„Broken Thriller"
Um den guten alten Thriller ist es schon seit langem gar nicht mehr gut bestellt. Das einstige Vorzeigegenre hat kaum noch ein Publikum und fristet im Kino ein trauriges Schattendasein. Wenn sich dann doch mal wieder jemand traut, abseits diverser Geister- und Spukgeschichten oder anderer Auswüchse des im Stakatto-Rhythmus auf uns einprasselnden Horrorfilms für Spannung zu sorgen, dann fährt er die Chose garantiert so gegen die Wand, dass jeder halbwegs gewinnorientierte Produzent - also alle - sich lieber wieder auf Konsolenartige CGI-Sausen mit möglichst vielen darin herumturnenden Superhelden stürzt.
Es liegt also weniger - wie oft behauptet - am immer jünger werdenden Massenpublikum, das verseucht von PC-Auswüchsen und Reizüberflutung am liebsten auf jedwedes Denken komplett verzichtet und nur noch mit Schauwerten zu ködern ist. Vielmehr gelingt es zumindest Hollywood kaum mehr, durchdachte Spannungsplots zu entwickeln und so den Thriller wieder salonfähig zu machen. Die nicht weg zu diskutierende Krise ist also nicht dem „dummen" Publikum anzukreiden, sondern vor allem von den regelmäßig versagenden Autoren zu verantworten. Ein Musterbeispiel für diese Misere ist der Verschwörungsthriller „Broken City".
Es hat schon etwas Drolliges, wenn der Drehbuch-Novize Brian Tucker von der ominösen "Black List" schwadroniert, auf der sich die in Hollywood am heißesten gehandelten, noch nicht verwirklichten Drehbücher tummeln. Denn sein Script zu „Broken City" ist an Langeweile, Vorhersehbarkeit und Redundanz kaum mehr zu unterbieten. In einem Genre, bei dem ein clever arrangierter und wendungsreicher Plot mindestens die halbe Miete bedeutet, sind solche Verfehlungen natürlich tödlich.
Dabei fängt alles recht vielversprechend an. Die beiden Protagonisten - Cop Billy Taggert (Mark Wahlberg) und NYC-Bürgermeister Nicholas Hosteter (Russell Crowe) - werden von Beginn an als zwielichtige Alpha-Tiere präsentiert, die auch gern mal das Gesetz ignorieren, wenn es den eigenen Plänen oder Ansichten im Weg steht. Da haben sich offensichtlich zwei gefunden. Hier der Selbstjustiz verübende Gesetzeshüter, dort der solche radikalen „Lösungen" durchaus goutierende Politiker. Als Hosteter den inzwischen als Privatdetektiv arbeitenden Taggert anheuert um seine untreue Ehefrau (Catherine Zeta-Jones) zu beschatten, nimmt der Plot richtig Fahrt auf. Mit dem plötzlichen Tod des entlarvten Liebhabers Paul Chandler, kein Geringerer als der Wahlkampfmanager von Hosteters schärfsten Rivalen um die unmittelbar anstehenden Wahlen für das Bürgermeisteramt, gerät Taggert schließlich endgültig zwischen die Fronten einer undurchsichtigen Politverschwörung.
Nach diesem knackigen Beginn fällt „Broken City" allerdings schneller zusammen als das sprichwörtliche Kartenhaus. Die ominösen, vermeintlich schockierenden und sinistren Machenschaften entpuppen sich als öder Immobilienskandal, der bestenfalls solides TV-Krimi-Format hat. Dazu verzettelt sich die Handlung in einer langatmig erzählten Liebesgeschichte, die für den Hauptplot keinerlei Relevanz besitzt und gegen Ende einfach fallen gelassen wird.
Auch die optisch gekonnt umgesetzte Noir-Atmosphäre ist letztlich ein leeres Versprechen. Weder Taggert noch Hosteter offenbaren im Verlauf irgendwelche Charakteruntiefen oder gar Entwicklugen, die nicht schon in der Eingangssequenz offen ausgebreitet worden wären.
Noch schlimmer verhält es sich mit den Nebenfiguren, die motivisch und Twist-spezifisch oft interessantesten Bausteine des Noir-Setzkastens. Es ist fast schon sträflich, wie wenig Entfaltungsmöglichkeiten man so variabel einsetzbaren Mimen wie Jeffrey Wright (NYC Police Commissioner), Barry Pepper (Hosteters Rivale Jack Valliant), Kyle Chandler (Paul Andrews) und Catherine Zeta-Jones gewährt. Sie haben kaum mehr zu tun als bedeutungsschwangere Blicke in gekonnt ausgeleuchteter und schick ausgestatteter Bedrohlichkeits-Atmosphäre auszutauschen, was die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit umso deutlicher hervortreten lässt. Der einzige darstellerische Lichtblick ist Russell Crowe, der einen herrlich schmierig-öligen Stadtoberen gibt und das Beste aus seiner klischeehaften und vom Drehbuch viel zu oberflächlich angelegten Rolle herausholt. Leider agiert Wahlberg ihm gegenüber recht hölzern und auf Cop-Autopilot schaltend, so dass auch dieses groß angekündigte Schauspielduell eine recht einseitige Angelegenheit wird.
Regisseur Allen Hughes hat seine Vielseitigkeit schon öfter unter Beweis gestellt und beispielsweise mit „From Hell", oder „Book of Eli" auch knackige Genre-Kost serviert. Trotz Mark Wahlbergs Engagement (er fungiert hier auch als Produzent), stimmiger Kameraarbeit und eines mehr als ansehnlichen Cast, kann aber auch ein Routinier wie er dem unausgegorenen und uninspirierten Buch kein Leben einhauchen. Für die Zukunft des Thrillers verheiß das nichts Gutes. Schließlich war Tuckers Script auf der illustren „Black List" der besten noch unproduzierten Drehbücher Hollywoods. Ambitionierte Autoren können das aber auch als Motivationsspritze sehen. Die Messlatte ist schließlich rekordverdächtig tief. Also nichts wie drüber, der gute alte Thriller wartet nur darauf. Und wir mit ihm.