Review

"Bram Stoker's Dracula" weist durch den Titel schon darauf hin, dass man sich hier strikter als in den bisherigen zahlreichen Versionen stärker auf die literarische Vorlage konzentrieren möchte. Dass Coppola jedoch eigentlich darauf Verzichtet und seine eigene Interpretation kreiert ist, sein großer Glücksgriff. Anders wäre es wohl kaum möglich gewesen, dass sein Beitrag zum klassischsten Horrorstoff meiner Meinung nach die Stoffreferenz darstellt, nachdem die Ikone des Gruselwichts zuvor schon dutzende Male die Leinwand unsicher machen durfte.

Gekonnt konzentriert man sich auf die wesentlichen Aspekte und Themen des Ursprungstextes und bettet sie in eine reine 120-Minuten Augenweide. Das zum Teil stark gekünstelte und überdrehte Set und das bisweilen starke Overacting der hochkarätigen Schauspieler machen die 92er-Interpretation immer wieder zu einem Filmgenuss, der zahlreiche Querverweise zu zeittypischen Eigenarten zieht und geradezu mit Hingabe die dramatische Geschichte um Liebe, Lust und Verlust erzählt, in deren Kern eine starke Erotik angelegt ist, die in sämtlichen bisherigen Umsetzungen zu kurz kam...ausgenommen "Dracula jagd Minimädchen" vielleicht...

Keanu Reeves als etwas naiven Junganwalt Harker zu besetzen war dabei ebenso ein Glücksgriff (naiv kann der eben), wie den gerade als Psychopath par excellence in die Filmgeschichte eingegangene Anthony Hopkins als van Helsing seinem frivolen Treiben folgen zu lassen. Dann spielt Tom Waits noch die Rolle des vom Wahnsinn besessenen Renfield und die Sache sitzt.

Die Bildgestaltung ist über die gesamte Spielzeit ein Genuss und gleichermaßen eine Reminizenz an das Medium Film und das Theater.

Gary Oldman, der zu dieser Zeit mehr als Charakterdarsteller galt, verkörpert den bissigen Grafen in jung und alt mit einer gewissen Hingabe, die zeitweise einen Grad von Ironie mit sich bringt, jedoch gleichermaßen fies und unangenehm wirkt.

Die Musik ist mit dem Begriff "treffsicher" am zutreffendsten beschrieben und untermalt die visuellen Eindrücke stimmungsvoll, mal voller Drama, mal sehr zurückhaltend und geradezu melancholisch.

Somit ist festzuhalten, dass Coppolas "Bram Stoker's Dracula" definitiv in einer Reihe mit "Der Pate" und "Apocalypse Now" zu nennen ist, das sein Können hier in nahezu jeder Minute eindrucksvoll sichtlich wird. Dieser Film ist ein Klassiker des modernen Horrofilms.

Details