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Chinesische Neujahrskomödie von Shang Jing, der kurz zuvor mit My Own Swordsman (2011) die erfolgreiche und tatsächlich auch danach aussehende Kino-Vermarktung einer bis dahin als Theater und Sitcom funktionierenden Episodenreihung um ein kleines, privates Restaurant in der period piece Zeit geschaffen hat. Crazy Dinner ist im Grunde die Fortführung dessen, nur dass die Wanderung diesmal in die Gegenwart und ein Fünf-Sterne-Essenstempel, ansonsten aber mit ähnlicher Begrenzung an Örtlichkeit und den dorthin 'gefangenen' Gästen und auch Nicht-Eingeladenen stattgefunden hat. Aus der durchaus weiterhin interessanten Grundidee wird hier nur nicht erneut das kleine Kunststück einer inhaltlich und optisch vielfältigen Humoreske mit Schmackes, sondern eher die zeitweise blasse Groteske und so ein doch weniger bekömmliches Mahl voller vieler Schwindel gezaubert. Zuweilen arg überdreht, unruhig und unwohl in seiner Haut:

Das noble Restaurant „Heaven Garden“, unweit vor den Toren der Stadt in einem Waldstück gesetzt, steht durch Misswirtschaft seines Betreibers Boss Feng [ Liu Hua ] kurz vor dem finanziellen Aus. Um den Anschein vor dem potentiellen Käufer Monica [ Monica Mok] zu wahren, organisiert der Pleitier zusammen mit einem seinem vielen Gläubiger, dem ansonsten nichtsnutzigen Shrimp [ Ba Duo ] einen letzten offiziellen Abend, der ganz verschiedene Gäste und mehrere unfreiwillige Überraschungen bereithält. So hat nicht nur Monica, die eigentlich nach einer brisanten CD und ihren hochgeheimen Filmaufnahmen über einen Mord in Triadenkreise her ist, sondern auch der Rest der Gesellschaft, wie der Kung Fu Star HS [ Huang Bo ], ein Gangsterboss [ Han Tong-sheng ], die angebliche Kellnerin und eigentliche Diebin Butterfly [ Dai Lele ], der prominente Feng Shui Experte Master Tan [ Fan Wei ] und sein Chauffeur Cai [ Liu Ya-jin ] Anderes als den normalen Ausgehabend im Sinn. Zudem ist ein Clown, zwei Engel und heiratswilliges Pärchen anwesend, dessen Anstandsdame ausgerechnet der Polizist Mei [ Liang Guanhua ] samt Instinkt für Kriminalität und unerbittlicher Wahrheitsfindung auch angesichts eines in der Küche platzierten Giftes bald gefragt ist. Trubel ist angesagt.

Wie es der Zufall so spielt, ist nicht nur das „Heaven Dragon“ außerhalb der Metropolen an einem eher abgeschiedenen Ort, quasi für die Touristen und Durchreisenden auf absichtlichen oder fälschlicherweise eingeschlagenen Umweg gesetzt. Ähnlich verhält es sich auch mit der Geschichte, die anfangs ihre Not und Mühe hat und eine Weile braucht, bis man sämtliche Figuren auch tatsächlich auf ihrem Platz am Tisch reserviert hat. Darstellerisch immerhin (lokal, dass heißt für China bekannt) prominent, wenn auch diesbezüglich eher mit den lauten Darstellern im hektischen Louis de Funes Gehabe besetzt, gestaltet sich das Unternehmen der gegenseitigen Betrügerei, Belügerei und allgemeiner niederer Motive mit wenigstens der Unterhaltsamkeit von Skurrilität und Absurdität reflektiert. Die verschiedene Parteiensetzung, der Hang zum Übertreiben und dem Alles-ist-möglich Motto sowie das tatsächlich sehende und auf den Einsatz von auffälliger Inszenierung auch Wert legende Auge des Regisseurs legen immerhin ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit und gepflegter Prägnanz an den Tag. Ein Urteil, dass man bei Weitem nicht über jede lunar new year comedy und vor allem nicht die jüngeren Datums, vorzugsweise der modernisierten All's Well End's Well und der I Love Hong Kong Reihe und ihrer blassen Banalität nach Rezept fällen kann.

Hilfreich ist das grundsätzliche Handgemenge, ein Schlenkern und Schubsen aller hier Beteiligten, der Einsatz von MacGuffin, Kniffen, Trick- und Falltüren unterschiedlichster Art sowie das Beharren auf eine angemessen kurze Laufzeit; der Spuk dieser Mischung aus Das Große Fressen, Eine Leiche zum Dessert, und Stars in der Manege ist pünktlich mit Gong geläutet. Bevor die großen Kopfschmerzen beginnen und das Völlegefühl samt Sodbrennen sich ausbreitet, ist quasi und zum Glück auch wieder Schluss, Aus, und Vorbei. Bis dahin hätte man aus der Gesamtheit an Prämisse und der Theorie an Situationen und Situationskomik sicherlich mehr herauswringen können als die hiesigen verschiedenen medialen Beigaben von Comic, zu Anime, zu Werbung, TV-Auftritt und Film, sowie der Reflexion von Yin und Yang in verschiedenerlei Anspielungen. Auch die Darbietung vieler Exzentriker und lukullischer Köstlichkeiten reicht nicht aus, um die Tafel wirklich reichhaltig zu decken, was angesichts des Zeitpunktes der Aufführung, also der Zusammenkunft von Familien während der Feierlichkeiten und der dort erwarteten Zerstreuung auch bestimmt nicht das größte Ziel der Produzenten ist.

Gesehen, so halbwegs, wenn denn überhaupt genossen und dann auch schon wieder vergessen lautet die Devise und hier mit Abstrichen auch der Bescheid. Als Choreograph von wilden Attacken – besonders herausstechend ein Kampf der Frauen in der Luxusküche, die danach in Rhythmus und Gegenrhythmus zu einem Schlachtfeld hin demoliert wird –  , und auch dem Wissen um verrücktere Ideen ist Shang auf jeden Fall im Hinterkopf zu behalten, auch wenn das nächste Mal wieder mehr aus dem kreativen Ärmel und nicht nur dem Kessel Buntes heraus geschüttelt werden kann.

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