Vorab erst einmal: dieser Film ist kein üblicher Skandalfilm. Die Gewalt in diesem Film ist ausnahmsweise, auch wenn das hier einige anders sehen, keine Berechnung. Sie ist notwendig.
**** ACHTUNG, MÖGLICHE SPOILER! ****
Die Aussage des Films ist letztlich auch nicht das, was eine oberflächliche Betrachtung des Films nahe legt.
Es geht nicht um ein Plädoyer gegen Selbstjustiz oder gegen Gewalt gegen Frauen.
Es geht schlicht um die Vergänglichkeit! Dass das den meisten nicht aufleuchtet, ist mir ein Rätsel, zumal der Wahlspruch des Films gleich zweimal (am Anfang und am Ende) in dicken Lettern präsentiert wird: "Le Temps détruit tout" - die Zeit zerstört alles!
Deswegen, und NUR deswegen ist der Film konsequenterweise rückwärts erzählt. Dies dient dazu, in jedem schönen Bild am Ende, in jeder Aussage der Protagonisten, die Vergänglichkeit derselben zu erkennen, denn man hat ja schon die Demontage der Schönheit, der Meinungen und des Charakters zu Anfang erlebt.
Alex' Schönheit wird zerstört. Pierres besonnenes und intellektuelles Wesen wird am Ende (am Anfang!) in rohe Affektgewalt aufgelöst. Gerechtigkeit wird zerstört , denn es wird am Ende (am Anfang....) der falsche getötet.
Sex wird zur rohen Gewalt.
Daher ist alles (!) was der Film zeigt, nur konsequent und absolut notwendig. Nichts ist pure Berechnung! Nur durch starke Bilder am Anfang spürt man am Ende die Vergänglichkeit, die den schönen Bildern und dem liebevollen Pärchen innewohnt. Dass Alex schwanger ist, verstärkt das Gefühl. Auch durch Fortpflanzung entgehen wir nicht der unerbittlichen Zerstörungskraft der Zeit.
Die scheinbar "hellseherischen" Elemente, in denen Alex ihren Traum vom Tunnel schildert, oder Marcus seinen Arm nicht spürt, sind nichts Esoterisches, sonder zeigen dass der Mensch sich seiner Vergänglichkeit zumindest manchmal bewusst ist.
Einer der wichtigsten Filme der Filmgeschichte, in jeder Hinsicht genial inszeniert.