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Zu Beginn drückt Regisseur Paul W.S. Anderson die Rücklauftaste bis zum Angriff der Umbrella-Corporation unter Führung von Jill (Sienna Guillory) auf das Schiff, auf dem Alice (Milla Jovovich) und ihre Mitstreiter Zuflucht genommen hatten, um dann in Form eines Fotoalbums noch einmal zurückzublicken auf vier vergangene "Resident Evil" - Filme.

Bekanntlich basierte die Grundidee auf einem Computerspiel, von der sich die Story zwar von Beginn an inhaltlich löste, dabei aber die umfassende Technisierung und Virtualität der Umwelt nie aus den Augen verlor. Nachdem Alice am Ende von Teil 1 aus dem unterirdischen, in seiner dreidimensionalen holographischen Darstellung an künstliche Computerwelten erinnernden, Umbrella-Stützpunkt fliehen konnte, verlegte sich der Kampf gegen die Zombies auf die reale Erdoberfläche. Der T-Virus, von Umbrella als vielversprechender biologischer Kampfstoff entwickelt, verbreitete sich zunehmend unter der Weltbevölkerung, die dadurch zu mordgierigen Zombies mutierte, teilweise zu noch gefährlicheren Monstern. In Teil 4 hatte sich der Kreis der nicht Infizierten schon auf ein Minimum reduziert, weshalb das Schiff, auf dem sie am Ende entkommen, schon als letzter Zufluchtsort galt. Doch dieses wird gleich zu Beginn von "Resident Evil: Retribution" zerstört - was kann jetzt noch kommen?

Scheinbar kehrt Anderson wieder zu seinen Anfängen zurück, denn Alice erwacht nach dem Angriff auf das Schiff in einem Einfamilienhaus in einer typischen amerikanischen Vorortsiedlung. Sie hat einen liebevollen Ehemann (Oded Fehr) und eine kleine Tochter, namens Becky (Aryana Engineer). Und das erstaunliche - sie fühlt sich selbst wohl und zu Hause. Doch die Idylle erweist sich schnell als Trugschluss, denn Zombies greifen an, denen Alice trotz der Hilfe ihrer Freundin Rain (Michelle Rodriguez) nicht entkommen kann. Wirklich tragisch ist das nicht, denn nur wenig später wacht sie in einem hell erleuchteten, leeren Raum wieder auf, nur mit einem dünnen Tuch bekleidet, offensichtlich unter der Kontrolle von Umbrella stehend.

Anderson kehrt tatsächlich zu den Anfängen zurück, aber nicht im Sinn einer Wiederherstellung des früheren Zustands, sondern durch die Auflösung sämtlicher bisheriger Strukturen, die er in einer virtuellen, von Computern gesteuerten Erlebniswelt aufgehen lässt. Nur in seiner zweiten Hälfte bekommt der Film eine gewisse Stringenz in der Story, als ein Team von fünf Männern in das unter meterdickem Eis liegende Forschungszentrum Umbrellas eindringen, um Alice zu befreien. Doch selbst deren vertraut wirkende Vorgehensweise gerät schnell ins Stocken, angesichts eines feindlichen Gegenübers, das nicht mehr eingeschätzt werden kann.

In "Resident Evil 5" wird wieder viel geschossen, gekämpft und blutig gestorben, aber selten war ein solches Spektakel sinnloser. Nichts ist mehr wirklich - Standorte und Personen können beliebig geändert und vervielfältigt werden, feindliche Truppen werden durch erfolgreiche Kämpfe nicht reduziert, sondern reproduzieren sich bei nächster Gelegenheit erneut. Anderson begleitet diese Vorgänge mit klar strukturierten, Kälte ausstrahlenden Bildern und Computeranimationen, begleitet von rhythmischer, lauter Musik mit wummernden Bässen. Doch dieser optische und akustische Overkill erzeugt keine befriedigenden Gefühle mehr, denn er hat jede martialische Wirkung verloren. Entscheidend ist, das Anderson dem Action-Film seine entscheidenden Komponenten genommen hat - ein klar definiertes Gut und Böse-Schema und die Zielsetzung seiner Protagonisten.

Das es ihm damit ernst ist, wird an der Gestaltung der Hauptfigur Alice deutlich, deren Kampf gegen den Weltkonzern Umbrella und um das Überleben der Menschheit bisher die moralische Instanz darstellte. Jede bisherige Folge erzeugte trotz der ausweglos scheinenden Situation beim Publikum noch die Hoffnung, das alles wieder "gut" wird. Doch Teil 5 stellt die Frage, wie denn diese heile Welt in Zukunft aussehen soll? Nichts ist mehr real, selbst die Handelnden können nicht mehr sicher sein, das sie selbst das Original sind. Anderson gelingt es, sämtlichen emotionalen Gefühlen die Wahrhaftigkeit zu nehmen, selbst dem ursprünglichsten - dem Muttergefühl. Als Becky ihrer Mutter den Finger hinhält und ihr sagt, das sie sie liebt, antwortet Alice nicht mehr auf diese Geste - sie weiß, das diese Gefühle nur von einem Computerprogramm erzeugt wurden.

Andersons Film ist Action-Film und die Demontage eines Action-Films zugleich. Das macht es für ein Publikum so schwierig, ihn trotz der schnellen, spektakulären Handlung zu goutieren. Nirgendwo gibt es mehr Halt - weder in der Story, noch bei der Identifikation. Selbst die Kämpfe erzeugen keine Befriedigung mehr über ihre optische Wirkung hinaus. Anderson entschlackt den Action-Film von beinahe allen typischen Emotionen schürenden Elementen und schließt mit dieser Rekonstruktion wieder den Kreis zum Beginn des Films und der Grundidee eines Computerspiels. Die Zusatzbezeichnung "Retribution" erweist sich als ironischer Kommentar, denn Vergeltung übt hier Niemand - wer sollte auch und bei wem? (8/10)

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