sparen, so wie man es bereits erfolgreich bei „Puppetmaster IV“ und „Puppetmaster V“ vorgemacht hatte.
Das könnte verschiedene Gründe haben. Vielleicht war das Drehbuch nicht weit genug ausgearbeitet, um gleich zwei (oder drei) Filme zu bedienen. Vielleicht wollte Charles Band bei seiner größten Marke auch einfach unbedingt wieder selbst Hand anlegen, nachdem er die Verantwortung für die Regie bei „Axis of Evil“ aus Zeitgründen an David DeCoteau delegiert hatte. Fest steht bloß, dass „Puppet Master X: Axis Rising“ nun als eigenständig abgedrehtes Werk einen völlig anderen Ton anschlägt, obwohl die Story direkt an das Ende des Vorgängers anknüpft und obwohl zumindest bei der farblosen Digitaloptik und dem aus dem Ei gepellten WWII-Produktionsdesign mit seinen fabrikneuen Sets und seinen gestriegelten Kostümen eine gewisse Kontinuität gewahrt bleibt.
Schon bei der Besetzung hat es sich mit der Kontinuität aber wieder erledigt. Die wiederkehrenden Hauptfiguren Danny und Beth, im ersten Teil noch von Levi Fiehler und Jenna Gallaher gespielt, wurden nun mit Kip Canyon und Jean Louise O’Sullivan neu besetzt. Selbiges gilt für den kurzen Auftritt der Villainness Ozu, die nicht mehr länger von Ada Chao verkörpert wird, sondern von Terumi Shimazu. Praktisch alle anderen Rollen wurden aus der Handlung gestrichen, die man dafür mit vielen neuen Sidekicks und Gegenspielern anreicherte, wodurch sich letztlich auch der erzählerische Ansatz in eine neue Richtung verschiebt.
Nicht zuletzt schlägt Charles Bands kreativer Einfluss nun wieder mit voller Kraft durch. Seinen kruden Sinn für nicht ganz so diplomatischen Humor machte er natürlich auch bei „Axis of Evil“ bereits geltend, aber bei „Axis Rising“ spürt man, dass die Witze auf Kosten der Nazis wieder direkt von der Quelle kommen. Infolge dessen werden die ohnehin eher irritierenden Ansätze, einen seriösen Spionagethriller im Kontext des Zweiten Weltkriegs aufzuziehen, gegen ein niedrigeres Ziel ausgetauscht, das im Endeffekt auch deutlich besser zur Puppet-Master-Franchise passt: Wir haben es nun mit unverhohlener Naziploitation zu tun.
Alleine der Anblick von Stephanie Sanditz als reinkarnierte Ilsa (hier: „Uschi“) mit Lederstiefeln, Reiterhose und schwarzem Spitzen-BH unter weißem Hemd, wie sie als Blickfang durch die Labor- und Bunkerkulissen stolziert, verrät auf Anhieb, dass die Ansprüche an eine epochale, nahtlos durchgeplante Trilogie auf einmal fallen gelassen werden wie eine heiße Kartoffel. All die C-Movie-Spektakel im Dunstkreis von Zombie-Nazis und fliegenden Haien sind der Stimmung nun viel näher als die Antikriegsdramen, die bis dato womöglich als Vorbild auserkoren waren, obgleich das Naturell der Full-Moon-Produktionen der Definition von authentischem Trash zum Glück viel näher ist als die Pseudotrash-Orgien um „Iron Sky“ und Konsorten. Wo die nämlich versuchen, Unzulänglichkeiten mit digitalem Bombast künstlich zu imitieren, da sind Charlies Puppen bereits die Unzulänglichkeit in Mini-Persona.
Nach strengen qualitativen Kriterien kann von einer Steigerung gegenüber dem ersten Teil der neuen Trilogie also nicht die Rede sein. Der schnöde Unterhaltungswert ist allerdings seither deutlich gestiegen. Gerade Brad Potts in einer Nebenrolle als US-Sergeant im gotteslästerlichen R-Lee-Ermey-Modus schießt Oneliner wie ein vollautomatischer Granatenwerfer, und wenn er doch mal die Klappe hält, lässt er zumindest sein markantes Gesicht mit einer erlesenen Auswahl an zynischen Grimassen für sich sprechen, gesteuert von den nah zusammenstehenden Augen eines Irren, ohne Unterlass rollend, starrend und glotzend. Kip Canyon, der mit seiner treudoofen Visage weniger an seinen direkten Vorgänger Levi Fiehler erinnert als vielmehr an die Helden dritter Wahl aus dem Fundus eines Adam Sandler oder Luke Wilson, lebt in Potts Gegenwart richtig auf; dass er sich hier Captain Americas Vorgeschichte zum Vorbild nahm (ein Jahr zuvor erschien übrigens die entsprechende Verfilmung mit Chris Evans), spürt man. Es verdeutlicht auch noch einmal die Marvelismen, in denen Charles Band schon seit jeher denkt. Jean Louise O’Sullivan gibt derweil die aufgeweckte, gerissene Überlebenskünstlerin zum Besten, einer Emma Roberts nicht unähnlich. Scott King reibt sich auf der Gegenseite als Kommandant Moebius an der überzogenen Parodie eines deutschen Befehlshabers auf, ähnlich wie es Oto Brezina mit seinem Part als armseliger alter Wissenschaftler tut, der an seiner fensterlosen Wirkungsstätte eher wie ein Gefangener wirkt als wie jemand, der seine Arbeit aus Überzeugung macht.
Drehbuchautor Shane Bitterling soll sich zum Ziel gesetzt haben, das bisherige Franchise-Highlight „Puppetmaster 3“, das ebenfalls in der Nazizeit angesiedelt war, zu übertreffen. Zur Vorbereitung habe er sich alle Teile der Reihe angesehen und sprach danach von einer „gehirnschmelzenden Aufgabe“. Ob er sich mit dieser Formulierung auf das selbst auferlegte Ziel bezog oder nicht doch auf seinen Puppetmaster-Bingewatch, bleibt offen; Fakt ist, dass er es sich recht einfach macht, die Mythologie der Reihe mit den üblichen Naziploitation-Motiven zu verknüpfen. Einmal mehr wird die Routine vom untoten Zombie-Soldaten aufgewärmt, die sich vor allem im skandinavischen, britischen und deutschen Genrefilm in den letzten Jahren zur Masche entwickelt hat. Das Gefühl der Enttäuschung, wenn dann statt strammer Horror-Action auf dem Kriegsfeld lediglich ein paar zappelnde Puppen auf dem Labortisch zu sehen sind, ist inzwischen eine Art Markenzeichen der Reihe geworden. Dass es Blade und seine Artgenossen selbst nach einer zweistelligen Anzahl von Filmen noch nicht geschafft haben, ein wirklich nennenswertes Gemetzel zu veranstalten (sieht man vielleicht von dem recht fiesen Ende des Schurken aus dem dritten Teil ab), ist bezeichnend.
Nachdem der Nachschub an neuen Puppen in der Vergangenheit recht sparsam ausfiel, liefert Band wenigstens in dieser Hinsicht endlich mal ab. Mit Blitzkrieg, Bombshell, Weremacht und Kamikaze sind gleich vier neue Puppen am Start, deren Design durchweg von der Ästhetik der Exploitation-Streifen der 70er und 80er Jahre mit Nazi-Thematik beeinflusst wurde. Viel zu tun bekommen sie zwar nicht und der ersehnte Mini-Krieg zwischen guten und bösen Puppen fällt ähnlich ernüchternd aus wie beim SyFy-Channel-Crossover mit den Demonic Toys, aber zu diesem Zeitpunkt erhebt auch keiner mehr den Anspruch, den Star Wars unter den Puppenkriegen serviert zu bekommen. Mit dem Comeback von Six Shooter machen Band und seine Puppentüftler allerdings einiges richtig; noch selten wurde eines der kleinen Holz- und Plastik-Kerlchen so cool zurück ins Spiel gebracht. Wären die bisherigen Filme mehr mit solchen Momenten gespickt, würde man sich vielleicht nicht so ungerührt an sie zurückerinnern.
Ein bisschen fehlt aber gerade audiovisuell das endgültige Bekenntnis zum Trash. So ganz möchte man eben nicht von dem Hochglanz-Look abweichen, der immer noch größere Ambitionen anklingen lässt, gerade im Verbund mit dem Main Theme von Richard Band, das inzwischen dank eines orchestralen Neuarrangements zu einer beachtlichen Hymne angewachsen ist. Könnte man es sich heute noch leisten, analog auf 35MM zu drehen und hätte dann noch ein wenig mehr Budget für ein paar handgemachte Spezialeffekte übrig, hätte „Puppet Master X: Axis Rising“ sogar ein charmanter B-Spaß im Stil der 80er werden können. So ist es nun das unentschlossene Mittelstück einer Trilogie, die nur deswegen als Trilogie existiert, weil sich ihr Erschaffer so sehr nach etwas Bedeutsamem sehnt.