Anthologie der Phantastik, aus der People's Republic of China, geschrieben und gedreht von Neuling Fang Ya-xi, der sich hiermit an einer Neuauflage der grundsätzlich bewährten Hong Kong Ghost Stories (2011) im Verbund mit einer Prise Twilight Zone und so der Mischung aus Mystery, Horror und Science fiction versucht. Dabei ist die Bemühung ehrbar, das Ergebnis nicht im jeden Fall, stellt man sich aber mit drei grundsätzlich verschiedenen Geschichten im jeweils anderen Ton, aktueller Formalität und zumindest frischer Besetzung aus aller Herren Länder – u.a. dem Starlet Chrissie Chau sowie den Sängerbarden Van Fan und Huang Yida – an die Front eines im aktuellen Bereich weitgehend vernachlässigten Genres. Trotz mancher finanzieller Überraschungen um 2010/11 eine allgemeine Durststrecke, in der das Genre des Schreckens und Erschreckens, zusätzlich noch durch landeseigene Zensur und wohl schlichtweg auch Desinteresse von Produzenten und Publikum geplagt, ansonsten eher am Darben gehalten wird. Eingerahmt sind die Episoden durch eine Rahmenhandlung, ein Treffen fünf gegensätzlicher und sich auch gar nicht so wirklich gut kennender Freunde verschiedenen Geschlechtes, in einem von Trubel durchzogenen Nachtclub. Wie das Leben so spielt kommt der Punkt, an dem man sich den Anderen ein wenig mit seiner eigenen Interpretation von Gut und Böse öffnet:
Geschichte Nummer Eins, die mit "Vanished" bzw. "Lost" betitelt ist, macht aus einem theoretischen Drei-Personen-Stück ein psychologisches Verwirrspiel, wobei der begrenzte Schauplatz eines einsames Hauses zur nächtlichen Zeit mit seinen Gängen und Verwinklungen in der Kürze der Zeit auch adäquat für das Suchen und Verlieren im Fortgang genutzt wird. Die Prämisse, in dem ein Privatdetektiv im Auftrag einer Frau zum Auffinden ihres Ehemannes und der gleichfalls vermisst gemeldeten Schwester engagiert und zu später Stunde eiligst in das abgeschottete Anwesen gerufen wird, stellt sich dabei nur als Vorwand für eine inszenatorische Fingerübung in Sachen verfrühter Showdown und twists and turns dar. Die anfängliche Gediegenheit der Geschichte, die zu Beginn vor sich hin plätschert und erst mit zunehmenden Rätseln und der finalen Aufklärung her interessiert, wird im Nachhinein mit Kennzeichnung des Wichtigen hinterlegt. Ein vorangestelltes Polizeiverhör, zwischengeschaltete Zeitschriftenschlagzeilen von Serienmorden in Südostasien und die Nutzung und Umkehrung eines klischeehaften Settings – die Frau in Not ist Rollstuhlfahrerin und Gefangene im eigenen Heim – kennzeichnen die erste Episode als durchaus an Inspiration und Abstraktion vergleichbar reicher Akt, der so manche Vorstellungen auch für Mehr als die gezeigten 22min Laufzeit beifügt. Darstellerisch im meist stummen und dafür motorisch agilen Spiel solide, auch da die Aufmerksamkeit weit mehr auf dem reinen Verfolgen und Verstecken im grün-schwarzen Gewand und begleitet vom regnerischen Sturm als Klang- und Blickkulisse liegt.
Um einen Wechsel von Protagonist, Antagonist und allgemein Identitäten geht es auch im Mittelteil "One-Way Street", die allerdings eher dem Genre von Science fiction und dann dem Belehr- und Rührstück mit einigen Weisheiten für die Überlegung des eigenen Daseins zugeordnet ist. Ein Mann am Scheitern des Lebens, der kurz vor der Trennung von Frau und somit auch der kleinen Tochter und damit am Ende des Glückes angelangt ist, wird durch eine nächtliche Fahrt in allerlei Merkwürdigkeiten des Besseren belehrt. Anders als noch zuvor ist hier eher der Weg selber schon das Ziel und auch die alleinige Miete, werden die dargebrachten Mysterien – die plötzliche Abwesenheit der Tochter nach einem Unfall auf eigentlich leerer Strasse, eine ebenso abrupt auftauchende Polizistin, das verschwundene Auto nach erfolglosen Suchen im Walde etc. – mit durchaus gekonnter Rätsele in Twiligt Zone Manier und fleißiger Benutzung von Licht- und Nebelmaschine, sowohl materiell als auch formell dargereicht. Sowieso ist das Spiel mit Zeitreise, Paralleluniversum und dem beliebten "Was wäre wenn?" zuerst mit gängiger Finesse umgesetzt; Die darauf noch folgende gutmenschelnde Banalität des Ganzen, dass sich im Grunde nur als Gimmick und noch stärker als zuvor als reine Scheinvorstellung und bläulich schimmernder Trip auf Halluzinogene erweist, verliert nur leider bald den nötigen Reiz.
Den ersten Ansporn, aber nicht die prompte Lösung dieses Versprechens bietet auch die finale Episode, "Nurse on Duty", mit der im Vorfeld und im (wenig bemerkenswerten, da nahezu still abgelaufenen) Marketing auch noch am Deutlichsten geworben wurde. Der Aufhänger sowohl der diesmal eindeutig auf das humoristisch - Absurde à la mode de Garth Marenghi's Darkplace (2004) abzielenden Kampagne als auch des Kurzfilmes ist die junge Krankenschwester im weißen Fetisch, hier natürlich durch das Starlet Chrissie Chau und entsprechend mit Ausschnitt, kurzem Dienstkleid und halterlosen Strümpfen in Szene gesetzt. Chau spielt ein Neuankömmling im Schichtplan einer Psychiatrischen Klinik, die nach kurzer Vorstellung bereits für die Nacht und dort nur neben der auffälligen Oberschwester, einem schusseligen Arzt und einer zweiten Krankenpflegerin einberufen wird. Den folgenden Reigen der Ereignisse, die sich um ein Geheimnis von Hirnforschung, Hypnoseexperimenten, Schlaf- und Bewusstseinsstörungen und mehr oder minder auch dem bald zombiehaften Auftreten der Patienten drehen, hat Regiedebütant Fang erneut in schon soweit annehmbarer Optik mit dem Spiel von Licht und Schatten sowie ordentlichen Hintergrundsetting, diesmal aber mit krachlederndem Humor und so zwar abermals verändertem, dadurch nur noch mehr gewöhnungsbedürftigen Ton formuliert. Immerhin zeigen sich einige Ideen der Surrealität wie in der dunklen britischen Comedy, und ist die Geschichte hanebüchen und abstrakt genug für Parodien, diese aber mehr als plump und wenig bis gar nicht nützlich eingebettet; so dass sich die Frage stellen muss, ob eine ernste Herangehensweise in dieser allgemeinen Traumwelt der Gedankenspiele bzw. wenigstens das Talent für Pointe und Timing nicht angebrachter gewesen wäre.
Wirkliche Favoriten in der Behandlung der einzelnen Gedanken gibt es dabei nicht herauszupicken, erfüllen alle drei aber ein Mindestmaß an Unterhaltung und Aufmerksamkeit, für das man heutzutage und lange nach der Hoch-, wenn auch inhaltlich ebenfalls nicht immer Blütezeit der Troublesome Night Saga (1997 - 2003) und dem damaligen simplen Vorrat doch schon ein wenig dankbar sein darf. Letztlich hilft die Kürze den Episoden jeweils mehr, als dadurch tatsächlich auch ungemeiner Nachdruck erreicht wird, und hätten die beiden letzten Einheiten mit Auseinandersetzung und einen allgemein entscheidenden Ton sowieso dringend nötig. Geeignet auch für schwache Gemüter.