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Oliver Stone wurde vorgeworfen, mit diesem Film das Publikum zu manipulieren. Aber, abgesehen davon, dass wohl jeder Film über historische Themen das Publikum auf die eine oder andere Weise im Sinne des Regisseurs dazu manipuliert, eine bestimmte Version der Geschehnisse zu glauben, klingt bei dem Wort "Manipulation" eine gewisse Subtilität mit. Und eines ist "JFK" sicher nicht: subtil.

Von Anfang an nimmt Stones Film den Standpunkt von Staatsanwalt Jim Garrison ein, der Ende der 60er-Jahre versuchte zu beweisen, dass das Attentat auf Kennedy nicht von Oswald allein, sondern von mehreren Schützen vorgenommen worden sei, die Teil einer Verschwörung waren, an der u.a. das CIA beteiligt gewesen sein soll. Im Laufe des Filmes trägt Garrison immer mehr Informationen zusammen, die diese Version stützen. Stones Trick, die 180 vor allem aus Dia- und Monologen bestehenden Minuten nicht langweilig werden zu lassen, ist (neben dem bis in die kleinsten Nebenrollen perfekten Casting), jedes neue Puzzleteil mit Bildern vom Tag des Attentates zu illustrieren. Diese Bilder sind eine bunte Mischung aus tatsächlichen Originalaufnahmen, im Stil von Originalaufnahmen erstellten fiktiven Szenen, echten Fotos, fingierten Fotos und klar als solche zu erkennenden Spielszenen. Diese völlige Vermischung von Dokumentation und Fiktion, das Nicht-unterscheiden-können von Wahrheit und Lüge, löst beim Zuschauer nicht nur ein immer stärker werdendes Gefühl von Paranoia aus, das mit der Entwicklung der Hauptfigur korrespondiert, sondern führt aufgrund ihrer Offensichtlichkeit auch zu einer automatischen Distanzierung zum Film. Echte manipulative Propaganda (wie z.B. Jud Süß) ist hingegen so subtil, dass sie als solche kaum zu erkennen ist.

Im Endeffekt erzieht Stone das Publikum also dazu, nicht alles zu glauben, was es im Fernsehen sieht, das Medium zu reflektieren, also auch tatsächliche Manipulationen als solche zu erkennen, ist auf der anderen Seite aber sicherlich auch nicht ganz unschuldig an der großen Anzahl von Verschwörungstheorien zu anderen Teilen der US-amerikanischen Geschichte, die in den letzten Jahren das Licht der Welt erblickten.

Insgesamt ist JFK ein spannender aber auch langatmiger, faszinierender aber auch anstrengender, erzieherischer aber auch einseitiger, vor allem aber herausragend inszenierter und gespielter Film, wie ihn nur Oliver Stone hätte machen können.

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