Es ist einige Zeit ins Land gegangen, aber nun habe ich mich endlich mal an Irreversibel herangetraut. Es fällt mir immer noch schwer, meine Gedanken zu ordnen, aber ich schreibe lieber eine Rezension so lange die Eindrücke noch frisch sind.
Gaspar Noé gilt ja nicht gerade als der zimperlichste Zeitgenosse, was seine filmischen Themen angeht und man könnte natürlich versuchen, Irreversibel in irgendein Genre zu stecken und natürlich ist der Film aus Versatzstücken mehrerer Genres zusammengesetzt: Psychothriller, Krimi, Beziehungsdrama. Dieser Film ist alles und gleichzeitig nichts davon. Ich kenne Gaspar Noé´s Absichten nicht, aber ich kann mir nur vorstellen, dass es ihm weitestgehend darum ging, beim Publikum körperliche Reaktionen hervorzurufen. Und man muss ihm zugestehen, dass er dieses Ziel mehr als nur erreicht hat. Bei seiner Premiere in Cannes verliessen die Zuschauer massenweise das Kino. Ich kann es ihnen nicht verdenken. Auch mir war unmittelbar nach Ende des Films kotzübel.
Auch wenn es Noé vielleicht in erster Linie nur um die physische Reaktion des Publikums ob der ekelhaften Vergewaltigungsszene mit Monica Bellucci und der brutalen aber unvermeidlichen Reaktion darauf, geht. Der Film bietet abseits der Gewalt auch so genügend Diskussionsstoff. Irreversibel ist bei aller Provokation auch eine schonungslose Dekonstruktion der Illusion, in jedermanns Sprache normalerweise "Sicherheit" genannt. Er zeigt wie das Schicksal selbst den unbescholtensten Normalo mit brachialer Wucht treffen kann.
Auch wenn Noé als Vorlage nur ein dresisetiges Manuskript und dadurch die Dialoge durchweg improvisiert sind, macht das gerade den grössten Reiz von Irreversibel aus. Alles wirkt so authentisch, dass der verstörende Effekt noch umso intensiver wird. Das Lob für Monica Bellucci für ihren Mut ist zwar schon sehr üppig ausgefallen, aber ich kann mich nur anschliessen. Die Frau hat meine Hochachtung. Auch Vincent Cassel und Albert Dupontel verdienen Respekt für ihre Mitwirkung an diesem Projekt. Die Tatsache, dass sie ihre Dialoge improvisieren mussten, hat das Spielen ihrer Rollen wahrscheinlich nicht einfach, dafür aber mit Sicherheit reizvoll gemacht.
abschliessendes Fazit:
Gaspar Noé ist mit seinem experimentellen Projekt Irreversibel erneut ein Film gelungen, der Kritik und Publikum spaltet. Nun kenne ich die Absichten hinter dem Projekt nicht, kann mir jedoch nicht vorstellen, dass sich Noé nur an gelungener Provokation aufgeilt. Mir selbst hat der Film genug zu denken gegeben. Dennoch enziehe ich mich einer Bewertung, da ich es unmöglich finde, den Film mit normalen, objektiven Maßstäben zu betrachten oder zu rezensieren.