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Cornelis (Alexander Fehling) und Andreas (August Diehl) träumen von fernen Welten und fremden Gestaden, wie viele junge Männer ihres Alters. Da sie Anfang der 80er Jahre in der DDR leben, lässt sich dieser Wunsch nicht so leicht erfüllen, aber die Beiden denken pragmatisch - sie bewerben sich bei der Handelsmarine im Hafen von Rostock, in der Hoffnung, irgendwann auf eines der Schiffe versetzt zu werden.

Regisseur und Drehbuchautor Toke Hebbeln, selbst erst Ende der 70er Jahre geboren, entwirft in "Wir wollten aufs Meer" gezielt ein normales, unauffälliges Leben in der DDR. Die Hafenarbeiter Cornelis und Andreas sind weder politisch interessiert, noch den Institutionen gegenüber kritisch eingestellt. Im Gegensatz zu einem Film wie "Das Leben der Anderen", in dessen Mittelpunkt Intellektuelle und Künstler standen, die quasi unter Generalverdacht standen, räumt der Film mit der Illusion auf, das eine Anpassung an die Lebensverhältnisse in der DDR vor den Mechanismen des Überwachungsstaates geschützt hätte. Allein ihr legitimer Wunsch, als Matrose auf einem Handelsschiff arbeiten zu wollen, genügt schon, erpressbar zu werden. Als die beiden Männer nach drei Jahren noch immer im Rostocker Hafen arbeiten, ohne Aussicht auf eine Heuer, sind sie langsam reif, von der Stasi instrumentalisiert zu werden.

Um ihre Chancen zu verbessern, soll Cornelis seinen Vorarbeiter Matthias (Ronald Zehrfeld) ausspionieren, mit dem er befreundet ist. Mit einem Aufnahmegerät ausgerüstet, besucht er den Familienvater in dessen Wohnung und erhält so Beweise für dessen geplante Republikflucht. Doch wieder zurück im Auto bei Andreas bekommt er plötzlich Gewissensbisse und zerstört das Tonband. Ab diesem Zeitpunkt entwickelt "Wir wollten aufs Meer" einen Strudel, der vor Plakativität nur so strotzt. Während Cornelis den anständigen Typen verkörpert, der zudem noch eine heimliche, weil verbotene Beziehung mit der jungen Vietnamesin Phuong Mai (Phuong Thao Vu) führt, lässt sich Andreas zunehmend korrumpieren. Hat er noch ein schlechtes Gewissen, weil er der Stasi hilft, Matthias zu verhaften, ist damit spätestens Schluss, als er nach einem Unfall zum Krüppel wird. Als Cornelis ihn im Hafen zur Rede stellt, wird Andreas unglücklich von einem LKW erfasst.

Daraufhin entwickeln sich die Lebensläufe der ehemaligen besten Freunde konsequent in entgegengesetzte Richtungen. Während Cornelis beim Versuch, mit seiner Freundin in der Tschechoslowakei über die Grenze zu entkommen, dank eines Hinweises von Andreas geschnappt wird, entwickelt sich dieser immer mehr zum professionellen Überwacher. Der Film spart entsprechend nicht mit vielen ausschmückenden Details, die auch vor bekannten Klischees nicht haltmachen. Im Knast werden die politischen Gefangenen schikaniert, mit Einzelhaft gefoltert und mit falschen Versprechungen getäuscht. Bei der Stasi werden in speziell dafür ausgestatteten Häusern, Frauen von professionellen Verführern zu Spitzelarbeiten verleitet, wird die Privatsphäre der Bürger ständig missbraucht, um Druck auszuüben, und misstraut Jeder Jedem.

"Wir wollten aufs Meer" bemüht sich um keine Realitivierungen, sondern lässt aus der Freundschaft zweier harmloser junger Männer die Konfrontation zweier Charaktere entstehen, die auf unterschiedliche Weise die Tragik der Diktatur erfahren - der Eine als Gefangener, der seine Familie verliert, der Andere als Täter, der gegen seine Emotionen handelt. Während Alexander Fehling als Sympathieträger und Ronald Zehrfeld als kritischer Kämpfer klare strukturierte Charaktere spielen, ist es besonders August Diehl, der als innerlich zerrissene Persönlichkeit überzeugen kann. In ihm spiegeln sich gleichzeitig die Lust an der Macht und der Ekel über die von ihm angewandten Methoden wider.

Man kann dem Film Einseitigkeit, Übertreibung und bewusst geschürte Emotionen vorwerfen, aber an ausgewogenen, die Gesamtheit des Alltags in der DDR betrachtenden Filme gibt es genug. "Wir wollten aufs Meer" versteht sich zuerst als Unterhaltungsfilm, der einen realistischen Hintergrund für eine dramatische Geschichte nutzt, diesen damit zwar zuspitzt, aber keineswegs verfälscht, sondern eine wohltuende Plakativität ausstrahlt (8/10).

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