Das Massaker von Lidice
Ein Dorf wird ausgelöscht
(Savoy Film)
In einer Nacht im Juni 1942 kommt es zu einer der größten Tragödien der tschechischen Geschichte, einem der bekanntesten Verbrechen des Zweiten Weltkrieges. Das böhmische Dorf Lidice hört auf zu existieren, wird vollkommen zerstört, als „Vergeltungsmaßnahme“ für das Attentat auf den stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich. Die Hauptfiguren dieses Filmes beruhen auf Charakteren des realen Geschehens von damals. František Šíma, der im Streit seinen älteren Sohn ungewollt tötet landet für diese Tat im Gefängnis und rettet dadurch paradoxerweise als einziger Mann des Dorfes sein Leben. Dann gibt es noch den jungen Mann, der versucht seine Untreue mit einer Lüge zu tarnen, einen Brief schreibt und dadurch den Nazis unbewusst den vermeintlichen Vorwand liefert um Lidice dem Erdboden gleich zu machen. Das Dorf wird geplündert, brutal zerstört und niedergebrannt; sogar der Bach wird umgeleitet um jegliche Erinnerung zu vernichten. Alle männlichen Bewohner werden hingerichtet, Frauen und Kinder in Konzentrationslager transportiert. Als František Šíma vollkommen ahnungslos aus dem Gefängnis zurück kehrt findet er den Landstrich wo einst das malerische Lidice, seine Heimat, stand, bis zu Unkenntnis verändert vor.
Meinung zum Film:
Das Massaker von Lidice beschreibt in seinem Filmuntertitel „ein Dorf wird ausgelöscht“ sehr deutlich, um was es geht. Passend zum 70. Jahrestag des Attentats auf Reinhard Heydrich, der 1942 Reichsprotektor für Böhmen und Mähren war, sollte der vorliegende Film dabei das krönende filmische Highlight der Gedenkfeiern sein. Allerdings hatte Regisseur Petr Nikolaev ursprünglich nicht vor, dass Attentat im Film zu zeigen, sondern seinen Fokus auf die Situation der Dorfbevölkerung zu richten, so dass es nach Beendigung der Dreharbeiten zu Nachdrehs kam. Diese Szenen wirken entsprechend künstlich eingefügt, verfälschen oder verschweigen an einigen Stellen sogar historisch belegte Geschichte. Das ist ärgerlich und nimmt dem Film einiges seiner ansonsten hohen inszenatorischen Qualität. Denn diese ist geschickt gemacht. Beinahe dokumentarisch aufgebaut erzählt der Film detailliert in nüchternen, etwas kühlen Bildern die Geschichte, hält sich an Fakten, reichert diese aber durch die Schicksale fiktiver Dorfbewohner emotional an. So erhält man als Zuschauer schnell emotionalen Zugang zum Geschehen und wird stetig in die Handlung gezogen. Eindeutiger Sympathieträger und Identifikationsfigur ist dabei die Hauptfigur Frantisek, die durch Karel Roden sehr gut dargestellt wird. In ihm spiegelt sich die ganze Tragik der Geschichte wider!
Die Blu-ray aus dem Hause Savoy Film präsentiert das etwas über zwei Stunden lange Kriegsdrama in einer guten Bild- und Tonqualität. Das Bild wirkt plastisch und der Sound ist ausgewogen. Bonusmaterial ist keins vorhanden.
Das Massaker von Lidice ist ein Beispiel, wie lebendig Geschichte, auch wenn diese an einigen Stellen für die Handlung „angepasst“ wurde, vermittelt werden kann. Solide inszeniert wird dem Zuschauer wenig erspart, so dass es ein harter, teils unangenehmer aber trotzdem sehenswerter Film ist.
Christian Funke-Smolka