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„Perfect World“ ist nicht nur das filmische Treffen zweier Topstars, sondern auch ein weiterer Beweis dafür, dass Clint Eastwood in seiner beispiellosen Karriere von namhaften Regisseure einiges gelernt hat und dieses Wissen im reifen Alter auch umsetzt, ohne dabei auf gängige Stile zurück zugreifen, sondern auf bewusst altmodisch, unspektakuläre Inszenierung zu setzen.

Zum ersten Mal überlies er als Regisseur aber jemand anders die Hauptrolle und beschränkte sich selbst auf die zweite Reihe, um konsequent Regie zu führen. In Kevin Costner, der zu dieser Zeit noch von Erfolg zu Erfolg schauspielerte, gewann er einen Darsteller, der recht facettenreich, nicht nur einen, anfangs scheinbar skrupellosen Mörder, sondern auch einen Menschen jenseits aller Ideale spielen konnte und sich überraschend weit von oberflächlichen Rollen wie „Bodyguard“ entfernte.

Angesiedelt in Texas (1963) bricht der zweifache Mörder Robert „Butch“ Haynes (Kevin Costner) zusammen mit einem Mithäftling aus einem Gefängnis aus, um wenig später den jungen Phillip Perry (T. J. Lowther) als Geisel zu nehmen. Der Senator höchstpersönlich drängt auf eine möglichst baldige Lösung, stehen doch die Wahlen vor der Tür, so dass dem verantwortlichen Gesetzeshüter Chief Red Garnett (Clint Eastwood) neben einer Kriminologin auch ein FBI-Agent zur Verfügung gestellt wird. Allerdings wird diese Jagd untypisch verlaufen und enden…

Schnell wird klar, dass Butch kein „normaler“ Verbrecher ist. Hochintelligent und mit viel Verständnis für Kinder entwickelt sich zwischen ihm und dem Jungen, dem er bald vollends vertraut eine Vater-Sohn-Beziehung, die auf den gleichen Wünschen und Sehnsüchten basiert, die sie auf ihrem Road-Trip möglichst ausführlich ausleben wollen. Zwei von ihrem Umfeld in ein ungeliebtes Schema gepresste Charaktere schnuppern für ein paar Tage den Duft der Freiheit und Glückseligkeit. Doch wird sie je unterbrochen, wenn Individuen, wie der Mithäftling sie zu stören versuchen, oder Kinder falsch von ihren Eltern behandelt werden, so das dann Butchs zweites Gesicht hervortritt.

Der parallel dazu verlaufende Nebenplot, um die illustre Gruppe der Jäger kann da leider nicht mithalten, da ihm trotz des bärbeißigen, chauvinistischen Spiels Eastwoods jegliche Klasse fehlt, da die weiteren Charaktere doch nur den eastwoodschen Typus, der ihn so berühmt machte, profilieren soll und der Anflug von Humor zwar Lockerheit vermittelt, oft aber deplaziert wirkt. Spätestens wenn sie mit ihrer Einsatzzentrale, dem Wohnwagen des Senators, an dem Duo vorbeifahren und sich mit ihm eine kurze, aber wahnwitzige Hetzjagd liefern, wird deutlich, dass das Drehbuch an einigen Stellen eine Überarbeitung nötig gehabt hätte.

Neben deutlichen Seitenhieb auf Politiker und deren Promotion im TV, sind Anflüge von Humor auszumachen, der am Besten funktioniert, wenn Butch und Buzz (den Decknamen verpasst Butch ihm) Halt machen und sich das Nötigste zusammenklauen oder -leihen, um an ihr Ziel, dass erst am Ende deutlich wird, zu gelangen. Eastwood setzt dabei sehr oft auf religiöse Seitenhiebe, da der streng nach den „Zeuge Jehovas“ erzogene Buzz bei Butch so einige Freiheiten genießen darf, die ihm in seinem Leben bis dato verwehrte, was zu einer Intensivierung der Beziehung führt.

Fazit:
Clint Eastwood gelang ein intensives Drama (welches mit einer meist wohl dosierten Prise Humor versehen ist), das ganz von seinen großartigen Schauspieler (Kevin Costner mit der vielleicht besten Leistung seines Lebens, T. J. Lowther glänzt mit Natürlichkeit) und den Aufnahmen der scheinbar unendlichen, wunderschönen Landschaft Texas lebt. Während die Vater-Sohn-Odyssee lückenlos funktioniert, ist der „Hunter“-Plot nur dank Eastwood tragbar, da er bis zum dramatischen Ende, das den Taschentuchverbrauch massiv erhöht, uninteressant bleibt. „Perfect World“ ist mit seinen zwei Stunden niemals langatmig und für Fans der Herren Costner und Eastwood Pflichtprogramm.

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