"Harjunpää ja pahan pappi" ist nicht etwa ein thailändisches Gericht, sondern (mal wieder) ein sehr guter Thriller aus dem verschneiten Norden Europas. Dieser gelungene Beitrag, der bei uns unter dem Titel "Priest of Evil" erschien, stammt aus Finnland.
Als er sich wieder mal wegen seines Berufes verspätet, fällt die jugendliche Tochter des finnischen Polizisten Timo (Peter Franzén) einem Verbrechen zum Opfer. Jetzt soll der junge Mann, der seiner Tochter den Schädel zertrümmert hat, nach nur zwei Jahren aus der Haft entlassen werden.. Timo, dessen Ehe mit Elisa (Irina Björklund) seither in Trümmern liegt, wetzt schon seine Messer, um den Täter zur blutigen Rechenschaft zu ziehen. Doch zur gleichen Zeit ermordet ein mysteriöser U-Bahnschubser Leute, die scheinbar keinerlei Verbindung zueinander haben. Nach und nach kommt Timo mit seiner Einheit in diesem Fall weiter, jedoch weiß er nicht, dass auch seine Frau und seine andere verbliebene Tochter Paulina (Rosa Salomaa) in tödlicher Gefahr sind...
Wenn Worte wie "Priest" im Filmtitel enthalten sind, bin ich immer ganz vorsichtig. Denn vor lauter Angst, mir einen Film mit biblischen Firlefanz ansehen zu müssen, halte ich meistens Abstand von solchen Filmen. Jedoch muss ich sagen, dass zwar etwas "Glauben" vorkommt, jedoch eher in einem Maße von "Sieben" - und somit für mich leicht verdaulich.
Schon der Prolog zeigt in dreckigen und düsteren Bildern, dass hier echte Handwerker am Start sind. Kamera, Schnitt und Frisur sitzen perfekt, treiben sofort den Puls in die Höhe, erwärmen das Herz und Polizist Timo bekommt Pluspunkte auf seinem Sympathie-Konto gutgeschrieben, obwohl dieser Anfang überhaupt nichts mit der restlichen Geschichte zu tun hat. Diese Szene soll Timo, der zwei Jahre später als gebrochenes Wrack seinen Dienst ausübt, als Superbullen vorstellen, der perfekt in seiner Arbeit ist. Der nette Nebeneffekt ist scheinbar ungewollt, wie man innerhalb kürzester Zeit Filmcharaktere auf seine Seite ziehen kann.
Nach dem Mord an Timo´s Tochter wird es zunächst etwas verwirrend, weil man nicht weiß, was sich im Jetzt abspielt oder etwa doch eine Rückblende sein soll. Das hat mich irritiert und unnötig in eine hilflose Lage gebracht, bei der ich die Orientierung verloren habe. Lieber Herr Regisseur Olli Saarela, das kann man auch anders lösen.
Bevor es mit dem Racheakt los geht, lässt sich Saarela viel Zeit seine Charakter vorzustellen, die dadurch eine enorme Tiefe entwickeln. Dass dabei zufällig ein Typ mit Kaputzenpulli Leute vor die U-Bahn schubst, fällt dem Zuschauer zunächst nicht als wichtig auf, sondern eher als Auffrischung, damit man nicht wegpennt. Dennoch wird nach und nach ersichtlich, dass dies die eigentliche Story darstellt, was immer geheimnisvoller von statten geht. Regisseur Saarela gibt dem Zuschauer nur soviel Häppchen, wie er wissen muss, um der Handlung zu folgen und zeigt erst sehr viel später die wahre Motivation des Killers, was durchaus noch zu verstehen ist.
Dazwischen werden zwischenmenschliche Dinge und der Rachepart vorangetrieben, die immer zwischen Thriller und Drama hin- und herpendeln - doch die Spannung bleibt dabei auf solidem Grundniveau ohne zwischenzeitliche Ausfälle. An dieser Stelle sollte ich evtl. noch erwähnen, dass Leute, die auf grafische Gewalt abfahren, hier nichts zu ernten haben. "Priest of Evil" zeigt wenig Blut oder Gematsche, sondern konzentriert sich deutlich auf die Handlung.
Der einzige Fauxpas bei dieser eigentlich gut ausgetüftelten Story ist, dass man dem Killer seine Motivation für die Morde irgendwie nachvollziehen kann, begeht dabei aber leider den Fehler, ihn später als Oberpsychopathen und somit als Depp darstehen zu lassen, obwohl genau an dieser Stelle auch seine Charaktertiefe steigt. Der Film wirkt bis dahin wirklich gut durchdacht, jedoch scheint man nicht mehr so richtig weiter gewusst zu haben, wie man das Finale enden lassen könnte.
"Priest of Evil" kann man durchaus Thriller-Freunden und Fans von Filmen wie "Sieben" empfehlen. Lediglich der irritierende Anfang mit Echzeit/Rückblenden und die plumpe Lösung, den Killer zum Schluss hin zum Vollhorst zu machen, kosten diesen Streifen wichtige Punkte.
Die Finnen können von mir aus öfters Filme raushauen, aber bitte in Zukunft mit Künstlernamen, dann brauche ich für die Rezension eine halbe Stunde weniger...
7/10