Review

Was will man großartig zu "The ABCs of Death" sagen? Dass ein solches Konzept von vorne herein zum Scheitern verurteilt ist? 26 Kurzfilme in einer Anthology macht selbst bei 2 Stunden Spielzeit keine 5 Minuten pro Episode. Und im Ernst, was will man in 5 Minuten schon großartig zeigen, das irgendwo auch nur annähernd eine spannend und stringent erzählte Geschichte bietet? Darüber hinaus werkeln hier 26 Regiesseure mit einem Minimalbudget von 5000 Dollar für ihren Buchstaben. Zugegeben, ich stecke heutzutage nicht mehr so im aktuellen Geschehen um den Horrorfilm drin (was auch daran liegt, dass gefühlt wesentlich mehr produziert wird, als noch vor 10 Jahren, als ich mich wirklich intensiv mit jedem Horrormüll auseinandergesetzt und das gerne mal hier unter meinem alten Nickname The Mole in Reviews gefasst habe). Von daher sagen mir viele der Regiesseure genau so wenig, wie ihre bisherigen Werke. Ein Umstand, an dem sich durch "The ABCs of Death" garantiert nichts ändern wird, denn was so manch einer hier mit den 5000 Dollar anstellt, das hätte jeder ofdb User für die Hälfte des Budgets besser hinbekommen (und dabei 3000 $ Gewinn gemacht). Trotzdem ist man ja neugierig und gibt dem ganzen eine Chance.

Aber fangen wir von vorne an und zwar mit A wie Apocalypse von Nacho Vigalondo (Timecrimes). Eine Frau ermordet ihren bettlägrigen Mann kurz vor der Apocalypse. Hier werden sicher ein, zwei nette Effekte geboten, aber das macht keinen guten "Film". Kurz und belanglos, nicht mehr, nicht weniger.

B wie Bigfoot von Adrian Garcia Bogliano bietet zwar nicht wirklich Effekte, dafür versucht er etwas Atmosphäre aufzubauen und eine Geschichte um eine Bedtimestory, hinter der mehr Wahrheitsgehalt steckt, als die beiden Erzählenden vermuten, zu erzählen. Das ist lobenswert, insgesamt sicher auch nicht schlecht gemacht/gedacht, aber verpufft ebenfalls.

Ernesto Diaz Espinozas C wie Cycle ist dann das erste Beispiel für "was hat er mit den restlichen 4500 $ gemacht und warum gibt man ihm überhaupt 500 $ für so einen Quark". Ideenlos, sieht mies aus und hätte man dankend drauf verzichten können.

Mit D wie Dogfight liefert Marcel Samiento dann etwas ab, das erstmal wieder versöhnt. Über Sinn oder Unsinn des Kampfes zwischen Mann und seinem Hund in einer schmuddeligen Arena kann man streiten, aber es ist mit seiner Optik und der permanenten Extremzeitlupe sehr interessant. Nicht genial, wie manch einer meint, aber versiert gemacht.

Was man von Angela Bettis E wie Exterminate nicht behaupten kann. Die Schauspielerin hat eine durchaus ulkige Prämisse um eine Spinne, die sich an einem Mann rächen will, spult das aber recht witzlos und ohne nennenswerte Höhepunkte ab.

Nobura Iguchi, der Mann hinter dem Trashhighlight Robo-Geisha, hat dann mit F wie Fart das erste Episödchen, das einfach nur das Prädikat "besonders skurril" verdient. Nicht trashig-lustig, wie sein eben genanntes Werk (oder "Machine Girl" oder "Mutant Girls Squad", wo er auch seine Finger im Spiel hatte), sondern einfach nur... skurril.

G wie Gravity von Andrew Traucki ist "Found Footage"-Gülle, wie man sie trauriger nie erlebt hat. Ohne Witz, ich kann auch mit nem Surfbrett und einer Kamera aufs Meer hinausschwimmen, "kentern", etwas unter Wasser filmen und dann nochmal das Surfboard, wie es im Wasser treibt. Aber Applaus dafür, den wohl miesesten Beitrag zum thema "Found Footage" abgeliefert zu haben.

Thomas Cappelen Maling beschert uns dann mit H wie Hidryo-Electric Diffusion den zweiten skurrilen Beitrag. Seine Tom und Jerry trifft Naziploitation-Variante mit Tierkostümen ist schräg, bescheuert, überdreht und genau daher spassig.

I wie Ingrown oder eher "Ich werde das Gefühl nicht los, dass Regiesseur Jorge Michel Grau ("Wir sind was wir sind") hier irgendwie poetisch oder intelligent wirken will" (was als Titel natürlich ziemlich unhandlich wäre) ist ein erneuter Totalausfall. Eine Frau sitz gefesselt in der Wanne, ein Kerl injiziert ihr etwas, sie kratzt sich blutig auf, kotz und stirbt. Dabei gibt es ziemlich sinnfreie Kommentare von ihr aus dem Off. Da ist mir die Furzorgie doch sympathischer gewesen^^

Gleiches gilt für Yudai Yamaguchis ("Meatball Machine" -> irgendwie ist hier eh das "Who is Who" des Japano-Splatter-Trashs" vertreten) J wie Jidai-Geki, der ein nicht ganz nach Plan verlaufendes Seppuku-Ritual zeigt. Nicht ganz so skurril wie F, aber dafür mit seinen obskuren Masken wirklich unterhaltsam und nicht einfach nur seltsam.

K wie Klutz heisst es für Anders Morgenthaler. Hätte man auch K wie Kot nennen können, denn hier kämpft eine Zeichentrickfrau gegen ein Häufchen, das sich partout nicht runterspülen lassen will. Ist auf jeden Fall nett gezeichnet und, ich gebe es einfach mal zu, genauso trashig-unterhaltsam, wie es grenzdebil und bescheuert ist.

In der FSK Fassung (Gott lobe England für günstige Uncut-Bluy-Rays) fehlt Timo Tjahantos L wie Libido komplett und es verwundert eher wenig. Der erzwungene Wichswettbewerb zu Perversitäten vor maskiertem Publikum fällt brav in das Genre Torture Porn und ist nicht nur mit kranken Ideen bestückt, sondern auch mit etwas Splatter (was bisher übrigens nur A und I wirklich boten!). Definitiv eine der besseren Episoden, aber umhauen tut mich das auch nicht.

Von Ti West ("The Innkeepers")hab ich, Schande über mich, bisher noch nix gesehen ausser seinen M wie Miscarriage. Da seine Episode wirklich extrem kurz ist, lässt sie so ziemlich keinen Rückschluss auf sein Talent zu. Die Idee eine panische Frau vor verstopftem Klo (irgendwie spielen hier Klos eh eine sehr große Rolle) zu zeigen, die dann einen Pümpel sucht um die (Achtung, jetzt verrate ich die Pointe) Totgeburt endlich runterspülen zu können, läuft zugegeben auf eine Pointe hinaus, kommt schnell zum Punkt (beides Dinge, die nicht jede Episode besitzt), aber ist letzten Endes nur geschmacklos und bei weitem nicht so "witzig" wie Herr West sich das gedacht hat. Da waren 4750$ wohl die Gage, der Rest ging für die Darstellerin drauf.

N wie Nuptials von Banjong Pisanthanakun läuft ebenfalls recht pointiert ab und ist als etwas zu lang geratener Witz um einen Papagei, der mehr sagt, als seinem Herrchen gut tut, durchaus unterhaltsam.

Bruno Forzani und Helene Cattet zelebrieren in O wie Orgasm dann schlichtweg nett anzusehende, stilsicher inszenierte Bilder, ohne dass irgendwas dabei wirklich "filmisch" wirkt. Es sind schön ausschauende bewegte Bilder. Mehr nicht.

Im Gegenteil zu Simon Rumley und P wie Pressure. Um die Miete für sich und ihre Kinder (oder Geschwister oder sonstwas) zahlen zu können, spielt eine Frau in "Pornos" mit, in denen sie kleine Kätzchen in High Heels zertreten muss. Es gibt genug ähnlich geartete kranke Scheisse, das man das durchaus nicht als Hirngespinst abtun kann und Rumley damit vielleicht sogar soetwas wie eine Aussage beabsichtigt. Inszeniert ist das Ganze per se gut, kommt ohne grafische Effekte aus, aber ist letzten Endes auch nur ganz in Ordnung, da für wirkliche Kritik mehr Zeit von Nöten wäre.

Q wie Quack beschreibt Adam Wingards Odyssey mit dem Buchstaben Q etwas anzufangen. Die Idee und Umsetzung sind zwar durchaus leidlich charmant, aber letzten Endes ist es dann doch belangloser Quark.

Srdjan Spasojevic ist da mit R wie Removed besser bedient. Der Film ist rätselhaft, hat einige Effekte, aber wirklich etwas sagen tut einem der rätselhafte Film nicht. Überzeugen tut der Beitrag also auch nicht wirklich, aber Spasojevic hat, wie schon in "A Serbian Film", ein gutes Gespür für eine gewisse dreckig-bedrohliche Atmosphäre.

S wie Speed von Jake West wirkt grindhousig, ist mit seiner platten Symbolik, dass Junkies in einem Wettlauf mit dem Tod sind, sicher nichtmal der anspruchloseste Beitrag, aber irgendwo gänzlich belanglos.

T wie Toilet (ein beängstigendes Leitmotiv des Film) von Lee Hardcastle ist durchaus einfallsreich, leidet aber unter den unsympathischen Knetfiguren. Trotzdem ein nett-böser Beitrag und ganz passabel.

In U wie Unearthed wohnen wir dank Ben Wheatley einer Vampirexekution aus der Sicht des Vampirs bei. Gut gemeint, souverän umgesetzt, aber belanglos.

Der Titel von V wie Vagitus klingt bescheuert, aber bildet meiner Ansicht nach den besten Beitrag. Kaare Andrews Film sieht nicht nur nach einem bedeutend höheren Budget aus, er ist splattrig, hat eine ordentliche Atmosphäre und ein gut erdachtes Setting. Zwar kann man in dieser dystopischen Zukunftsvision schwer ausgefeilte Kritik unterbringen (da sind die 5 Minuten doch zu restriktiv), aber die Grundidee gefällt und hier hätte ich gerne 20 Minuten mehr gesehen. Fehlt übrigens in der FSK Fassung, wohl auch dank der Kindesermordung.

W wie WTF. Mehr braucht man zu Jon Schnepps Beitrag nicht sagen. EIn Brainstorming abgedrehten Schwachfugs. In den einzelnen Ideen zwar definitiv witzig, aber im gesamten doch zu überladen und zu unfokusiert.

X wie XXL von Xavier Gens ("Frontiers", "Hitman") ist definitiv der blutigste und härteste Beitrag dieser Anthologie. Auch hier kann man einen eventuell kritischen Grundgedanken erkennen. Dieser wird natürlich nicht intensiv ausgearbeitet, aber man merkt in dieser zweitbesten Episode, dass hier jemand hinter der Kamera stand, der weiss was er tut und aus 5000 $ einiges rausholen kann. Fehlt wenig überrascheind in "22 Ways to die".

Jacob "Hobo with a Shotgun" Eisener liefert mit Y wie Youngbuck einen weiteren Beitrag der Marke skurril. Nicht weil seine Geschichte um die Rache eines missbrauchten Schuljungen an sich abgedreht ist, eher weil die 80er Jahre Musik so derbe deplatziert wirkt, dass es irgendwo einfach strange ist. Aber durchaus nett gemacht und definitv eine der besten Episoden. Fehlt natürlich (?) in der FSK Fassung.

Z wie Zetsumetsu von Mr. Japano-Splatter-Trash Yoshihiro Nishimura (ebenfalls verantwortlich bei "Toyko Gore Police", "Helldriver", "Mutant Girls Squad" und "Vampire Girl vs. Frankenstein Girl") ist abgedrehter als alles, was er uns bisher geboten hat. Ich mag seine vier bekannten Splatter-Trash-Granaten (insbesondere die "TGP" und "VG vs. FG"), aber egal, was er genommen hat, als er sich Zetsumetsu erdacht hat... ohne ist er besser. Zetsumetsu ist eine wirre Mischung aus Riesendildos mit Katanaklingen, Reis, Sperma, Blut, Hakenkreuzen, Penissen, Titten und was weiss ich. Skurril, abgedreht, aber nicht mit der trashigen Treffsicherheit seiner anderen Werke.

Das sind die 26 Beiträge. Man merkt, der ein oder andere hat mir gefallen, manches war mittelprächtig, anderes unbewertbar seltsam und einige waren schlichtweg für die hier oft vorkommende Toilette. Am Ende bin ich ratlos. Denn für wen ist der Film gedacht?

Horror/Atmosphäre gibt es eh nur in ganz wenigen Episoden und selbst da oft nur in Ansätzen. Gesplatter für den Gorehound gibt es auch selten und warum sollte jemand, der wahre Horrorperlen mit Gewaltspitzen schauen kann, wegen den wirklich heftigen/blutigen Episoden L, R, V und X reinschauen? Unterm Strich würde ich eh nur D, H, J, K, V und X als gute Episoden bezeichnen. Skurrillitätsbonus gibt es für F und Y (da W und Z zu wirr sind). Der Rest ist entweder okay, aber insgesamt belanglos oder gar richtig schlecht (C, E, G, I, M).

Allgemein fehlt der Anthologie eh ein richtiges Konzept. Es gibt Splatter, kritische Ansätze, verrückten Humor, guten, sowie nur überdrehten Trash und langweiliges Füllmaterial. Nirgendwo findet sich eine echte Grundidee (wie "Vorlage Edgar Allen Poe" oder "Gruselgeschichten" oder "Lass uns drauflos splattern"). "The ABCs of Death" hinterlässt einen derart un-homogenen Eindruck, dass ich am Ende wirklich ratlos bin.

Dank der überzeugenden Episoden komme ich zu dem Urteil, dass der Film in seiner Gesamtheit doch noch mittelprächtig ist, aber wirklich gerecht wird man mit dieser Wertung kaum einer der Episoden.

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