Hin und wieder wird jeder mal ausgetrickst oder fällt auf eine Marketingmasche rein. Das kann ganz bitter sein, manchmal ergibt sich daraus aber auch nur die Bestätigung, daß wirkliches Talent, echte neue Ideen und frischer Witz wahrhaftig selten und kostbar sind.
Auf den Trailer von „Pitch Perfect“ konnte man durchaus reinfallen, ein amüsantes Flickwerk ausreichend lustiger Momente, die das alles irgendwo in der Nähe der TV-Serie „Glee“ – aber dann doch eben ganz woanders verorten wollten.
Hier wird dann nämlich nicht auf der Bühne nachgesungen, sondern das Ganze als a cappella-Version präsentiert – könnte ein interessanter Ansatz sein, doch mit jeder Minute wurde zunehmend klar, daß hier jemand ein Vehikel für Twilight-Star Anna Kendrick gestrickt hat, das sich dem Zeitgeist aufdrängt.
Letztendlich präsentiert sich eine Geschichte vom Fließband: Beca ist ziemlich störrisch und will DJane werden. Bevor sie zum Radio darf, preßt ihr Papa wenigstens ein Uni-Semester ab. Bevor sie dort beim Unisender abtauchen kann (wo sie allerdings nur Platten einsortieren darf), muß aber zumindest irgendein anderes Hobby ausüben. Notgedrungen macht sie bei der lokalen – und rein weiblichen – a cappella-Gruppierung „Die Bellas“ mit, wenn auch widerstrebend, als diese ihr Talent erkennen.
Leider sah man bisher gegen die männliche Formation „The Treblemakers“ kein Land und die neuen Leiterinnen verlassen sich zu sehr auf das alte Mißerfolgsrezept. Also muß eine Gruppe von Nerds und Outcasts samt Beca den Kampf um die disjährige Trophäe bestreiten…
Generell gilt „Pitch Perfect“ als Erfolg und als sehr lustig – ich kann letzterem nur bedingt zustimmen.
Zunächst mal gibt es lustige Momente, durchaus. Die gehen aber (fast) samt und sonders auf das Konto von Rebel Wilson aka „Fat Amy“, eine selbstbewußte dicke Studentin, die mit ihrem Körperumfang überaus realistisch umgeht und die besten Oneliner abbekommt.
Dummerweise hat der Rest des Casts ihr Timing nicht geerbt. Klar gibt es ein paar Jokes und wohl notgedrungen auch ein paar Kotz-Witze, aber das ist dann kaum originell zu nennen.
Die Hauptschwäche ist aber beim Drehbuch zu suchen.
Daß die Amis offenbar eine ganz andere Vorstellung von a cappella haben, bei der offenbar einer singt und der Rest den Background summt und gut ausschaut, ohne besondere klangbildende oder rhythmische Aktivitäten an den Tag zu legen…geschenkt.
Daß Beca einen erwartbaren Sinneswandel mitmacht und einen netten Jungen kennenlernt – na, wenn es denn sein muß.
Daß die Mädels am Ende auch mal gewinnen – logo!
Nur WIE das alles passiert, ist frustrierender, als es sein dürfte.
Zum Einen ist Anna Kendrick nicht eben das Zentralfrohsinnsgestirn des Universums und steht skriptgemäß all dem Chaos um sie rum ziemlich irritiert gegenüber, ohne selbst besonders aktiv zu werden. Eine derart passive Hauptfigur hat man schon lange nicht mehr gesehen.
Das wäre nicht so schlimm, wenn außer Miss Wilson noch irgendjemand Humor verbreiten würde, aber stattdessen beschäftigt sich der Plot hauptsächlich mit den Gruppenleiterinnen Chloe und Aubrey, die sich uneins über den Musikstil sind. Wäre wiederum ein Plotpoint, aber die eher zickige Chloe (Brittany Snow) bestimmt einfach, daß alles so wie immer bleiben muß, obwohl man sie ständig vom Gegenteil überzeugt.
Und sie bleibt dabei.
Und sie bleibt dabei.
Und niemand wehrt sich.
Und sie bleibt dabei.
Praktisch bis fünf Minuten vor Schluß, wenn schon der große Filmgott Zufall zugeschlagen hat und eine die ganze Logikkonstruktion unter Belastung ächzt und krächzt, daß man die „Bellas“ ja im laufenden Wettbewerb halten muß.
Natürlich ist dann die beste Geduld schon durch den Schornstein, fällt der Tralala-Plot von der sich ändernden Heldin eher unangenehm auf und wer mal einige Minuten nachdenkt, darf sich ggf. berechtigt fragen, warum der Film die Abkehr von einer coolen DJane-Karriere propagiert und stattdessen für eine cheesige Teilnahme an einer Trälleruschi-Gruppe votiert.
Denn die Musik kann es nicht sein – hier wird zwar spielerisch auf den 80ern rumgekloppt und die 90er R’n’B-Mucke platt gemacht, aber das was aus dem letzten Jahrzehnt hier nachgejubelt wird, ist jetzt auch nicht der Popmusikweisheit letzter Schluß, sondern eher die massenkompatible Schnittmenge.
Und ja – die Jungs sind besser, waren besser und sind auch am Ende eigentlich besser, denn bis auf die moderne und nicht ganz erwartbare Kombination total verschiedener Lieder, haben auch die Mädels am Ende nichts Bühnenwirksames zu bieten.
Für Teenager mag das ja reichen und ich bin gewillt, den Film zu empfehlen, weil er Fremdschämen und Grossouthumor weitestgehend meidet und mit erwartbaren Gesichtern spart – aber das Feuer wird mit „Pitch Perfect“ nicht neu entdeckt. Nett, nicht mehr – aber keinesfalls das Anti-„Glee“, das man hier erwarten durfte. (5/10)