Review

Staffel 2

"Ja, bitte?"
"Kripo Garmisch. Wir haben einen Hausdurchsuchungsbeschluss."

Ableger und Nachahmer der Rosenheim - Cops, eine seit 2002 im höchsten Maße erfolgreich und deswegen auch langlebig laufende Krimiserie auf dem ZDF, die im Verbund mit Heimat- und Komödienelementen sicherlich auch die nächsten Jahre ihren festen Stammplatz im Programm und bei dem Zuschauer haben sollte. Diese Aussichten lagen für die hiesige Variation, die das Grundgerüst von Wahl der Örtlichkeit, der Figuren und des Plots als sicherer Hafen jahrzehntelang gewachsenen Vertrauens eher enger als weiter in Augenschein nimmt, nach der nicht ganz so begeistert aufgenommenen Ersten Staffel noch nicht vor und ließen sich letztlich mit der nachgeschobenen Zweiten Staffel auch nicht erringen. Zwar lag der Publikumsschnitt auch bei schon höheren Reichweiten, wurde aber ein eher älteres Publikum zu den am häufigsten Einschaltenden gezählt und stand die Neuschöpfung der 'alten Klamotte' eigentlich vermehrt im Interesse der Verjüngung seiner Klientel. Nach einiger Überlegung wurden dennoch weitere Folgen in Auftrag gegeben, die allerdings konträr dessen abermals ein deutlich 'betagteres' Publikum ansprechen wird und trotz stabiler, selbst leicht gestiegener Quoten von eigentlich achtbaren 3,9 Millionen Zuschauer (im Vorabendprogramm) auch gleichzeitig das Aus und somit Finale darstellt:

Der eigentlich aus Osnabrück stammende Robert Bähr [ Jan Dose ] hat erst vor Kurzem seinen Dienst als Kriminaloberkommissar in Garmisch-Partenkirchen, als Kollege des alteingesessenen und sich mit allen landestypischen Begebenheiten und Persönlichkeiten auskennenden Kriminalhauptkommissar Anton Wölk [ Thomas Unger ] angefangen. Dabei stört die gemeinsame Arbeit weniger, dass Wölk in seinem Naturell unterschiedlicher nicht sein könnte, allerdings ist der Ärger mit der Staatsanwältin Claudia Wölk [ Franziska Schlattner ], der Noch-Gattin seines Kollegen, und dem sowieso gegen diese Ehe seienden Oberstaatsanwalt Dr. Helmut Wetzel [ Holger Daemgen ], ein verkniffener Emporkömmling und Fähnchen im politischen Wind, stetig vorprogrammiert. Auch die Spurensicherung, verkörpert durch Peter Falk [ Tim Wilde ] hält sich oft für den wichtigsten Mann im Team, zu dem mehr oder minder auch noch der dickliche Polizeiobermeister Franz Obermayr [ Christoph Stoiber ] als Laufbursche und die Sekretärin Charlotte Gruber [ Bettina Mittendorfer ] gehören.

"Halten Sie mich für einen Anfänger?"
"Immer weniger."

Während die Folgen der Woche den jeweiligen Kriminalfall unter die Lupe nehmen und sich dort vom Mord oft in der ersten Minute bzw. der ersten Szene über die diversen Befragungen von Zeugen, Nahestehenden, Feinden und Verdächtigen bis zur Aufklärung schiebt, steht im Mittelpunkt weiterhin das Geschehen um das von ihrer Seite aus getrennt lebende Ehepaar Wölk. Schon in der ersten Staffel wurde die andauernde Lebens- bzw Beziehungskrise der beiden aufmerksamer und als alles verbindender roter Faden genommen, was hier erneut aufgegriffen und fortgeführt wird. Er der Hauptkommissar, der im Geheimen schon noch etwas von seiner Frau in Trennung und auch nicht wirklich aus dem ehemals gemeinsamen Haus hinauswill – abseits von einem kurzzeitigen Abstecher in einen Wohnwagen Episode 4 “Wo gesägt wird...“, und dem eher aufgezwungenen Ausgehen mit einer von ihren (brünetten und feschen) Bekannten in Episode 9 “Gesund sterben“ – , aber die schlechten Karten stetig in der Hand hat. Nicht nur, dass sie als Staatsanwältin die Vorgesetzte ist, die er, um Fahndungserfolge zu erreichen, auch schon mal belügen und vorführen muss, auch wohnt er wie festgewachsen im Dachgeschoss ihres Hauses zur Untermiete – zweites ungünstiges Machtgefüge – und hat zudem ständig wiederum ihren Vorgesetzten als eventuellen Galan, auf jeden Fall auch interessierten vor Gesicht.

Dass, was die Öffentlich-Rechtlichen in diesem Arrangement wohl als Modernität und Anfang einer Patchwork-Situation verstehen, wird hier als bewährtes Soapelement mit all seiner Dramatik und Emotionalität versehen. Getrennte Betten, getrennter Frühstückstisch. Sie die arme Frau, die Karriere gemacht hat, und zwischen Vergangenheit mit dem Ex und einen möglichen Neuanfang hängt, und weder reif für etwas Anderes im Leben ist noch ihre Vorherigen trotz vormals guten Zureden aus ihrem herauskriegt. Da nunmehr ab Episode 1 "Tod in der Gondelbahn" auch noch der Besuch ihrer Eltern ansteht, und besonders die Mutter [ Gaby Dohm ] fern jeden Taktgefühles sich a) schon über Antons noch bestehende Anwesenheit, wenn auch nur in der Einliegerwohnung wundert und b) den Oberstaatsanwalt besonders nett findet, – was ihre fehlende Menschenkenntnis gleich bloß legt – und c) zu allen unpassenden Situationen auch in das Revier von Polizei und Staatsanwaltschaft platzt, wird hier noch in zunehmenden Maße Zündstoff und Stoff auch für eine gestandene Telenovela akquiriert. Episode 2 "Der letzte Ton" erklärt den weiteren Aufenthalt der Eltern, die eigentlich nur den kurzen Anstandsabstecher in der früheren Heimat und bald wieder zurück nach Südfrankreich auf das Altersgehöft machen wollten, serientypisch mit dem Auffinden einer Leiche kurz vor der Abfahrt, sodass sie als Zeugen noch anbei bleiben müssen.

So richtig feierlich ist der Zuwachs an älteren Personal in der Belegschaft der Serie, – auch die Sekretärin ist neu, aber doch auch eher jenseits mittleren Alters und nicht so auf 'Zack' wie die frühere Frau Zagelmann, und im Vorbüro der Justiz sitzt mit Rosemarie Fels [ Inge Blau ] weiterführend noch ein Drachen von ganz alten Schrot und Korn – nicht, die Gangart des Krimis vom “Tod auf dem Eis“, “Tod an der Angel“, “Ausflug in den Tod“ etc. wie auch beim Vorbild doch sowieso schon auf viel Reden im steifen Blickfeld und mit eher weniger Mimik, Gestik oder sonst wie Affekt erzählt. Eine Hälfte Berufsleben, die andere, durch den roten Faden aber auffälliger bestehende Hälfte ist privat, was sich in diversen Parallelsprüngen ausdrückt und mit den drohenden Konflikt von beidem schon in ferner Sicht. Da ist im Grunde bei den Kollegen aus Rosenheim, dem Urgestein, die anfangs auch noch mit Gastauftritten gesegnet waren, schon etwas mehr los, agiler auch gehandhabt und mit etwas forscherem Kniff, wird dort allerdings auch seit Jahren dasselbe schon gespielt und ist das Team blind aufeinander abgestimmt.

Hier stattdessen, aus der gleichen Schule, nicht den gleichen Mitgliedern, ist die Figurenkonstellation zumindest im Schwarz/Weiß und auf den ersten Blick erkenn- und trotzdem noch entwickelbar und auch mit den schnellen Feindbildern und Protagonisten für die Identifikation besetzt. Wundern tut eigentlich nur, warum die Männer die notorische Unterhand gegen die bedrängende Biederkeit haben, also das Triumvirat der vergleichsweise jüngeren Kommissare und dem knurrigen, hemdsärmligen Spurensicherer hier, die eigentlich körperlich fit, nicht auf den Mund gefallen, und überhaupt im besten Mannesalter, gerade auch zum Genießen der Frauenwelt und der Landschaft um sie herum selber sind. Die Lokalität von Garmisch-Partenkirchen als Vertreter im Titel und in der Präsenz von Landschaft und Örtlichkeit ist übrigens erstaunlich clever gewählt – anfangs wurden noch Städte wie Landshut, Passau oder Füssen angeschaut – , hat der Liebhaber von bayerischem Tourismus hier schon von Berg und Tal und seine Möglichkeiten des Wanderns und Genießens das schiere Herz aufgehen, während die Leser der im höchsten Maße boomenden Regionalkrimikultur gleich mehrere indirekte Vertreter der Schriftstücke vor seinem geistigen Auge wiederfindet. [Nicht bloß die Bestsellerromane von Jörg Maurer spielen dort, auch die ähnlichen Reihen von Martin Schüller, Marc Ritter und Nicola Förg sind ebenda angesiedelt.]

Demnach fleißig Klatsch und Tratsch und Scharwenzeln um den Treffpunkt Kaffeemaschine herum, anschließend um die Befragungen von möglichen Tätern und Angehörigen und Zeugen und anderen Bewohnern an der Alpspitze oft in das gehobenes Milieu; edleres, aufgeräumtes, aus der Wohnzeitung entsprungenes Ambiente, dass dem Harmoniebedürfnis im klinisch sauberen Ferienidyll ebenso entspricht wie der Bilderbuchhimmel am Horizont und das grüne Dickicht von Graseckbahn und Partnachklamm. Das Wissen um die Herkunft der Idee dahinter, die tatsächlich überaus solide Verarbeitung der Krimikost, wenn auch im Schongang, viel panoramaartiges Reisebüroflair, ein sympathisches Männertrio und die noch angenehm leichte Seichtigkeit der 'Probleme' drumherum macht die Serie anders als die oftmalige Konkurrenz der Heiter bis tödlich - Reihe in ihren Auswirkungen immer noch wesentlich gefälliger zu konsumieren und auch konkreter im unterhaltenden Sinn.

Details
Ähnliche Filme