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Suzuki Seijun ist 'ne coole Sau. Fakt. In den 60ern dehnte und streckte er die Vorgaben des Studio-Genre-Kinos, so weit es nur irgendwie ging. Damals ließen die Studio-Bosse ihren Regisseuren so gut wie freie Hand, solange nur einige Grundkomponenten gewährt blieben: reichlich Gewalt und Sex, ein enges Genre-Korsett, Drehbuch und Hauptdarsteller meist direkt vom Studio geliefert, und vor allem schnell und billig produziert. Solange die Filme ihr Geld wieder einspielten, ließ man den Filmemachern ihren Spaß - eine ähnliche Situation, unter der in den 90ern frische Regietalente mit Miike Takashi im japanischen Studiosystem heranwachsen konnten.
Suzuki hat es trotzdem geschafft, den Bogen zu überspannen. War er seinem Studio durch seine zunehmend surrealen und durchgeknallten Gangster-Open schenll ein Dorn im Auge, platzte den Nikkatsu-Bossen nach "Branded to Kill" der Kragen und Suzuki wurde fristlos gefeuert. In den Folgejahren hielt er sich als Schauspieler über Wasser udn drehte später noch einige ambitionierte Independent-Arthouse-Filme, aber die stilistische Finesse, den explosiven Einfallsreichtum und den schrägen Humor seiner Studiofilme hat er infolge des Bannes, der es ihm auch unmöglich machte, für andere Studios zu drehen, nie wieder erreicht. Man kann nur spekulieren, welche ungefilmten Meisterwerke der Filmgeschichte uns dadurch abhanden gekommen sind. Mittlerweile gilt Suzuki jedenfalls auch in Japan als Schutzheiliger der Filmkunst, und "Branded to Kill" strahlt als genialistischer Höhepunkt seiner Karriere heute auch weit über die Landesgrenzen hinaus.
Warum nun der ganze Wirbel um den Film? "Branded to Kill" entzieht sich jeder Beschreibung. Das ursprüngliche Studio-Drehbuch ist eigentlich ein armseliger Killerplot um Hanada, den Killer Nr. 3, der nach einem missglückten Attentat im Auftrag einer mysteriösen Frau vom Killer Nr. 1 gejagt wird. Alles klar? Suzuki kocht daraus ein brilliant bebildertes Süppchen aus absurden Killerduellen, schrägen Attentaten, noch schrägeren Sexszenen, einer Erzählung, die auf jegliche Kontinuität fröhlich preift und viel, viel absurdem Humor. Hauptdarsteller Shishido Jo, abonniert auf toughe Yakuza-Helden, nimmt sein Image gekonnt auf die Schippe. Hier muss es sich von Suzuki auch ein paar herbe Angriffe auf seine Männlichkeit gefallen lassen, die er derart lässig wegsteckt, dass man ihr dafür nur bewundern kann. Vom Studio gezwungen, in preiswertem Schwarz-Weiß zu drehen, entpuppt sich Suzuki, der Meister der grellen Farben, auch als meister exquisit komponierter Schwarz-Weiß-Bilder.
Suzuki hat immer gesagt, dass es ihm beim Filmemachen um den Spaß geht, nicht um Kunst, und dass er sich nicht ganz wohl damit fühlt, dass seine Filme eher in die intellektuelle Avandgarde-Ecke gepackt werden. Jim Jarmusch hat zum Beispiel eins der Attentate aus "Branded ro Kill" eins zu eins in [uel=http://www.imdb.com/title/tt0165798]Ghost Dog[/url] nachgestellt. In Wahrheit liefert Suzuki wohl die brillianteste Verbindung beider Welten: Kunstfilme, die auch hemmungslos albern sind, keinen tieferen Sinn transportieren wollen und groben Unfug mit stilistischem Vor- und Querdenken verbinden. Bizarr, schräg, innovativ, absurd und cool - welcome to the wondeful world of Suzuki Seijun!

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