Branded To Kill
(Rapid Eye Movies)
Wir schreiben das Jahr 1967. Die Filmgesellschaft Nikkatsu, festgelegt auf klassische Krimi-Produktionen, beauftragt den langjährig für sie arbeitenden Regisseur Seijun Suzuki mit einer weiteren Auftragsarbeit. Man hoffte auf seine Kooperation, sich den eng gesteckten, steifen Vorgaben seiner Vorgesetzten zu beugen, und einen weiteren Kriminalfilm zu drehen. Die vorangegangene Produktion unter Suzukis Regie war ein alle damaligen Grenzen sprengendes Experiment gewesen, den Kriminalfilm in ein poppiges Yakuza-Musical umzuwandeln, wobei das Endprodukt den Produzenten übel aufstieß (heute wird Tokyo Drifter als absoluter Kultfilm verehrt!!!). Als das fertige Produkt namens Branded to Kill von Suzuki vorgeführt wurde, führte dies zum endgültigen Bruch. Zu offensichtlich war die sichtbare Unzufriedenheit Suzukis mit seinen Arbeitgebern und deren vorgegebenen Bedingungen. Das Drehbuch wurde geflissentlich vernachlässigt, und das Hauptaugenmerk auf den Aufbau einer streng gestalteten, surrealen Welt gerichtet, die in schwarz-weiß gefilmt dem visuell klassischen Stil des Noir folgte, doch eine offensichtliche Hierarchiekritik am herrschenden System darstellte. Hier wurden in einem anarchistischen Wahnsinn alle filmischen Regeln aufgebrochen, Gewaltszenen ironisch überspitzt, und sexuelle Handlungen explizit dargestellt.
Die Geschichte ist relativ einfach erzählt. Eine Organisation beschäftigt eine Gruppe von Killern. Diese haben, um die Anonymität zu wahren, Nummern statt Namen. Unser Protagonist ist die Nr. 3, Nr. 1 ist ein allen unbekanntes Phantom. Bei seinem aktuellen Einsatz macht Nr. 3 (dargestellt von Joe Shishido, der sich für seine Rolle die Wangen hat aufspritzen lassen, und damit aussieht wie ein getretenes Meerschweinchen) einen schwerwiegenden Fehler. Statt des Zieles tötet Nr. 3 versehentlich ein fremdes Opfer. Nun wird der Killer selber zum Gejagten, da ihn eine Frau namens Misako auslöschen soll. Zwischen Opfer und Jägerin bahnt sich jedoch eine Beziehung an. Ist sie das unbekannte Phantom Nr. 1???
Branded to Kill besticht durch seinen visuellen Übermut. Ähnlich wie bei Arbeiten von Dario Argento oder Mario Bava (beides von mir sehr geschätzte Regisseure!) steht der Stil oft über der Story. Trotz allem ist auch hier oft die Stilgestaltung eine Unterstützung der Geschichte. Ein visuell überbordendes Pop Art – Event, in welchem der Regisseur seinen, wie er es im Interview nennt, Spaß daran hat, „große Dinge kaputtgehen zu lassen“ .
Rapid Eye Movies liefert mit Branded to Kill in ihrer Reihe Nippon Classics diesen Kultfilm in überragender Qualität. Das Bild ist gut aufbereitet worden, der Ton liefert sauberen Mono-Sound. Wie immer in dieser Reihe liegt neben der japanischen Originaltonspur eine deutsche Untertitelung vor.
Als Bonus liegen Postkarten, Poster, und auf der DVD eine Trailershow und umfangreiche und sehr informative Interviews mit dem mittlerweile 84 - jährigen Regisseur Seijun Suzuki, dem Hauptdarsteller Joe Shishido und dem Set Designer Takeo Kamura vor. Seijun Suzuki hatte in seiner Karriere leider nie wieder diese Höhenflüge wie bei Tokyo Drifter oder Branded to Kill. Da seine Kritik am damals herrschenden System der Filmindustrie ihm seinen Biss gab, verlor er diesen später, als die Filmfirmen lockerer und moderner wurden.
Branded to Kill ist ein Film, bei dem es mich freut, ihn in einer entsprechend guten Ausstattung aufgelegt zu sehen, damit auch eine neue Generation sich an diesem Pop-Art Meisterwerk erfreuen kann!
CFS