Wie misslungen kann eine Komödie sein, die Ben Stiller, Vince Vaughn und Jonah Hill als Darsteller vereint, bei der Seth Rogen am Drehbuch mitgeschrieben und Shawn Levi produziert hat? „The Watch" (2012) gilt als eine der größten künstlerischen und kommerziellen Enttäuschungen des vergangenen Kinojahres. Tatsächlich harmoniert der Potty-Mouth-Humor nicht durchgängig mit der schlingernden Alien-Geschichte. Zudem krankt das Drehbuch an einigen konzeptionellen Unstimmigkeiten und einer schwachen Charakterzeichnung. Wer nicht zu viel erwartet und sich auf den stellenweise derben Mix aus Judd-Apatow-Humor und Action-Komödie einlassen kann, wird zumindest passabel unterhalten.
Als ein Angestellter seines Gemischtwarenladens ermordet wird, gründet der spießige Vorzeige-Vorstädter Evan (Ben Stiller) zusammen mit dem ambitionslosen Luftikus Bob (Vince Vaughn), dem aggressiven Franklin (Jonah Hill) und dem Anschluss suchenden Jamarcus (Richard Ayoade) eine Nachbarschaftswache. Als sie durch Zufall entdecken, dass Aliens hinter diesen und weiteren Morden stecken, wird der fragile Männerbund unerwartet zur letzten Hoffnung der Menschheit.
Glaubt man modernen amerikanischen Komödien, dann kreisen die Gespräche von durchschnittlichen US-Bürgern pausenlos ums Wichsen, Pissen, Kacken sowie abseitige sexuellen Fantasien. Auch die Protagonisten aus „The Watch" (2012) werfen wie selbstverständlich im Sekundentakt mit Obszönitäten um sich, was knapp sieben Jahre nach dem ersten Judd-Apatow-Hit „Jungfrau, 40, männlich...sucht" (2005) stellenweise eher ermüdet, statt zu schockieren. Im Gegensatz zu den Produktionen des Komödienspezialisten wird dieser Potty-Mouth-Ansatz in „The Watch" allerdings kaum durch die inzwischen patentierte Apatow‘sche Warmherzigkeit konstrastiert. „The Watch" ist eigentlich die ganze Zeit ordinär - aber das muss ja nicht zwangsläufig schlecht sein. Unverzeihlich ist hingegen, dass die Figuren kaum mehr als schablonenhafte Stereotypen abgeben und sich mühelos auf einige hinlänglich bekannte Genre-Adjektive beschränken lassen. Wo früher die Steuererklärung auf dem Bierdeckel gefordert wurde, lässt sich gleiches für die Komplexität der Charaktere in „The Watch" behaupten: Es gibt den Spießer, den Lockeren, den Soziopaten und den Skurrilen - ginge es nicht um Aliens könnte man an dieser Stelle einige Parallelen zu „The Hangover „ (2009) ziehen. Lediglich Jonah Hill gelingt es seinem stets gewaltbereiten Vorstadt-Soziopaten einige ambivalente Züge zu verleihen und nachhaltig im Gedächnis zu bleiben. Tatsächlich spielt der Nachwuchs-Comedian seine Partner in jeder Szene an die Wand und unterstreicht damit einmal mehr sein Talent für gestörte Charaktere. Ben Stiller spielt den Ultraspießer ordentlich, aber recht routiniert. Ganz schlimm erwischt es Vince Vaughn, dessen Figur nicht nur bemerkenswert konturlos daherkommt, sondern sich im Laufe der Geschichte ohne ersichtlichen Grund vom ambitionslosen Slacker zum manisch verantwortungsvollen Überdaddy wandelt.Nicht nur hinsichtlich der Figurenzeichnung kann man den Autoren Jared Stern („Mr. Poppers Pinguine"), Evan Goldberg („Superbad", „Ananas Express", „Goon") und Seth Rogen („Superbad", „Drillbit Taylor - Ein Mann für alle Unfälle", "The Green Hornet") ein gewisses Maß an Schludrigkeit vorwerfen auch die Geschichte geriet etwas holperig. Die Alienhatz verheddert sich mit zunehmender Spieldauer ein wenig in seinen weitestgehend uninteressant weil generischen Nebengeschichten rund um die Evans Eheproblemchen und Bobs promiskuitiver Teenietochter. Obendrein sind diese Episoden nur sehr oberflächlich mit dem Hauptplot verzahnt. Ein stimmiges Ganzes mag sich da zwangsläufig kaum einstellen, streckenweise fühlt sich „The Watch" wie zwei unterschiedliche Filme an.
Auch hinsichtlich der Gags beschleicht den genreerfahrenen Zuschauer mitunter das Gefühl, viele Nummern aus anderen Filmen zu kennen. So wurde Seth Rogen in „Zack an Miri make a Porno" schon einmal demonstriert, was es mit einem holländisches Ruder, dem Evan und Jarmacus beiwohnen dürfen, so auf sich hat. Wenn Ben Stiller versucht, Freundschaft mit einem offenkundig feindlichem Individuum zu schließen, fühlt man sich an den seinen Auftritt in „Nachts im Museum" (2009) erinnert und als die Truppe das erbeutete Alien für eine schlüpfrige Fotosession missbraucht, hat man das so oder so ähnlich auch schon in „The Hangover" gesehen. Da ein Witz eben auch von einer überraschenden Pointe lebt, leidet der Witz unter diesem Ideenklau. Gleichzeitig geht es bei Witzen auch immer darum, wer diese auf welche Weise verkauft. In diesem Punkt kann sich „The Watch" (2012) auf sein erprobtes Ensemble verlassen. Sofern man eine hohe Affinität zu Humor unter der Gürtellinie besitzt - und das ist in diesem Fall durchaus wörtlich gemeint- gibt es durchaus eine Menge zu lachen.
Die eigentlich recht verheißungsvolle Grundprämisse des Films weckt die Hoffnung, dass „The Watch" mehr sein könnte, als ein amerikanisches „Attack the Block"-Rip-Off, auf das es im Vorfeld reduziert wurde. Das Konzept der Nachbarschaftswache sowie das biedere Vorstadtszenario bieten reichlich satirisches Potenzial und die Figurenkonstellation verspricht Treibstoff für eine hohe Gagdichte. Die Satire beschränkt sich allerdings auf einige Seitenhiebe auf den amerikanischen Mittelstand, vielmehr stellt Regisseur und Saturday Nighlife-Veteran Akiva Schaffer („Hot Rod") von Beginn an klar, dass er an Action interessiert ist und sein angepeiltes R-Rating auch hinsichtlich der Gewaltdarstellung ausreizen will. Die Alien-Attacken werden durchaus blutrünstig präsentiert und folgen hinsichtlich der Inszenierung den Konventionen des amerikanischen Horrorkinos. Diese härtere Gangart durchzieht auch den Rest des Films und führt zwangsläufig zu der Frage, wie die heimische Selbstzensurbehörde „The Watch" ernsthaft für 12-jährige durchwinken konnte. Das Blut spritzt regelmäßig in Fontänen, Durchbohrungen und Genitalamputationen werden ebenso detailliert gezeigt wie ausgeweidete Leichen - kurz: „The Watch" ist in Punkto Gewaltdarstellung äußerst zeigefreudig.
Wenn im explosiven Finale die Nebenhandlungsstränge mit dem Hauptplot zusammenlaufen, entsteht sogar einmal kurz so etwas wie Dynamik - leider etwas zu spät, um manche vorangegangen Länge vollends zu kompensieren. Wer diesen etwas kruden Mix aus Action, Horror, Satire und derben Humor aufgeschlossen gegenübersteht, kann seinen Spaß haben, sofern er seine Erwartungshaltung entsprechend niedrig ansetzt.
Daran werde ich mich erinnern: Evan und Franklin nehmen einen minderjährigen Verdächtigen ins Kreuzverhör.