Emotionsgeladenes, ruhiges, aber nie träges Roadmovie über eine ungewöhnliche Freundschaft zweier komplett unterschiedlicher Menschen im Texas der 60er Jahre.
Der erste davon ist der kleine Phillip Perry (T.J. Lowther), der ein nicht gerade rosiges Leben führt: Sein Vater ist vor Jahren abgehauen und seine streng religiöse Mutter lässt ihn und seine Geschwister an vielen Vergnügungen nicht teilhaben. Clint Eastwood, der hier mal wieder Regie führte, zeigt das mit einer wunderbaren Szene zu Halloween, als die anderen Kinder ’Süßes oder Saures’ spielen, was Phillip seine Außenseiterrolle wieder vor Augen führt.
Der zweite Mensch ist Robert 'Butch' Haynes (Kevin Costner), der zusammen mit einem anderen Gefangenen aus dem Knast ausbricht. Auf der Flucht steigen sie bei Phillips Familie ein, rauben deren Auto und nehmen Phillip als Geisel. Allerdings wird Butch stets als der edlere Gangster dargestellt, während sein Partner als verabscheuungswürdiger Gewohnheitsverbrecher daherkommt.
Die beiden unterschiedlichen Ausbrecher kommen nicht miteinander klar und als es bei einem Streit um das Leben von Phillip geht, erschießt Butch seinen Partner. Gemeinsam mit seiner Geisel flieht er weiter durch die USA, doch die Behörden unter der Leitung von Red Garnett (Clint Eastwood) sind ihm auf den Fersen…
Eastwoods Roadmovie ist gemächlich erzählt, Hänger gibt es jedoch nur wenige. Auf oberflächliche Action muss man trotz Eastwood weitestgehend verzichten, sieht man von zwei kurzen Verfolgungsintermezzos mal ab. Doch immerhin darf man die typische Eastwood-Coolness erleben, wenn sich Red mit dem Rest seines Teams anlegt. Allerdings kann dies nur teilweise darüber hinwegtäuschen, dass der Plot um die Behörden die Handlung wenig weiterbringt und deutlich kürzer gefasst sein könnte. Doch dank Eastwoods großartiger Auftritte kann man auch hierüber hinwegsehen.
Viel wichtiger ist jedoch die Freundschaft zwischen Gangster und Junge: Butch lässt dem Jungen viele Freiheiten, die dieser von Zuhause nicht kennt. Beide erleben gemeinsam ein neues Gefühl von Freiheit: Phillip, weil er sich über Mutters Regeln hinwegsetzen kann, Butch, weil er aus dem Knast heraus ist. So kann „Perfect World“ mit ein paar sehr bewegenden Momenten aufwarten, vor allem zum tragischen Ende hin.
Doch der anrührenden Freundschaft zeichnet „Perfect World“ keineswegs das Bild einer perfekten Welt. Die Behörden sind voll von Ignoranten und selbst Red hat in seiner Vergangenheit Fehler begangen, wenn auch aus edlen Motiven. Gleichzeitig ist Butch auch nicht immer der Gentlemangangster, sondern kann auch bösartig aus der Haut fahren, vor allem wenn es um die ungerechte Behandlung von Söhnen geht. Denn Väter und Söhne, das ist das eigentliche Thema von „Perfect World“, egal ob es sich dabei um leibliche Väter handelt oder Ersatzväter, so wie Butch für Phillip zum Ersatzvater wird.
Kevin Costner liefert als Krimineller mit Herz zudem eine Glanzleistung ab und da kann hier nur noch T.J. Lowther als exzellenter Kinderdarsteller mithalten. Clint Eastwood hingegen ist zwar cool wie eh und je, zieht aber mehr sein gewohntes Ding durch ohne großartig neue Akzente zu setzen. Auch Laura Dern hat schon mal glücklicher ausgesehen, auch wenn sie nicht unbedingt schlecht spielt.
Eastwood hat sicherlich schon bessere und vor allem aufregendere Filme fabriziert, doch wer sich auf „Perfect World“ einlässt, der bekommt ein ruhiges, bewegendes Drama, das trotz großer Laufzeit gut unterhält.