Der Titel macht's dem Zuschauer nicht wirklich einfach. "Tödliche Gedanken" könnte in die Filmgeschichte als einer der nichtssagensten, belanglosesten Filmtitel eingehen. Dabei ist der Film hinter dem Schlaftabletten-Titel durchaus sehenswert. Regisseur Alan Rudolph hat einen soliden, nicht sonderlich überraschenden Thriller gebastelt, der durch die überraschend guten Darsteller vor der Vergessenheit gerettet wird.
Das größte Problem des Films ist das Drehbuch an sich. Die Geschichte findet grundsätzlich in einem einzigen Raum statt: Cynthia Kellogg (Demi Moore) trifft sich auf der Polizeiwache mit Detective John Woods (Harvey Keitel), um endlich die Wahrheit ans Licht zu bringen. In Flashbacks wird von der Ehe ihrer besten Freundin Joyce (Glenne Headly) erzählt, und wie sie unter ihrem tyrannischen, selbstsüchtigen Gatten Jimmy (Bruce Willis) leidet. Während der nämlich Joyce Geld aus der Kasse ihres Friseurbetriebes klaut, um damit Koks für seine nächtlichen Touren zu beschaffen, begegnen Cynthia und Joyce der schrecklichen Ehesituation mit sarkastischem Humor: Sie spinnen herum, wie Joyce ihren Mann umbringen könne. Als Jimmy eines Tages wirklich mit aufgeschlitzter Kehle in seinem Van liegt, bringt dies einen Stein ins Rollen, der viele Lügen und einen weiteren Mord mit sich zieht.
Im gesamten Film hören und sehen wir Cynthias visualisierter Berichterstattung zu. Dadurch fehlt dem Film die gewisse Dynamik, um wirklich zu fesseln - die Dialoge auf der Polizeistation sind zu einfach gestrickt, als könne "Tödliche Gedanken" als Kammernspiel funktionieren. Rudolph zeigt uns die von Cynthia formulierten Rückblenden als Realität, stellt das Gezeigte nie in Frage, sondern lässt dafür Harvey Keitel einige Zwischenfragen und Misstrauen in die Geschichte einwerfen. Da Demi Moores Cynthia unsere Heldin und Erzählerin der Geschichte ist, mögen wir lieber ihr glauben, als der stereotypen Cop-Schnüffelnasen-Paranoia, die Keitel bravourös darstellt. Und genau aus dieser Situation erwächst nie Spannung. Der Funke springt nie über, und der Zuschauer stellt nie, bis ganz kurz vor dem Ende, das Erzählte in Frage. Die Auflösung von "Tödliche Gedanken" ist dann genauso wie erwartet. Bemüht überraschend, aber doch irgendwie nur konventionell und vorhersehbar.
Das Konzept ist also gescheitert, aber dennoch mag "Tödliche Gedanken" unterhalten. Das mag vordergründig auf jeden Fall an den respektablen Schauspielern liegen. Bemerkenswert ist Glenne Headlys Darstellung einer Frau vor dem Ende ihrer sozial-ethischen Existenz. Ihr Fall von Ehe- und Geschäftsfrau zur psychopathischen, gefährlichen Mörderin, die den einzigen Ausweg in der Gewalt sieht, ist glaubwürdig und nie übertrieben klischeehaft. Bruce Willis und Harvey Keitel spielen die harten Burschen ohne sich dabei ein Bein auszurenken, und Demi Moore macht ihre Sache angesichts der Schwäche ihrer Figur - sie ist nur die staunende, passive Marionette in dem Spiel anderer - ganz gut.
In wenigen lichten Momenten wirkt die Inszenierung des Films gar virtuos. Die fiebrig verstellten Szenen auf dem Jahrmarkt, in denen die Abgeschiedenheit des Platzes und die unwirklich schimmernden, kunterbunten Lichter des Riesenrads im Hintergrund aus dem Rummelplatz ein abweisendes, surreales Erlebnis machen, werden durch eine behäbig umherschwänkende, schwindelerregende Kamera verstärkt. Dazu spielt der edle Soundtrack von Mark Isham. Diese großartigen Szenen sind das Zentrum des Films, und dürften auch die einzigen sein, die dem Zuschauer später im Gedächtnis bleiben.
Schlußendlich: "Tödliche Gedanken" ist kein schlechter Film. Es ist aber auch kein wirklich überdurchschnittlicher Film. Wenn ein guter Film als Metapher ein köstliche, mehrgängige, warme Mahlzeit in feierlichem Ambiente wäre, so könnte man "Tödliche Gedanken" als kurzen Bonbon für unterwegs sehen. Er schmeckt zwar, aber man der Genuss des Leckerlis wird keinen einschneidenden Effekt auf das Leben des Genießers haben.