Der Werwolfmythos läuft filmisch meist auf sehr abgefahrenen Gleisen, nur selten gelingt es, das Genre durch irgendein Stilmittel zu beleben, was nicht zuletzt daran liegt, daß, sobald er erst mal in das Monster verwandelt wird, der Betreffende nicht mehr unser Mitgefühl hat. Es ist nicht Menschliches mehr an ihm, nur noch reißende Bestie.
Mike Nichols geht die Sache anders an und beschränkt sich in „Wolf“ nur auf das Nötigste, wenn es darum geht, das entfesselte Monstrum zu zeigen. Stattdessen inszeniert er eine moderne Variante des Kampfes im Berufsleben, daß durch die Erweckung tierischer Instinkte in eine völlig neue Richtung läuft.
Es ist im Nachhinein schwer vorstellbar, daß der Film ein Hingucker gewesen wäre, hätte nicht Jack Nicholson die Hauptrolle übernommen.
Sein haifischähnliches Grinsen macht den Großteil des Spaßes hier aus, man könnte es auch seine „eh wölfische Natur“ nennen, die ihm etwas Überlebensgroßes gibt, daß die Rolle verlangt, damit man sich noch einmal auf sie einläßt.
Natürlich kommen wir auch hier nicht ohne Liebesgeschichte aus, allerdings bleibt der Handlungsstrang mit Michelle Pfeiffer (die auch einen abseitigen Touch hat, wenn sie will) leicht unterentwickelt und wird nur als Motor der Handlung benutzt, nicht um wirklich Gefühl in den Film zu pumpen.
Das überwiegende Interesse generiert sich aus den Veränderungen, die der Wolfsbiß für den Verlagslektor und Kundenbetreuer Will Randall bedeuten. Selbst schon ausrangiert und zu müde, den Bemühungen angriffslustiger Konkurrenten innerhalb des Hauses noch zu begegnen, kehren plötzlich Triebe und durchs Alter beschädigte Sinne wieder zurück. Seh-, Geruchs- und Hörvermögen werden geschärft und der alte Wolf wird angriffslustig.
Dagegen ist es fast konventionell enttäuschend, wenn dann tatsächlich ein Wolfsmensch wie üblich auf die Pirsch geht und Opfer reißt. Will verfrühstückt dabei vornehmlich Böslinge und selbstverständlich gibt es noch einen Plot-Twist: einen zweiten Wolf, der um die Schöne des Biestes konkurriert.
Nichols erspart uns dankbarerweise den Fell- und Plüschfiffi im Kostüm und greift auch nicht zu FX-Orgien, um die Verwandlung noch haariger und spannender zu machen. Nicholson setzt schlicht und ergreifend Reißzähne und Krallen an, bekommt ein paar extrem haarige Koteletten und läuft alsbald wohl mit Sprungfedern in den Schuhen herum.
Die raumgreifenden Sprünge sind dann auch beim Showdown am effektvollsten, wenn es doch noch Action gibt, als man schon gar keine mehr erwartet hatte.
Insgesamt zieht der Wolf also wild, aber nicht monströs aus und kommt damit auch wesentlich überzeugender rüber, da man noch den Schauspieler erkennt und nicht nur den Flokati.
Dank der namhaften Darsteller ein bissiger und stimmungsvoller Film, der sich sogar noch sowas wie ein Happy End gönnt, wo sonst nur Erlösung und Asche vorherrschen. Auf jeden Fall eine moderne Variante, die man sich ansehen kann und die einen nicht mit dem ewig gleichen Plot nervt. (8/10)