Zunächst sollte ich vielleicht erwähnen, dass ich die Computerspiele nur vom Namen her kenne. Computerspiele -ganz gleich welcher Art- langweilen mich. Klingt für viele wahrscheinlich komisch, ist aber so. Auch gehöre ich nicht zu den Leuten, die einen Film unbedingt an seiner Vorlage messen, sondern als (hoffentlich) eigenständige Neuinterpretation betrachten.
Ich war ja etwas skeptisch, ob Paul W.S. Anderson den Techno-Style-Ästhetik-Irrsinn von "Afterlife" nochmal erreichen, geschweige denn toppen kann. Ich wurde jedoch nicht enttäuscht. Ganz im Gegenteil. Was bitteschön ging denn hier ab? Einfach nur geil! 90 Min. lang nur audio-visuelles Dauerfeuer, nahezu ohne Pause und ohne Kompromisse. Gesetze von Zeit und Raum werden außer Kraft gesetzt. Auf Nebensächlichkeiten wie Realismus, Logik und Schwerkraft wird mit einer bemerkenswerten Konsequenz verzichtet. Sie würden auch nur stören. Willkommen in der Action-Horror-Wunderwelt von Alice! Schnallen Sie sich fest an und genießen Sie den Trip!
Mit nahezu an Wahnsinn grenzender Präzision werden Bewegungen ausgedehnt, umgekehrt, verlangsamt, beschleunigt, zelebriert. Bis nichts mehr übrig bleibt, als pure Ästhetik. Kinetisches Kino in Perfektion, passend untermalt mit einem stampfenden Soundtrack, der die Bilder nicht einfach bloß untermalt, sondern mit ihnen eine Fusion eingeht. Alles passt zusammen, ergänzt sich, wirkt rund. Und dann noch diese Dynamik. Wo den meisten ähnlich gelagerten Action-Videoclips irgendwann die Puste ausgeht, setzt Anderson immer noch einen drauf. Immer überraschend in seinem kindlichen Ideenreichtum und verblüffend im Aufbau der Bilder. Und, wie auch beim Vorgänger "Afterlife", mit einem bemerkenswerten Gespür für Timing und Stil. Bei genauerer Betrachtung ein visuell und akustisch sehr stimmiger, komplexer Film. Das ist mMn nichts anderes als Kunst!
Inhaltlich ist das Ganze natürlich absoluter Trash, aber eben auf einem verdammt hohen Niveau. Aber wie definiert man eigentlich einen "guten" Film? Ich finde "Resident Evil - Retribution" rockt, was will ich also mehr? Dialoge dienen lediglich zur Auflockerung zwischen den Actionszenen. Nur das Nötigste wird erklärt -und das ist auch gut so. Die Bilder sprechen für sich. Eigentlich kommt dieser Film einem Comic näher, als die meisten Comicverfilmungen der letzten Jahre. Hier und da sorgen ein paar trockene Sprüche für die richtige Dosis an Humor. Hier funktioniert das mMn ausgesprochen gut. Die grotesken "Tintenfischzombies auf Speed" sorgen sowieso eher für Schmunzeln, als für Schrecken. "Resident Evil - Retribution" ist quasi der "Transformers" unter den Zombiefilmen. Bei soviel Reizüberflutung geht die 3-D-Optik fast schon etwas unter, aber hier und da wird die Räumlichkeit durchaus effektiv genutzt. Das völlig groteske Ende rundet diese monströse ADHS-Techno-Action-Horrorshow perfekt ab. Mr. Anderson, was soll denn jetzt noch kommen? Ich bin jedenfalls gespannt. Teil 6 kann kommen!
10/10